Malory
sein einziger Sohn noch nicht dazu bereit war, eine Familie zu gründen, und Gott sei Dank versuchte er nie, Derek zu zwingen, seine Meinung zu ändern. Derek hingegen war sich im klaren darüber, daß das eines Tages anders werden würde. Die Verantwortung, die Linie fortzuführen und, in Dereks Fall, der Titel, den er eines Tages erben würde, waren eine große Verpflichtung.
Was Marjorie anging, nun, auch Jason liebte Lügnerin-nen nicht. Er war ein Mann mit strengen Prinzipien.
Und da er seit seinem sechzehnten Lebensjahr das Oberhaupt der Familie gewesen war und seine jüngeren Brüder so oft wegen ihrer Unbotmäßigkeiten zur Rechenschaft hatte ziehen müssen, genau wie Derek und Reggie, die von ihm erzogen worden waren, hatte er im Umgang mit solchen Problemen eine gewisse Geschicklichkeit entwickelt.
Außerdem verfügte er über ein hitziges Temperament.
Nur der wirklich Unschuldige war in der Lage, Jasons wütenden Predigten standzuhalten. Der Schuldige verging rasch vor Scham; Frauen brachen in Tränen aus, da es äußerst unangenehm war, wenn der Himmel über einem einstürzte, wie Onkel Tony es so gern formulierte.
Marjorie war in Tränen aufgelöst und entlarvt gegangen; nie mehr hatte sie Derek belästigt. Sie hatte ihm während ihrer kurzen Beziehung reichlich Geld aus der Tasche gezogen, deshalb empfand er wegen des schlim-men Endes keine Schuld. Und er hatte seine Lektion gelernt – zumindest hatte er das geglaubt.
Die Frau, die er heute abend gekauft hatte, würde sich allerdings nicht – oder sollte es zumindest nicht – so wie Marjorie verhalten. Kelsey Langton war nicht von Adel, auch wenn sie sich so anhörte, sie war nicht privi-legiert aufgewachsen, deshalb würde sie einfach nur dankbar sein für alles, was er ihr bot, während Marjorie das als selbstverständlich betrachtet hatte.
Außerdem hatte er sie schließlich gekauft. Die Rechnung steckte als Beweis in seiner Tasche. Und er wußte immer noch nicht, was er davon halten sollte. Aber schließlich hatte sie sich selbst zum Kauf angeboten. Sie war ja nicht ohne ihre Einwilligung verkauft worden und .. nun, er dachte besser über diesen Teil gar nicht nach. Er hatte eine Mätresse erworben, ohne es eigentlich zu wollen, einfach nur deswegen, um diesen Schurken Ashford daran zu hindern, eine weitere Frau zu quälen, und diese Frau hätte keine Möglichkeit gehabt, seinen Grausamkeiten zu entkommen.
Derek hatte gehofft, Ashfords Perversionen ein Ende zu setzen, indem er ihn zusammenschlug. Auch jetzt versuchte er, sich ihm in den Weg zu stellen, wenn auch auf legalere Weise, wie bei dieser absurden Auktion, und indem er Häuser aufsuchte wie das von Lonny, der Frauen für solche Zwecke zur Verfügung stellte.
Früher hatte Ashford billige Huren für eine Nacht gekauft. Solche Frauen konnten seinen grausamen Spielchen nichts entgegensetzen, und was noch schlimmer war, sie glaubten wahrscheinlich auch noch, daß die paar Pfund, die er ihnen hinwarf, eine großzügige Entschädigung für die Narben waren, die er hinterließ.
Traurig, aber wahr. Doch selbst wenn sich Derek entschlossen hätte, Ashford anzuzeigen, da er die Perversionen des Mannes ja miterlebt hatte, so kannte er doch keine Opfer, die gegen ihn hätten aussagen können. Sie wären gekauft worden, bevor es jemals zu einer Verhandlung käme.
Derek hatte jedoch das sichere Gefühl, daß er bald etwas unternehmen müsse, wo er so genau wußte, daß Ashford immer noch sein Unwesen trieb. Aber er konnte nicht herumlaufen, und jede Frau, auf die es Ashford abgesehen hatte, ihm vor der Nase wegkaufen, selbst wenn er Wind davon bekäme. Schließlich verfügte er nicht über unendlich viel Geld. Heute abend hatte er aus einem Impuls heraus gehandelt.
Vielleicht sollte er mit seinem Onkel James einmal dar-
über sprechen. James hatte während seiner Freibeuter-zeit viel mit der dunklen Seite des Lebens zu tun gehabt. Wenn jemand wußte, wie man mit einem solchen Mistkerl wie Ashford umgehen mußte, dann er.
Aber das hatte Zeit bis morgen. Heute abend fiel es ihm entsetzlich schwer, sich zu vergnügen. Und als er schließlich ständig ein paar sanfte graue Augen statt der blauen Augen seiner jeweiligen Partnerin auf sich gerichtet sah, begann er sich zu fragen, ob Jeremy und Percy nicht recht gehabt hatten. Was zum Teufel tat er eigentlich noch auf diesem Ball, wo es doch eine reizende junge Frau gab – und dazu noch unter seinem Dach –, die wahrscheinlich zu Bett gegangen
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