Malory
Gabrielle mit einem gezwungenen Lächeln.
»Gut, dann habe ich es Ihnen noch früh genug verraten. Ich bin sicher, dass er Sie mag, ich möchte nur nicht, dass Sie einen falschen Eindruck bekommen und glauben, daraus könnte etwas werden. Auch wenn unsere Familie es gern sähe, er hat uns klargemacht, dass er nicht die Absicht hat, sich jemals einfangen zu lassen.«
Georgina hatte die besten Absichten, erzählte Gabrielle aber nichts, was sie nicht bereits wusste. Drew in seinem ein-gefleischten Junggesellentum zu erschüttern, war ihr Plan gewesen, doch damit sah es nicht mehr sehr vielversprechend aus. Irgendwie hatte er einige falsche Eindrücke von ihr bekommen und bei der Hin– und Rückfahrt in der Kutsche war sie nie mit ihm allein, sodass sie nicht über diese Missverständnisse reden konnten.
Gabrielle war es jedenfalls leid, sich zu verstecken und die Tatsache zu betrauern, dass der einzige Mann, zu dem sie sich ernstlich hingezogen fühlte, für sie unerreichbar war. Dann sollte es eben so sein. Sie war nach London gekommen, um einen Ehemann zu finden, und genau das würde sie tun. Drew Anderson konnte ihretwegen zum Teufel gehen!
Heute hatte Drew sie und Georgina nicht zum Ball begleitet. Boyd war ihre Eskorte, er schien jedoch jedes Interesse an ihr verloren zu haben. Weil er gesehen hatte, wie sie seinen Bruder geküsst hatte? Ach, egal. Er hatte ohnehin nicht auf ihrer Liste gestanden.
Nun war sie froh, dass sie sich in letzter Minute doch noch entschieden hatte, auszugehen. Da sie Drew nicht mehr auf ihrer Liste hatte, bot der Ball eine gute Gelegenheit, den ehrenwerten Wilbur Carlisle näher kennenzulernen. Also sollte sie ihm wohl besser richtig zuhören.
Wilbur hatte gar nicht abgewartet, ob Gabrielle seine Offenheit erlaubte, er redete bereits weiter: »Ich wollte Sie über meine Absichten nicht im Unklaren lassen. Ich möchte nicht, dass Sie glauben, ich sei wie all die anderen Kerle, die nur in London sind, um die Saison zu genießen. Im Gegenteil, aber das bleibt, wie ich hoffe, unter uns, ich werde nun schon seit drei Jahren zur Brautschau hergeschickt.«
»Dann darf ich wohl annehmen, dass Sie bislang kein Glück hatten?«, fragte Gabrielle höflich.
»In der Tat, kein bisschen. Nicht, dass ich mir keine Mühe gegeben hätte. Aber aus dem ein oder anderen Grund, nun ja, entweder bin ich immer zu spät oder nicht interessiert genug, um überzeugend zu wirken.«
Drei Jahre?, dachte Gabrielle. Wie deprimierend. Oder wollte er womöglich gar nicht heiraten.
Sie beschloss, ebenso offen zu sein wie Wilbur. »Suchen Sie ernsthaft eine Braut, Wilbur?«
Er seufzte. »Ja, wirklich. Aber der Druck ist enorm und es wird immer schlimmer. Mein Vater hat mir sogar gesagt, falls ich dieses Jahr wieder keine Braut nach Hause bringe, brauche ich gar nicht mehr heimzukommen.«
»Du lieber Himmel, warum das denn?«
»Seine Gesundheit ist nicht die allerbeste«, erklärte Wilbur.
»Er möchte, dass ich in guten Händen bin, bevor .. na ja, ich verstehe seine Lage sogar. Schließlich bin ich sein einziger Sohn.«
Allmählich wurde es Gabrielle unangenehm, in welche Richtung das offene Gespräch mit Wilbur ging. Sie war noch nicht bereit, eine Entscheidung zu treffen, selbst wenn die Saison fast vorüber war. Falls er ihr einen Antrag machte, ehe sie so weit war, wusste sie nicht, wie ihre Antwort ausfallen wür-de. »Wilbur, warum erzählen Sie mir das alles?«
»Ich möchte nur, dass Sie an mich denken, meine Liebe, und wissen, dass ich höchst ehrbare Absichten habe. Ich gebe zu, dass ich vor Ihrer Ankunft regelrecht verzweifelt war. Die Saison war fast vorüber und meine einzigen Aussichten, nun ja, gefielen mir nicht. Dann tauchten Sie auf – wie eine frische Brise. Darf ich sagen, dass ich ganz hingerissen war?«
Es wurde aber auch Zeit, dass er zum romantischen Teil kam. Nein, halt, warum war sie so kleinlich? Er war ein sehr annehmbarer Junggeselle und der Einzige, den sie nicht direkt aussortiert hatte. Die anderen, die sie getroffen hatte, waren entweder zu langweilig oder zu snobistisch oder zu stutzer-haft für ihren Geschmack. Und zudem schien Wilbur ein netter Kerl zu sein.
Auch war er recht geistreich, wenn er sich nicht gerade damit aufhielt, Geständnisse wie dieses zu machen oder sich über ihren Gastgeber zu sorgen. Bei ihrer ersten Begegnung war er entspannt und sehr charmant und richtig romantisch gewesen – bis Malorys Name gefallen war. Sie sollte froh sein, dass er noch
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