Malory
Familie.
»Also wer ist’s?«
»Geht dich nichts an.«
»Dann kenne ich ihn also.«
»Habe ich nicht behauptet.«
»Kenne ich ihn?«
»Möglich.«
»Er ist doch hoffentlich kein Schurke. Dagegen hätte ich allerdings etwas einzuwenden.«
»Er ist überhaupt kein Schurke. Er ist hochanständig.«
Jeremy runzelte die Stirn. »Was also stimmt dann nicht mit ihm?«
Sie hatte wirklich versucht, bei der Wahrheit zu bleiben, wenigstens ganz in der Nähe, doch er ließ es einfach nicht zu.
»Er ist mittellos«, war alles, was ihr im Augenblick einfiel, um ihren Cousin auf eine falsche Spur zu locken.
»Verstehe. Ein echtes Problem. Dich in Lumpen gekleidet kann ich mir wirklich nicht vorstellen.«
»Brauchst du auch nicht. Er hat Aussichten auf ein Vermö-
gen.«
»Was ist dann so problematisch?«
»Er scheut sich, mir einen Antrag zu machen, bevor sich seine Situation verbessert hat.«
Jeremy nickte nachdenklich. »Und du versuchst, ihn zu überzeugen, daß es keine Rolle spielt?«
»Genau.«
»Mußtest du dich denn im Schlamm wälzen, um ihn davon zu überzeugen?«
Die Erinnerung an jene erregende Situation ließ Amy die Röte ins Gesicht steigen. »Wir sind nur spazierengegangen und haben uns unterhalten. Dabei habe ich nicht aufgepaßt und bin mehrmals gestolpert.«
»Muß ja ein ganz schöner Trottel sein, wenn er dich nicht einmal aufgefangen hat – oder ist er selbst auch gestolpert?«
Unter seinem vielsagenden Blick wurde sie noch röter und zischte zurück: »Ich bin noch immer eine verdammte Jungfrau, falls du darauf hinauswillst.«
»Daran hab ich gar nicht gezweifelt, Cousinchen«, entgegnete er mit einem schonungslosen Grinsen. »Und er wäre ja ziemlich dumm, wenn er nicht versucht hätte, dich zu küssen; deshalb brauchst du nicht ständig rot zu werden. Wie du weißt, bin ich ein überzeugter Kuß-Befürworter.«
Sie mußte lachen. Es fiel ihr manchmal schwer zu glauben, daß er so alt war wie sie und die ungezügelte Leidenschaft der Jugend verstand. Und da sie jetzt ohnehin beim Thema waren, würde sie die Gelegenheit beim Schopfe packen und sich seine Kenntnis der Sache zunutze machen.
»Da wir schon davon sprechen«, begann sie beiläufig, legte ihren Umhang ab und kuschelte sich in eine Ecke des Sofas,
»ich habe da eine Frage, die ich dir schon seit langem stellen wollte. Komm, setz dich her und laß mich von deiner Erfahrung profitieren.«
»Wird’s weh tun?« meinte er und kam zu ihr aufs Sofa.
»Überhaupt nicht, denn es ist nur eine Frage philosophischer Art. Jeder andere, den ich sonst fragen könnte, wäre sicher zu verlegen, um mir zu antworten, aber du bestimmt nicht.«
»Verlange bitte nicht, daß ich dich aufkläre«, sagte er empört.
Amy kicherte. »Das wäre ja wohl kaum philosophisch, aber immerhin von Bedeutung für meine Zukunft, meinst du nicht?
Nein, ich möchte nur wissen, was eine Frau tun müßte, damit du sie begehrst, obwohl du dir eingeredet hast, daß du sie nicht haben kannst.«
»Ist sie denn nicht attraktiv?«
»Laß uns annehmen, daß sie recht attraktiv ist.«
»Dann gibt es doch kein Problem.«
»Gibt es doch! Du hast dir aus einem verrückten Grund, auf den nur ein Mann kommen kann, eingeredet, daß du sie nicht anrühren kannst.«
»Was für ein Grund soll das sein?«
»Woher soll ich das wissen? Vielleicht ist es eine Frage der Ehre, oder, sagen wir, sie ist die beste Freundin deiner Schwester oder so etwas.«
»Ich glaube nicht, daß mich das abhalten könnte.«
»Jeremy«, sagte sie aufgebracht, »das ist nur ein Beispiel.
Ganz gleich, was der Grund ist, du willst nichts mit ihr zu tun haben. Was müßte sie tun, um dich umzustimmen?«
»Es ist nicht schwer, Amy, mich umzustimmen.«
Sein Gesichtsausdruck brachte sie zum Lachen. »Nein, das kann ich mir denken. Aber versuche dir einmal einen Augenblick lang vorzustellen, du wärst nicht für jede Vertreterin des schönen Geschlechts zu haben, und diese eine Frau würdest du ausnahmsweise nicht anrühren. Du weigerst dich strikt, mit ihr zu schlafen, obwohl du tief in deinem Innern nichts lieber tun würdest.«
»Na also, das will ich doch hoffen.«
»Was könnte sie also tun, um dich deine Skrupel vergessen zu lassen.«
»Sich entblättern.«
»Wie bitte?«
»Sie könnte vor mir ihre Hüllen fallen lassen. Ich glaube nicht, daß ich widerstehen könnte, wenn sie attraktiv ist, wie du sagst.«
Amy war überrascht. »Das ist alles?«
»Genau.«
Sie seufzte. Sie hatte
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