Manche moegen's Kowalski
kam er sich beinah alt vor. Er konnte sich noch daran erinnern, wie Gavin so klein gewesen war, dass er von seinem Vater auf einen der hohen Hocker am Tresen gehoben werden musste, damit er an seinen Eisbecher kam.
„Wie kann es sein, dass ausgerechnet in Maine so viele Leute keine Meeresfrüchte mögen?“, fragte Gavin.
„Ich glaube nicht, dass die Leute sich sosehr an den Jakobsmuscheln gestört haben, sondern wohl eher an der Käsesoße. Und hier“, Paige tippte mit dem Bleistift auf eine Liste von Menüvorschlägen, die Gavin für die nächste Woche gemacht hatte, „bei dem Kalbfleisch in Weißweinsoße habe ich auch meine Zweifel. Wäre es nicht möglich, es erst mal mit Hähnchenbrust zu versuchen und dann zu testen, wie die Gäste einen Schmortopf mit Weißwein finden, bevor wir das mit dem Kalbfleisch machen?“
Gavin machte ein beleidigtes Gesicht, und Mitch unterdrückte ein Schmunzeln. Gavin sah aus wie ein Künstler, dem man zumutete, seine Bilder mit einem Schultuschkasten zu malen.
„Können wir“, entgegnete der Jungkoch. „Kann ich die kalte Melonensuppe nicht noch mal bringen? Sie ist ideal bei diesem Wetter.“
Paige seufzte. „Ja, okay. Aber dann lass dir was einfallen, dass wir das nicht Suppe nennen. Die Leute hier denken bei Suppe unwillkürlich an heiße Suppe, und das könnte sie abschrecken.“
Leise vor sich hin brummelnd kehrte Gavin in die Küche zurück. Paige schüttelte lächelnd den Kopf. „Der arme Gavin. Er fühlt sich zu sehr gemaßregelt. Aber er wird sich wundern, wenn er mal für ein namhaftes Restaurant in der Stadt arbeitet und da auf der untersten Stufe der Hierarchie steht. Dann wird er genau gesagt bekommen, was er wie zu kochen hat, und seine Zeit hier mit anderen Augen sehen.“
„Ich bin vor ein paar Tagen seinem Vater begegnet. Der hat mir erzählt, dass Gavin seine Arbeit hier wirklich liebt und dass sie seinem Selbstbewusstsein sehr guttut. Er ist sehr dankbar für die Erfahrungen, die er bei dir sammeln und später in seine Ausbildung einbringen kann.“
„Wenn er eines Tages geht, werde ich ihn sehr vermissen. Und unser Angebot an Specials wird nicht mehr halb so interessant sein.“
Die Aufgabe, die sich Paige danach vornahm, erforderte anscheinend weniger Konzentration, sodass Mitch endlich die eingegangenen E-Mails lesen konnte, die er auf dem Laptop durchsah und beantwortete. Ihre Knie berührten sich unter dem Tisch, und von Zeit zu Zeit rieb Paige mit dem Knöchel an seinem Bein. Über solche Arbeitsbedingungen konnte man sich wahrlich nicht beschweren.
Wäre Paiges Wohnsitz ein wenig geräumiger, hätte Mitch sich gut vorstellen können, wie sie zusammen am Esstisch saßen, jeder über seine Arbeit gebeugt, bis es Zeit war, auf die Couch überzusiedeln und sich vor dem Fernseher – auf einen Fernseher würde er in dem Fall schon bestehen – aneinanderzukuscheln, um dann noch später ins Bett zu gehen und dort weiterzukuscheln. Es war das Bild perfekter Harmonie, das er vor Augen hatte, und er erschrak regelrecht, als ihm bewusst wurde, dass sich dieses Bild häuslichen Glücks derart in seinen Gedanken hatte breitmachen können.
Ihre veranschlagten zwei Stunden waren beinah vergangen, als Mitchs Handy klingelte. Dankbar, aus seinen Tagträumen von Heim und Herd gerissen zu werden, meldete Mitch sich.
„Dein Bruder ist ein Vollidiot.“ Es war Rose, und sie klang alles andere als fröhlich.
„Weiß ich. Könntest du bitte etwas konkreter werden?“
„Josh ist anscheinend aus der Badewanne gefallen und steckt fest. Vielleicht hat er sich auch verletzt. Jedenfalls will oder kann er mir die Tür zum Bad nicht öffnen.“
„Kann Andy denn nicht helfen?“
„Der ist mit Drew zum Angeln gegangen. Ich tippe, die Sache mit Mallory steht schlecht und Drew braucht ein wenig väterlichen Zuspruch.“
Mitch schloss die Augen und rieb sich die Nasenwurzel. „Meinst du, er könnte sich verletzt haben?“
„Er flucht und schimpft in einer Tour wie ein Rohrspatz. Also ist er entweder verletzt oder endgültig durchgeknallt. Gleichzeitig versichert er, es sei alles in Ordnung mit ihm. Dann wird es so schlimm nicht sein.“
„Ich bin in ein paar Minuten da.“
Besorgt sah Paige Mitch an. „Wer ist verletzt?“
„Josh ist gestürzt und will sich offenbar von Rose nicht helfen lassen. Ich fürchte, wir müssen den Rest des Abends und alles, was ich mit dir noch vorhatte, auf ein anderes Mal verschieben.“
„Na ja. Vorfreude ist ja
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