Malory
ärgern?
Sie stellte ihre Theorie auf die Probe, indem sie schelmisch lächelnd sagte: »Sieht aus, als könntest du aufatmen, Warren.
Mein Onkel wird niemals zulassen, daß wir beide uns kriegen.«
Natürlich nahm sie niemand ernst, ihre Bemerkung erntete sogar Gelächter, selbst von James. Jeremy war freilich nicht belustigt, als er sah, was er angerichtet hatte, und Warren erst recht nicht. Das Blut in der kleinen Narbe pulsierte; die Hand auf dem Tisch war zur Faust geballt. Sie kannte die Anzeichen inzwischen und wartete gespannt, wie er reagieren würde.
»Ich bin natürlich zu Tode betrübt.«
Warren konnte sich schlecht verstellen. Er sagte es zu kühl, was James noch mehr belustigte, Warren aber einen mahnen-den Blick von seiner Schwester einbrachte.
»Sei doch nicht so, Warren«, sagte Georgina mit einem Anflug von Vorwurf in der Stimme. »Es war doch nur ein Scherz.«
Warren verzog den Mund zu einem gequälten Lächeln, woraufhin Georgina seufzte und das Gespräch rasch in eine andere Richtung lenkte.
Kurz darauf wurde die Tafel aufgehoben. Amy und Warren ließen sich Zeit, um als letzte den Raum zu verlassen. Jeremy allerdings auch.
»Nun, wie ich sehe, werde ich warten müssen«, sagte er mit einem Seitenblick auf Warren und war schon zur Tür hinaus.
»Mach das nicht noch einmal«, sagte Warren, als sie allein waren.
Der Zorn, der sich hinter seinem ruhigen Tonfall verbarg, ließ sie zusammenzucken. »Du bist immer noch wütend wegen des verdammten Versprechens, das ich in deinen Augen gebrochen habe, stimmt’s? Aber, glaube mir, du wärst nicht glücklich, wenn du bekommen hättest, was du wolltest.«
»Im Gegenteil, ich wäre überglücklich.«
»Halte dich ein paar Tage von mir fern. Dann siehst du schon, ob ich dir fehle«, schlug sie vor.
»Das wirst du nicht.«
»Werde ich doch. Die Leute mögen mich, weißt du? Ich bringe sie zum Lachen, wenn sie nichts zum Lachen haben.
Sie haben mich gerne um sich. Doch für dich wird es sehr viel schlimmer sein, weil du weißt, daß ich dich haben will. Und ich werde dich bis zum Wahnsinn lieben – am Ende. Auch das weißt du. Und der Tag wird kommen, da du es nicht mehr wirst ertragen können, von mir getrennt zu sein – bei Tag und bei Nacht.«
»Kindische Träume«, stieß er zwischen den Zähnen hervor.
»Dickschädel«, sagte sie kopfschüttelnd. »Doch es wird Zeit, daß du endlich glücklich wirst, Warren Anderson. Deshalb sei froh, daß ich das feine Gespür meines Vaters geerbt habe und noch dickköpfiger bin als du.«
»Ich wüßte nicht, weshalb ich mich darüber freuen sollte.«
»Das wirst du noch sehen«, versprach sie.
Kapitel 21
Kaum war die Haustür hinter dem letzten Anderson ins Schloß gefallen, eilte Amy die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf. Sie hoffte, sie könnte Jeremy wenigstens bis zum nächsten Morgen aus dem Weg gehen, um besser auf die zu erwartenden Vorwürfe vorbereitet zu sein. Doch der Fuchs hatte sie überli-stet. Er wartete, die Arme vor der Brust verschränkt, lässig an die Tür gelehnt, vor ihrem Zimmer.
Sie hätte natürlich kehrtmachen, ihrer Tante und ihrem Onkel Gesellschaft leisten und ihnen später nach oben folgen können.
Denn sicher hätte Jeremy seinen Posten aufgegeben, wenn er sie zusammen hätte heraufkommen hören. Das Problem war freilich, daß die Wichtigkeit des Themas ihren Cousin durchaus veranlassen konnte, ihr nach unten zu folgen und die ganze Geschichte vor den anderen zu diskutieren. Doch schien er die Sache für sich behalten zu wollen – vorerst jedenfalls.
Amy hätte trotzdem gern etwas mehr Zeit gehabt, und so versuchte sie es, als sie vor ihrer Tür angelangt war, mit einem:
»Ich will jetzt wirklich nicht darüber sprechen.«
»Zu dumm«, war alles, was er darauf entgegnete, bevor er ihr ins Zimmer folgte.
Das Schwierige an Jeremy war, daß er trotz seiner sorglosen Art sehr ernst sein konnte, wenn es um eine wichtige Sache wie diese Familienangelegenheit ging. Und nach seiner Miene zu urteilen, handelte es sich hier um eine solche.
»Sag mir, ob ich falsche Schlüsse gezogen habe«, sagte er, kaum daß die Tür zu war. »Los, und wage nur nicht, es abzu-streiten!«
Amy ließ sich auf ihr Bett fallen und blickte zu ihm auf.
»Das bleibt aber unter uns, verstanden?« erwiderte sie in einem ebenso scharfen Ton.
»Kommt darauf an.«
Irgendwie gefiel ihr das gar nicht. »Und worauf?«
»Darauf, ob ich dein Gelübde gutheißen kann.«
Wenn er das sagte, war nicht
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