Malory
redest.«
»O doch, das weißt du genau. Und du wärst viel lieber mir an die Gurgel gesprungen als deinem Bruder.«
»Wenn ich mich recht entsinne, hatte ich dich peitschen wollen«, sagte er knapp.
»Unsinn.« Sie sah grinsend zu ihm auf, nicht länger eingeschüchtert durch diese Drohung. »Mit mir schlafen wolltest du und hättest es auch fast getan. Willst du mich noch einmal über eine Landstraße jagen, um zu sehen, was passiert?«
Seine Miene verfinsterte sich, ein deutliches Zeichen, daß das Gespräch nicht nach Wunsch verlief. »Ehe ich es vergesse«, sagte er barsch, »ich war heute morgen hier, um dich an dein Versprechen zu erinnern.«
Amy sah ihre Felle davonschwimmen und runzelte die Stirn.
»Welches Versprechen?«
»Daß du alles tun würdest, um das ich dich bitte. Und ich bitte dich, mich in Ruhe zu lassen.«
Amys Gedanken wirbelten durcheinander. Sie hatte ihr Versprechen vollkommen vergessen und sich deshalb auch keinen Plan zurechtgelegt, wie sie den Kopf aus dieser Schlinge ziehen könnte. Sie hatte dieses Versprechen gegeben, um ihn vor Schaden zu bewahren. Es war wirklich ungerecht von ihm, das jetzt gegen sie zu verwenden. Und doch hätte sie wissen müssen, daß dieser Starrkopf genau das tun würde.
Schließlich fiel ihr eine Antwort ein, die, wie sie wußte, nicht besonders fair war. Sie tröstete sich damit, daß es auch von, ihm nicht fair war, sie an ein Versprechen zu binden, das sie in einem Augenblick der Panik und zu seinem Wohl gegeben hatte.
»Du hast schon eine Bitte ausgesprochen.«
»Nichts habe ich.«
»Doch. Du hast mich gestern abend gebeten, meine Kapuze tief ins Gesicht zu ziehen, nachdem du deine Waffen hattest verschwinden lassen. Und ich hab’s getan.«
»Amy ...«
»Es stimmt doch.«
»Gemeines Biest. Du weißt ganz genau ...«
»Sei nicht wütend, Warren. Wie kann ich dir den Weg zum Glück weisen, wenn du mich immer daran hinderst?«
Er gab keine Antwort. Er war zu verärgert, um etwas zu sagen.
Amy stöhnte auf, als er sich abrupt abwandte und sie einfach stehenließ. Sie hatte soeben den kürzeren gezogen. In seiner Vorstellung hatte sie gelogen und sein schlechtes Bild von den Frauen bestätigt. Es war wirklich schwer, diesen Mann zu seinem Glück zu zwingen.
Der Abend verlief überraschend gut, trotz Warrens finsterer Miene und seines beharrlichen Schweigens. James warf ihm einen prüfenden Blick zu und kam zu dem Schluß, daß es sich nicht lohnte, ihn heute noch weiter zu provozieren. Georgina sah gelegentlich zu ihm hinüber, fest entschlossen, ihn um ein Gespräch unter vier Augen zu bitten, doch nicht an diesem Abend.
Amy gab sich größte Mühe, eine fröhliche Miene zur Schau zu tragen. Sie wußte einfach nicht, wie sie sich wieder mit Warren versöhnen konnte, es sei denn, sie würde tun, was er von ihr verlangte. Doch das hatte sie nicht vor. Sie war viel zu siegesgewiß, um ihn aufzugeben, und die mit Jeremy abgeschlossene Wette machte sie noch zuversichtlicher. Doch im Augenblick sahen die Dinge nicht sonderlich vielversprechend aus.
Conrad Sharpe war am Nachmittag von seinem neuen Land-sitz eingetroffen. Hin und wieder von einer trockenen Bemerkung seitens James’ unterbrochen, unterhielten er und Jeremy sich recht lebhaft mit den vier anderen Anderson-Brüdern.
Dabei kamen sie auch auf das neue Skylark-Büro zu sprechen.
Amy wußte noch gar nichts von dem Projekt und erfuhr zu ihrem Erstaunen, daß Warren länger als geplant in London bleiben würde, um das neue Büro zu leiten, bis ein Ersatzmann aus Amerika geschickt werden konnte. Sie war außer sich vor Freude – schließlich blieb ihr dadurch mehr Zeit, das Unmögliche möglich zu machen –, bis Georgina, nicht zu Unrecht, bemerkte, daß, obwohl die Skylark ein amerikanisches Unternehmen sei, das Londoner Büro von einem englischen Geschäftsführer profitieren würde, der sicherlich leichter mit seinen eigenen Landsleuten verhandeln konnte.
Warren gefiel diese Idee ganz offensichtlich nicht. Clinton aber sagte, er wolle darüber schlafen, und Thomas stimmte seiner Schwester sogar zu. Ganz gleich, wie sie am Ende entscheiden würden, fest stand, daß Warren nicht mit seinen Brüdern in See stechen würde, was Amy erleichtert zur Kenntnis nahm. Ob eine Woche oder zwei Monate dabei herauskamen, sie würde jeden zusätzlichen Tag gebrauchen können.
»Übrigens, Amy«, bezog James sie plötzlich in das Gespräch ein, »ich habe deinen Vater heute gesehen; er sagte,
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