Malory
zweifellos die Blicke der Frauen auf sich. Mit seiner goldbraunen Lockenmähne und Augen, die so dunkel waren, dass man unmöglich sagen konnte, ob sie schwarz waren oder nicht, sah er außergewöhnlich gut aus – und genau aus diesem Grund hätte Jeremy ihn auf gar keinen Fall eingeladen, bei ihm zu wohnen, selbst wenn es nur vorübergehend war. Jedenfalls nicht jetzt, da unter seinem Dach eine Frau lebte, auf die er selbst ein Auge geworfen hatte.
Daher fragte er Drew auf dem kurzen Fußmarsch zu seinem Haus: »Bist du sicher, dass du nicht lieber ein paar Tage in ein Hotel ziehen möchtest, Drew? Bei mir zu Hause gibt es fast noch keine Möbel. Betten für alle Schlafräume sind das Einzige, das ich bisher gekauft habe. Die anderen Zimmer stehen noch leer. Sogar ich habe in der Küche gegessen.«
Zumindest Letztere füllte sich schon sehr ansehnlich, seit Jeremy eine Köchin hatte, der er freie Hand ließ zu kaufen, was sie brauchte. Und sein eigenes Schlafzimmer war vollständig eingerichtet – dank George, die darauf bestanden hatte, dass er aus seinem alten Zimmer alles mitnahm.
Drew lachte. »Ein Bett ist alles, was ich brauche.«
»Es ist noch zu früh, um schlafen zu gehen«, warf Percy ein. Da auch sein Haus nur ein paar Häuserblocks entfernt lag, begleitete er sie. »Gehen wir nicht ...«
»Heute nicht, Percy«, unterbrach ihn Drew. »Ich habe einen anstrengenden Tag hinter mir. Im Londoner Hafen anzulegen ist immer heikel; so viele Schiffe stehen gleichsam Schlange und warten, bis sie an der Reihe sind.
Außerdem habe ich einen großen Teil des Tages im Büro der Skylark-Reederei verbracht und muss morgen früh noch einmal dorthin.«
»Willst du mich auf den Arm nehmen, alter Knabe?
Ich dachte, ihr Seeleute seid immer scharf auf weibliche Gesellschaft, wenn ihr auf See wart.«
Drew grinste. »Durchaus, aber nach derartigen Vergnügungen steht mir der Sinn eher, wenn ich mich aus-geruht habe und ein Bett nicht mehr in erster Linie als Schlafplatz betrachte. Morgen Abend?«
»Gewiss. Ich freue mich darauf. Jeremy? Kommst du noch mit nach ...«
Jeremy beschloss, ihn zu unterbrechen, bevor er zu sehr in Versuchung geführt wurde. »Ich habe auch eine Mütze Schlaf nötig, Percy. Habe mich noch nicht richtig davon erholt, dass ich kürzlich erst im Morgengrauen nach Hause gekommen bin.«
Bei der Erinnerung an ihren Ausflug zu Heddings’
Haus stimmte Percy zu: »Wohl wahr. Nun, da du es sagst, ist die Aussicht auf ein Bett doch sehr verlockend.«
Jeremy ging allerdings noch nicht gleich schlafen. Sobald er Drew dessen Zimmer gezeigt hatte, begab er sich in sein eigenes Schlafgemach und zog an dem Klingel-zug, der mit dem Dienstbotentrakt verbunden war. Er hoffte, dass Danny von seiner Haushälterin bereits erfahren hatte, was das Läuten der Glocke in ihrem Zimmer bedeutete. Dass sie so früh bereits schlief, bezweifelte er; auszuschließen war es allerdings nicht.
Es konnte jedoch auch von Vorteil sein, wenn sie schon schlief und die Glocke sie weckte. Eine nachgie-bige, schlaftrunkene Danny ließ ihn an anderes denken als daran, ihr zu zeigen, wie ein fauler Dienstherr sich aufführen konnte. Sich von vorn und hinten bedienen zu lassen war sein ursprünglicher Plan gewesen, aber nicht, wenn Danny stattdessen seinem Charme erlag. Er würde improvisieren müssen – je nachdem, ob Rache oder süße Freuden anstanden.
Danny musste wach gewesen sein, denn sie kam so bald, dass sie sich gewiss nicht erst hatte anziehen müssen. Jeremy hatte sich bis auf Hemd und Hosen entklei-det, als sie laut an die Tür klopfte. Rasch öffnete Jeremy und zog sie herein, bevor Drew nachschaute, woher der Lärm kam.
»He, was soll das!«, protestierte sie und riss ihren Arm aus seinem festen Griff.
»Nicht so laut. Ich habe einen Gast im Zimmer gegen-
über.«
Danny runzelte die Stirn zum Zeichen, dass sie ihm diese Entschuldigung nicht ganz abkaufte. »Also, was wollen Sie?«
Dass sie sich eine feste Anstellung samt Kost und Logis gesichert hatte, hatte an ihrer Kratzbürstigkeit offenbar nichts geändert. Allerdings schien sie ihre Worte sofort zu bedauern, denn sie vergrößerte die Distanz zwischen ihnen.
Jeremy wusste wohl, dass es an diesem Punkt ein gra-vierender Fehler gewesen wäre, zu sagen, was er wirklich wollte. Danny war noch nicht so weit. Sein Gesichtsausdruck sprach jedoch Bände – dagegen konnte er einfach nichts machen, wenn er in ihrer Nähe war.
Um ihr aber zunächst die
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