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Manche Maedchen muessen sterben

Manche Maedchen muessen sterben

Titel: Manche Maedchen muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Warman
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zurückgekommen ist. Einige Sekunden lang sagt er nichts; er starrt aus dem Fenster und raucht seinen Joint.
    Poch, Poch, Poch.
    Der Joint knistert, als ein Samen platzt. Richie ist unbeeindruckt, nimmt einen tiefen Zug und wirft einen argwöhnischen Blick zur Tür hinüber.
    »Geh weg!«, rufe ich. »Er will dich nicht sehen!«
    Alex scheint es unbehaglich zumute zu sein, als wäre er nicht ganz sicher, wie er mit mir umgehen soll. »Du bist sauer«, sagt er. »Versuch mal, dich zu beruhigen.«
    Poch, Poch, Poch.
    Doch ich bin außerstande, mich zu beruhigen, nicht jetzt. »Er hat das wiederholt, was ich gerade gesagt habe, nahezu wortwörtlich«, erkläre ich ihm. »Denkst du, er kann mich wahrnehmen?«
    »Ich weiß es nicht.« Alex scheint darüber nachzudenken. »Es war tatsächlich seltsam. Und du sagst, du konntest ihn spüren, als du ihn berührt hast?«
    »Irgendwie. Beinahe. Ich denke, dass ich dazu in der Lage sein könnte … vielleicht, wenn ich mich stark genug konzentriere. «
    Alex schüttelt den Kopf. »Ich weiß nicht recht, Liz. Mir ist so was noch nie passiert. Es gibt zwar einige Leute, die mich sehen können … «
    »Was meinst du damit?« Ich schreie die Worte beinahe. »Es gibt Leute, die dich sehen können? Wer zum Beispiel?«
    »Babys«, sagt er. »Babys können mich sehen. Ich habe einen Cousin. Als ich starb, war er knapp zwei, und er konnte mich definitiv sehen. Aber als er älter wurde, also sobald er sich in ganzen, verständlichen Sätzen ausdrücken konnte, wusste er nicht mehr, dass ich da bin.« Alex zögert. »Tiere können mich auch sehen. Meine Katze sieht mich.«
    Ich starre ihn an. »Du machst Witze. Warum hast du mir das nicht früher gesagt?«
    Er zuckt die Schultern. »Ich dachte nicht, dass das wichtig ist.«
    »Vielleicht nicht. Aber es ist in jedem Fall interessant.« Ich schüttle den Kopf. »Wie auch immer, du bist wie ich der Meinung, dass Richie und ich immer noch irgendwie miteinander verbunden sind, richtig?«
    Alex nickt. »Okay. Was das angeht, könntest du recht haben. Na und?«
    Bevor ich darauf antworten kann, hören wir wieder das Klopfen an der Tür.
    Poch, Poch, Poch.
    Richie seufzt. Er starrt den Joint eine Sekunde lang an, bevor er ihn aus dem offenen Fenster wirft. Das Zimmer ist voller Rauch. »Herein«, sagt er hustend.
    Ich rechne fest damit, Josie reinkommen zu sehen. Aber sie ist es nicht; es ist der Bulle, Joe Wright. Jeder andere Junge würde vielleicht in Panik geraten, aber Richie ist nicht wie andere Jungs. Er hat sich noch nie wirklich Sorgen darüber gemacht, dass er mit Drogen erwischt werden könnte. Er hat sich noch nie um irgendwas viele Sorgen gemacht. Er ist cool, ruhig und immer gefasst. Wenn ich mit Richie zusammen war, hatte ich stets das Gefühl, die Dinge wären unter Kontrolle. Doch als ich ihn jetzt anschaue, wird mir klar, dass er nichts weiter als ein Junge ist. Ein Junge, der nicht die geringste Ahnung hatte, wie er für meine Sicherheit hätte sorgen können. Immerhin bin ich keine drei Meter von ihm entfernt gestorben, während er schlief. Warum ist er nicht aufgewacht? Gewiss gab es doch irgendein Geräusch: ein Platschen, einen Schrei, irgendetwas . Aber er war betrunken. Zugedröhnt. Er war zu hinüber, um auch nur aufzuwachen, ganz zu schweigen davon, mir das Leben zu retten.
    »Wer hat Sie reingelassen?«, fragt Richie Joe.
    »Deine Freundin.« Joe wedelt mit einer Hand vor seiner Nase herum. »Du solltest dir vielleicht einen Fensterventilator zulegen, Junge. Ich habe das Zeug schon auf der Treppe gerochen.« Joe trägt immer noch das Anzughemd und die Krawatte von vorhin auf meiner Trauerfeier. Ohne seine Polizei-Uniform sieht er wie ein ganz normaler Kerl aus. Vermutlich ist er Ende dreißig. Er ist sogar ganz niedlich und körperlich ziemlich fit, sein dunkles Haar ist kurz und gepflegt, und auf seinem gebräunten Gesicht breiten sich gleichmäßig Sommersprossen aus. Er wirkt halbwegs freundlich, keineswegs bedrohlich, doch ich weiß, dass Richie sich ihm gegenüber nicht leichtfertig öffnen wird. Eine von Richies Regeln lautet, Erwachsenen nicht zu trauen – insbesondere nicht Autoritätspersonen.
    Richie blinzelt ihn an. »Nur damit das klar ist: Josie ist nicht meine Freundin. Liz war meine Freundin.«
    »Okay. Sicher.« Joe kommt zwei Schritte näher an Richie heran und mustert sein Gesicht. Er nimmt den Zeigefinger und streicht damit über Richies Wange. Dann hält er seinen Finger so hoch, dass sie beide ihn

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