Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Manche Maedchen muessen sterben

Manche Maedchen muessen sterben

Titel: Manche Maedchen muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Warman
Vom Netzwerk:
sie nicht begleiten. Beerdigungen machen mir Angst, wissen Sie? Wie auch immer, was spielt das überhaupt für eine Rolle? Das hatte nichts mit uns zu tun.«
    »Es spielt eine Rolle«, sagt Joe. »Weil die Leute sich Sorgen machen. Zuerst ein tödlicher Unfall mit Fahrerflucht, jetzt das hier. Zwei gesunde Kids, die in weniger als einem Jahr sterben. Dies ist eine Kleinstadt; die Eltern sind beunruhigt.«
    »Es war ein Unfall«, sagt Richie. »Liz wurde nicht umgebracht. «
    Joe nickt zustimmend. »Vermutlich nicht. Ich hoffe nicht. Aber, siehst du, Richard …«
    »Richie«, korrigiert er.
    »Siehst du«, fährt Joe fort, »hier bist du, völlig zugedröhnt, und machst mit der Stiefschwester deiner Freundin rum, oder mit ihrer Halbschwester, oder was immer sie ist. Am Tag von Liz’ Beerdigung. Und ich weiß nicht, wie ich das vom moralischen Standpunkt aus beurteilen soll. Das Ganze kommt schon ziemlich gefühllos rüber, würdest du dem nicht zustimmen? «
    Richie starrt den glänzenden Massivholzfußboden seines Zimmers an. »Warum verhaften Sie mich nicht einfach wegen Drogenbesitz?«
    »Warum sollte ich das tun?«
    »Weil ich ein Verlierer bin.«
    »Da war Liz aber anderer Ansicht.«
    Richie schaut auf. »War sie das?« Er schluckt. Sein ganzes charakteristisches Selbstvertrauen ist futsch; ich erkenne ihn kaum wieder. »Sie hat mich betrogen.« In seinen dunklen, blutunterlaufenen Augen stehen Tränen. »Die Sache ging monatelang, ohne dass ich das Geringste davon mitbekommen hätte. Nicht, bis Josie mir davon erzählt hat.«
    »Ohhh.« Alex sieht mich kopfschüttelnd an. »Du böses Mädchen.«
    Mir steht der Mund offen. »Er irrt sich«, sage ich. »Ich weiß nicht, wovon er da redet.«
    »Du hast ihn betrogen«, erklärt Alex. »Hör zu.«
    Das mache ich.
    »Es war kurz nach Weihnachten«, sagt Richie. »Mir war schon eine ganze Weile aufgefallen, dass Liz immer wieder verschwand, manchmal eine ganze Zeitlang. Sie wirkte verändert, und ich machte mir Sorgen. Sie war schon immer dünn, aber in letzter Zeit hatte sie schrecklich viel Gewicht verloren. Ich meine, daran ist sie doch angeblich gestorben, oder? An Hypoglykämie, kombiniert mit dem ganzen Alkohol in ihrem Körper? Letztes Frühjahr haben wir im Bio-Unterricht unseren BMI bestimmt, unseren Body Mass Index, und sie war stark untergewichtig.« Er scheint nachzudenken, sich zu erinnern. »Aber es war nicht bloß der Gewichtsverlust. Ich glaube nicht, dass beides zusammengehörte; es steckte mehr dahinter. Sie hat sich irgendwie von mir entfernt. Und zuerst dachte ich, okay, sie ist bloß besessen von ihrer Lauferei. Sie konnte große Entfernungen zurücklegen, aber Tempo war nie ihr Ding. Ich dachte, sie versucht vielleicht, schneller zu werden. Vielleicht hat sie es ein bisschen übertrieben. Ich meine, es war für sie nichts Ungewöhnliches, morgens um fünf aufzustehen und vor der Schule zwei Stunden zu laufen.« Er schüttelt den Kopf. »Verrückt. Was das anging, war sie echt panne.«
    »Was brachte dich auf den Gedanken, dass etwas anderes dahintersteckt?«, fragt Joe. »Etwas anderes als bloß eine Obsession fürs Laufen? Hat Josie es dir erzählt?«
    Richie nickt. »Ja, Josie hat es mir erzählt. Das war zwei Wochen vor dem Abschlussball der Junior High. Am Ende der zehnten Klasse. Ich hatte den ganzen Tag über versucht, Liz zu erreichen, aber sie ging nicht an ihr Telefon. Also ging ich rüber zu ihrem Haus – Sie wissen ja, dass sie gleich nebenan wohnte –, aber sie war nicht daheim. Also habe ich mit Josie geredet. Da hat sie es mir erzählt.«
    »Er irrt sich«, sage ich bestimmt. »Ich hätte ihn niemals betrogen. Niemals.«
    »Denk mal angestrengt nach«, sagt Alex. »Kannst du dich diesbezüglich überhaupt an irgendwas erinnern?«
    »Nein, aber das ist auch egal! Ich muss mich nicht daran erinnern, um sicher zu sein. Das ist einfach unmöglich.«
    Alex mustert mich einen langen Augenblick. »Ich kann’s einfach nicht glauben«, sagt er.
    »Was kannst du nicht glauben?«
    »Dass du immer noch so bist. Selbst nach allem, was dir zugestoßen ist, bist du immer noch ein Alptraum von einem menschlichen Wesen. Wenn er sagt, dass du ihn beschissen hast, dann hast du es vermutlich auch getan. Zumindest glaube ich ihm. Du bist selbstsüchtig. Du bist oberflächlich. Ich wette, wenn dir jemand Besseres als Richie über den Weg liefe und Interesse an dir zeigen würde, würdest du ihn ohne zu zögern betrügen.«
    »Ich habe ihn nicht

Weitere Kostenlose Bücher