Mandys Verlangen
Langweiler. Mandy wollte lieber nicht daran denken, wie es sein würde, wenn sie verheiratet waren. Wahrscheinlich würden sie spätestens nach dem zweiten Kind überhaupt keinen Sex mehr haben, weil Clemens beruflich so viel um die Ohren hatte, dass ihm nicht mehr der Sinn danach stand.
Er würde seine lahme Libido mit schicken Autos, Essen in teuren Restaurants und gelegentlichen Besuchen in Edelbordellen kompensieren. Sie würde sich stattdessen irgendwann einen Liebhaber nehmen, um ihre enttäuschende Ehe zu vergessen. Zusammen würden sie nach außen hin jedoch das typische amerikanische Wohlstandsehepaar mimen, das scheinbar glücklich miteinander ist.
Mandy stieß einen verächtlichen Laut aus und fuhr erneut hoch.
Himmel, wieso mache ich mir überhaupt Gedanken? Wir sind schließlich erwachsene Menschen. Ich kann mir vor der Ehe ruhig noch ein bisschen Spaß gönnen. Clemens muss es ja nicht erfahren.
»Nein!« , schrie ihr gut erzogenes Gewissen. »Das kannst du nicht! Das ist unmoralisch, verdorben und schlecht. Wenn du mit Nicholas vögeln willst, dann mach vorher mit Clemens Schluss.«
Will ich das? Alles beenden?, fragte Mandy sich verwundert. Nein, das wollte sie auf keinen Fall. Clemens war zwar nicht ihre große Liebe, aber er versprach Sicherheit und Zuverlässigkeit. Er war wie ein großes, breites Schiff, auf dem sie sicher durch das zuweilen stürmische Meer des Lebens schwimmen würde. Ihn zu verlieren, bedeutete, ihren Halt und ihre Lebensmitte zu verlieren, und das wollte Mandy auf keinen Fall riskieren.
Morgen Abend werde ich bei Nick vorbeifahren und ihm sagen, dass das lediglich Ausrutscher waren und dass er die Sache ganz schnell vergessen soll. Mit uns wird das nichts. Ich will keine Affäre mit ihm und erst recht keine richtige Beziehung. Aber da wir irgendwie miteinander auskommen müssen, sollten wir uns auf eine lockere Bekanntschaft einigen, die über ein »Guten Tag« und »Wie geht es dir?« nicht hinausgeht.
Ja, das werde ich ihm morgen sagen.
Mit diesem Entschluss schlief Mandy endlich ein. Doch als sie am nächsten Morgen in ihr Büro kam, lag eine kurze Mitteilung auf ihrem Schreibtisch, die besagte, dass Nicholas Clayton für einige Tage nach Tennessee geflogen war, um dort geschäftliche Dinge zu regeln. Für die Zeit seiner Abwesenheit hatte er Frederick Hallink mit der Abwicklung aller Formalitäten beauftragt.
»Feigling«, knurrte Mandy, zerknüllte den Zettel und bat Stacy-Joan, einen entsprechenden Vermerk in der Akte zur Larry-Gainsbourrogh-Farm zu machen.
Mandy war entschlossen, alle Gedanken und Erinnerungen an Nicholas zu verdrängen. Schließlich hatte sie Wichtigeres zu tun, als sich über einen Mann aufzuregen, der ihr im Grunde nichts bedeutete.
Sie musste sich endlich wieder etwas intensiver um Clemens kümmern. Schon seit einigen Wochen lebten sie mehr oder weniger aneinander vorbei, was nicht zuletzt ihr geschuldet war. Kein Wunder, dass er sich mehr und mehr zurückzog.
Mandy beschloss, ihn sofort in der Klinik anzurufen. Er war in der morgendlichen Teambesprechung, rief aber etwa eine Stunde später zurück.
»Ich dachte, wir könnten am Samstag endlich unseren Ausflug nachholen«, schlug Mandy betont fröhlich vor. »Wir könnten zum Beispiel zum Lake Granby fahren. Ich bereite ein leckeres Picknick vor, und dann tun wir nichts anderes, als uns zu erholen und das schöne Wetter zu genießen.«
»Hört sich verlockend an, aber leider, leider …« Clemens seufzte bedauernd. »Ich habe Dienst. Tut mir wirklich leid, Darling, aber wir werden den Ausflug noch eine Weile verschieben müssen.«
Eigentlich hätte Mandy enttäuscht sein müssen, aber das Gegenteil war der Fall.
»Och, das macht nichts!«, beteuerte sie. Zu spät wurde ihr bewusst, dass ihre Stimme beinahe euphorisch klang. »Ich meine, na ja, so ist das eben, wenn man mit einem Arzt zusammen ist. Du sagst ja immer, dass ich mich daran gewöhnen muss, dass bei dir der Beruf an erster Stelle steht.«
»Danke für dein Verständnis.« Clemens klang angenehm überrascht. »Ich habe am Freitag in zwei Wochen mein freies Wochenende. Vielleicht können wir dann etwas gemeinsam unternehmen?«
Mandy murmelte etwas von »Ja, ja, mal sehen«, wünschte Clemens noch einen schönen Tag und legte erleichtert auf.
Als Stacy-Joan gleich darauf mit der Post hereinkam, hatte Mandy das Telefonat schon vergessen.
12. Kapitel
Da Clemens Dienst hatte und Rudy im Best Lunch bediente, hatte Mandy am
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