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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 07. Zaertlicher Raeuber
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nämlich die sicherste Methode, um die Reichen zu den Waffen greifen zu lassen und um zu erreichen, dass die Polizei die Armenviertel nach den Schuldigen durchkämmte. Wenn sie dabei ein Haus voller Waisenkinder fand, die nicht offiziell als Waisen geführt wurden, waren Dagger und seine Bande geliefert. Von den echten Waisenhäusern hatte Dagger Horrorge-schichten erzählt, die er aus erster Hand kannte, da er selbst vor Jahren aus einem abgehauen war. Seine Berichte hatten ausgereicht, um besagte Regel durchzuset-zen, gegen die Danny in dieser Nacht verstieß.
    Nicht dass die gehobene Gesellschaft tabu gewesen wäre, keineswegs. Doch solche Leute durften nur ausgeraubt werden, wenn sie draußen unterwegs waren: auf der Straße, in den Schänken, auf dem Markt, oder wenn sie irgendwelche Einkäufe erledigten und vielleicht nicht einmal merkten, dass ihnen ein paar Münzen fehlten. Oder falls doch, mochten sie glauben, sie hätten sie verloren oder ausgegeben, ohne sich daran zu erinnern.
    Die zweite Regel, mit der die Bande gut fuhr, lautete, dass jeder von ihnen sich auf sein Revier beschränkte und niemals an einem Ort stehlen ging, an dem er sich nicht auskannte. Dagger wies jedem wöchentlich ein neues Revier zu, damit die Anwohner nicht einen von ihnen wiedererkannten. Auch diese Regel brach Danny.
    Eine weitere Regel galt nur für sie und ein paar andere, weil sie von Alter und Körpergröße nicht länger als Kinder durchgingen. Die Logik war folgende: Je größer sie waren, desto schwieriger wurde es, jemandem in die Tasche zu greifen; wenn sie also eine bestimmte Größe erreichten, stiegen sie in die Klasse der »Sonderaufgaben«
    auf. Das bedeutete, dass sie nicht länger selbstständig klauen gingen, sondern nur noch, wenn Dagger sie zu einem bestimmten Auftrag losschickte.
    Für die Sonderaufgaben hatte Dagger mit drei Schänken und einem Gasthof Absprachen getroffen. Und da Danny wegen ihrer Haar– und Augenfarbe so leicht wiederzuerkennen war, ließ Dagger sie nur noch »Schläfer«
    erledigen. Dabei hatte sie noch nie versagt, aber sie war auch noch nie zuvor in eine Falle getappt.
    Nur für sie war das jedoch ein solches Problem. Wäre einer der Jungs geschnappt worden, hätte Dagger ganz bestimmt eine Ausnahme gemacht und sich über den unerwarteten Reichtum gefreut, der sie für eine ganze Weile über Wasser halten würde. Er hätte dem Jungen auf die Schulter geklopft, und es hätte eine Feier gegeben. Da aber sie diejenige war, die erwischt und zum Verstoß gegen die Regeln gezwungen worden war, würde Dagger genau entgegengesetzt reagieren – denn er suchte schon lange nach einem Grund, sie hinauszuwerfen.
    Seit über zwei, ja fast schon drei Jahren stand sie nun mit Dagger auf Kriegsfuß. Während sie früher gut miteinander ausgekommen waren und oft miteinander ge-scherzt und gelacht hatten, schien er sie heute zu verach-ten. Er ließ keine Gelegenheit aus, um ihr Vorhaltungen zu machen, und kritisierte sie unablässig, ob zu Recht oder nicht. Deutlicher konnte er ihr nicht zeigen, dass er sie am liebsten los gewesen wäre, doch sie hatte ihm noch keinen Grund gegeben, sie vor die Tür zu setzen.
    Bis jetzt.
    Danny wusste nicht einmal, warum Dagger etwas gegen sie hatte, doch angefangen hatte das Ganze, als sie ihm über den Kopf gewachsen war. Vielleicht fand er, dass er als Anführer körperlich der Größte sein müsste.
    Aber für einen Mann war er nun einmal kein Riese, nur ungefähr einen Meter siebzig groß. Außerdem kleidete Danny sich auffällig, Dagger dagegen recht unscheinbar.
    Die Kinder waren begeistert von ihrem Stil. Viele versuchten, sie nachzuahmen, und kamen zu ihr, wenn sie etwas brauchten.
    Danny nahm an, dass Dagger fürchtete, sie wolle ihm seinen Platz streitig machen. Das hatte sie jedoch keineswegs vor. Sie klaute nicht gern; noch weniger hätte sie die Verantwortung dafür übernehmen wollen, andere zum Stehlen loszuschicken. Sie spürte, dass es nicht richtig war; dieses Gefühl tief in ihrem Inneren war sie nie losgeworden. Da sie aber unter lauter Dieben lebte, hatte sie kaum eine andere Wahl gehabt. Trotzdem hatte sie versucht, Dagger zu verdeutlichen, dass sie an seinem Posten nicht interessiert war – ganz behutsam, ohne das Thema direkt anzusprechen. Es schien allerdings nichts genützt zu haben.
    Sie konnte Dagger anlügen, ihm erzählen, die Lackaffen hätten sie aus der Schänke geschleppt, um sie ins Gefängnis zu werfen. Es sei ihr gelungen zu

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