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Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig

Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig

Titel: Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Birgit;Lolosoli Virnich
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mit einem ausgesprochen dunklen Gesicht. Das war also der Mann, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen sollte. Er begrüßte mich mit einem breiten Lächeln. Wir brachten beide zunächst kein Wort heraus. Er war nervös und wagte es kaum, mir in die Augen zu blicken. Die Dorfältesten aus Wamba standen Spalier. Sie hatten sich in zwei Reihen mit gekreuzten Speeren aufgestellt und warteten schon auf uns. Wir mussten als Brautpaar an ihnen vorbeilaufen. Dieser Gang durch das Spalier der weisen alten Samburus symbolisiert das Abnabeln der Braut von ihren Eltern und ihrer Familie. Nach alter Samburu-Sitte durfte ich mich dabei nicht umdrehen, da das Unglück bringen könnte. Die Ehefrau soll erhobenen Hauptes das Dorf ihrer Eltern verlassen.
    Unser Trauzeuge nahm meine Hand und flüsterte mir zu: »Schau nicht zurück. Komm mit.« Ich glaube, er spürte genau, wie schwer es mir fiel, meine geliebte Familie, meine gütige Mutter zurückzulassen und mich von all meinen Vertrauten loszureißen. Ich gab mir einen Ruck und obwohl die Versuchung groß war, schaute ich nicht zurück. Ich hatte den Eindruck, über den Boden zu schweben, ohne ihn zu berühren, doch ein Teil meiner Seele blieb im herrlichen Wamba bei meiner Familie. Innerlich vergoss ich bittere Tränen und weinte der Großzügigkeit, Menschlichkeit und Liebe meiner Mutter
nach, meinen Freundinnen und Freunden. Nach alter Samburu-Sitte liefen mein Mann, unser Trauzeuge und ich noch eine ganze Weile weiter durch die Graslandschaft. Wir kletterten über Baumstämme und durchquerten Flüsse. Der Himmel war makellos. Keine einzige Wolke war zu sehen. Unser Trauzeuge begleitete uns durch die dornige Savanne zu den Hängen des über zweitausend Meter hohen Warges, wo wir durch glasklare Bäche stapften, die herrlich über die Felsen sprudelten.
    In meinem Brautkleid kam ich ins Schwitzen. Einmal noch wollte ich mich hier oben auf einen Felsbrocken hocken und meine Füße im Wasser baden, da sah ich mein Spiegelbild und musste an meinen Vater denken. Ich fühlte mich in die Zeit meiner unbeschwerten Kindheit zurückversetzt und wenn ich die Augen schloss, hörte ich im gurgelnden Wasser seine Stimme, die mir immer Mut gemacht hatte. Ganz sicher war er hier in meiner Nähe. Dieser rituelle Gang durch die Savanne war in Wirklichkeit der Abschied von meiner Kindheit. Ein letztes Mal sollte ich mir nun das kristallklare Wasser ins Gesicht spritzen, so wie früher als Sechsjährige. Die Erfrischung hielt nur für einen Moment. In der brütenden Hitze trocknete das Wasser gleich wieder auf meiner Haut und der Zauber war sofort verflogen.
    Mein Leben sollte sich von Grund auf ändern – es ging sogar so weit, dass ich einen neuen Namen bekam. Von Geburt an hatte ich Nootulan geheißen. Das war der Name der Glocke, die der Bulle, den man anlässlich meiner Geburt geschlachtet hatte, um den Hals trug. Meine Eltern hatten mir die Glocke um den Hals gehängt und mir den Namen Nootulan gegeben. Nun sollte ich ab meiner Hochzeit Rebecca heißen. Mit diesem christlich-jüdischen Namen wollte meine Familie ihre Fortschrittlichkeit signalisieren und mir den Weg in mein neues Leben in der Familie Lolosoli ebnen, die ihren Sohn schon ganz früh taufen ließ und ihn in die katholische Missionarsschule geschickt hatte.

    Da mein Mann ein getaufter Katholik ist, heirateten wir auch noch in der Kirche von Wamba. Ich bestand darauf, in meinem traditionellen Hochzeitskleid, in den Ziegenhäuten, vor den Altar zu treten. Die Worte des Priesters rauschten an mir vorbei. Die ganze Zeremonie war mir fremd. Als mich der Priester fragte, ob ich die Frau diese Mannes werden wollte, war ich völlig überrascht. Es war das erste Mal, dass mich jemand um meine Zustimmung bat, noch dazu ein Mann. Bislang hatte mich überhaupt noch niemand nach meiner Meinung gefragt. Meine Brüder und der Ältestenrat hatten alles entschieden. Plötzlich riss mich mein Bräutigam aus meinen Gedanken und stülpte mir einen Ring über den Finger. Dann küsste er mich. Nun seien wir verheiratet, raunte er mir zu. Er strahlte über das ganze Gesicht. Ich war etwas verwirrt, denn ich wusste, dass uns nun noch der letzte Teil unserer traditionellen Hochzeit bevorstand, den ich schon seit Wochen aus unerklärlichen Gründen fürchtete: die offizielle Begrüßung und Einwilligung seiner Eltern. Bei dem Gedanken daran wurde mir mulmig. Ich kannte sie nicht, würde aber zukünftig bei ihnen leben müssen. Mir stand also ein

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