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Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig

Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig

Titel: Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Birgit;Lolosoli Virnich
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lange suchen, um derartig umsichtige Führer zu finden.
    Mein Vater habe sich mit den Turkana zusammengeschlossen, die Samburus rund um Wamba geeint und zusammen mit anderen Oberhäuptern dafür gesorgt, dass die Tradition der Samburus im modernen Kenia unbehelligt weiterexistiere, jetzt, da doch die meisten anderen Kenianer ihre Bräuche längst zugunsten einer modernen, geschäftsorientierten Lebensweise abgelegt hätten. Er habe dafür gesorgt, dass die Samburus in der Abgeschiedenheit der Halbwüste ihre Kultur weiterleben konnten, während der Rest des Landes südlich des unzugänglichen Samburu-Distrikts von den Briten, durch den Kolonialismus und von Kenias neuen Politikern völlig verändert wurde. In der modernen Nation seien die Samburus leider ins Hintertreffen geraten, da sie keine starke Lobby in Nairobi hätten, aber mein Vater habe alles in seiner Macht Stehende dafür getan, dass wir unsere Kultur bewahren konnten.
    Es sei jetzt meine Aufgabe als Ehefrau und Mutter, unsere Kultur an unsere Kinder weiterzugeben. »Du musst das Vermächtnis deiner Vorväter achten und respektieren. Du trägst das Erbe deiner Eltern in dir und hast die Verantwortung, es fortzuführen. Mit deinem zukünftigen Mann musst du unsere Sitten und Bräuche euren Kindern beibringen und sie somit erhalten. Es ist deine Verantwortung, eure Kinder das rechte Benehmen zu lehren und die uralte Tradition der Samburus mit auf den Weg zu geben.«
    Als Tochter des großen Chiefs Ditan Lasangurikuri würde ich nun in die Familie der Lolosolis aus dem südlichen Samburu-Distrikt aufgenommen. »Zusammen werdet ihr über euch hinauswachsen«, erklärte er und schaute mich dabei prüfend an. »Du musst deinen Ehemann und seine Eltern respektieren«, bläute er mir ein. »Du wirst jetzt ein Mitglied der Familie Lolosoli. Die Eltern deines Mannes werden dich wie
eine Tochter behandeln und als ihre Schwiegertochter ist es deine Pflicht, dich um sie zu kümmern. Außerdem musst du natürlich auch deiner Verantwortung als Ehefrau und Mutter gegenüber deinem Mann und euren Kindern nachkommen.« Ich war tief beeindruckt von seiner Vision und dankbar für den Respekt, den er meiner Familie und insbesondere meinem Vater und meinem Großvater entgegenbrachte. Seine Ausführungen über die Ehe schnürten mir allerdings die Kehle zu. Sie beschränkten sich auf die Pflichten und die Verantwortung der Ehepartner. Kein Wort über unsere Träume und unsere Wünsche. Ich war am Ende erleichtert, als die Apayas die Hütte meiner Mutter wieder verließen. Dann verbrachte ich eine letzte Nacht bei meiner Mutter, bevor ich am nächsten Morgen meinem zukünftigen Ehemann übergeben wurde. Ich schlief auf dem Rinderfell, auf dem ich während meiner Beschneidung gelegen hatte und zur Frau geworden war. Ich würde es als eines der wenigen Dinge meiner Aussteuer mitnehmen.
    Am nächsten Morgen wachte ich auf, als sich die ersten Sonnenstrahlen wieder über das Gebirgsmassiv schoben. Mein Herz pochte. In wenigen Minuten würde ich die von mir heiß geliebte Manyatta meiner Mutter auf dem Hang mit Blick auf den Ol Doinyo Lengeyo für immer hinter mir lassen. Als ich in meinem Hochzeitskleid nach draußen trat, ging ein Raunen durch die Menge. Meine Mutter hatte es für mich angefertigt: drei Ziegenfelle, dick bestrichen mit Ockerpaste und Fett. Dazu trug ich nach altem Brauch ein wuchtiges Lederhalsband mit Giraffenhaaren, das sogenannte Mporro, das nur verheiratete Frauen tragen dürfen, Kreolenohrringe aus Kupfer und ein spiralförmiges Armband aus Metall, das ich über meinen Oberarm gestülpt hatte. Alle staunten, mit welcher Würde ich in mein neues Leben trat. Man sehe mir meine gute Herkunft an, flüsterten sie. Ich sei eine der schönsten Bräute, die Wamba je hervorgebracht habe, hieß es. Vor allem die Älteren waren sehr stolz auf mich.

    Um uns herum tanzten die Frauen mit lauten Schreien und Gesängen. Sie hatten sich mit ihren besten Tüchern und ihrem Schmuck herausgeputzt und standen im Halbkreis um die Feuerstelle herum, wo das Fleisch eines Ochsen verteilt wurde – als eine Art Opfergabe für die Apayas. Das war der Startschuss für die Männer, die mit ihrem tiefen, sonoren Brummen den offiziellen Hochzeitsgesang anstimmten. Aus dem Stand sprangen sie meterhoch auf, griffen dann eines der Mädchen und schritten mit ihm zum Rhythmus der Gesänge Hand in Hand rund um unsere Hütte.
    Und dann stand er plötzlich vor mir. Ein hochgewachsener junger Mann

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