Manhattan Projekt
spärlich beleuchteten Aufnahme in den dunklen Tiefen des Sees.
Das Bild stammte von einem ferngesteuerten Unterwasserfahrzeug, das Rentz gemietet hatte; es war mit der besten Unterwasserkamera ausgestattet, die es gab, und wurde von der Wasseroberfläche aus von einem erfahrenen Kameramann geführt. Rentz hatte nicht einen Moment lang geglaubt, daß in den Tiefen des Sees, den er so dringend brauchte, ein Monster oder Geister hausten. Aber irgend etwas hatte letzte Woche zwei seiner Taucher getötet, und er wollte den Teufel tun, noch einen hinunterzuschicken, bevor er nicht wußte, was sich dort abspielte.
Rentz beobachtete, wie der schwarze See auf dem Bildschirm zum Leben erwachte. Besorgt wartete er darauf, daß das, was auch immer seine Taucher getötet hatte, erschien.
»Noch nichts«, kommentierte Donovan.
»Das sehe ich. Wie lange war die ROV unten?«
»Ungefähr zehn Minuten, Sir.«
Rentz rückte näher an den Bildschirm. Plötzlich tauchte vor den ROV-Kameras ein schwarzer Schatten auf.
»Was zum Teufel …«
Gleich darauf wurde der Bildschirm leer, und das Signal war erloschen.
»Zurückspulen!« unterwies ihn Rentz. »Laß es in Zeitlupe ablaufen!«
Donovan tat, was ihm aufgetragen wurde. Aber auch in Zeitlupe konnte man nichts erkennen.
»Noch mal!« befahl Rentz.
Er sah sich den letzten Teil der Szene weitere fünf Mal an und kam jedesmal zu dem gleichen Schluß: irgend etwas hatte sich der ROV bemächtigt.
»Sie können da nicht hineingehen!«
Rentz wollte Donovan gerade sagen, daß er wieder zurückspulen sollte, als er den lautstarken Protest seiner Sekretärin hörte. Noch bevor er einen Gedanken fassen oder den Alarmknopf drücken konnte, sprang die Tür auf und ein Baum von einem Mann mit sonnengegerbtem Gesicht stürmte herein. Donovan wollte ihm den Weg abschneiden, wurde aber in die Luft gehoben und mit dem Gesicht voran gegen die Wand geworfen.
Der Mann trat in die Mitte des Raumes und blickte Rentz an.
»Zeit, daß wir miteinander reden«, sagte er ziemlich ruhig.
Rentz rollte wieder zurück hinter seinen Schreibtisch. »Hatten wir eine Verabredung, die ich vergessen habe?« Er versuchte unbemerkt nach dem Alarmknopf zu tasten. »Kenne ich Sie?«
»Nein, aber Sie kennen meine Tochter – Liz Halprin«, sagte dieser. »Mein Name ist Buck Torrey …«
14.
Als Buck Torrey in seinem Boot weggefahren war, fühlte sich Blaine einsam. Er war es gewohnt, allein zu sein, sein ganzes Leben war auf Alleinsein gegründet. Er durchstreifte zwar nicht die Wälder wie Johnny Wareagle, aber er hatte im Geiste die Alltagswelt schon vor langer Zeit verlassen. Das hier aber war etwas anderes. Die Geräusche am Wasser wurden plötzlich aufdringlich, es fehlte ihm ein Mensch in Rufweite, und so wurde das Gefühl des Alleinseins immer stärker.
Zwei Tage vergingen, und er stürzte sich immer mehr in sein Training in der Hoffnung, daß wenigstens die körperliche Erschöpfung ihn zum Einschlafen brachte. Aber er sorgte sich um Buck. Ein Gefühl des Unbehagens nagte an ihm wie ein Jucken, an das er nicht herankam.
Kaum hatte er das Knattern des Außenborders gehört, wußte er, daß etwas Schlimmes passiert war. Er sah das kleine Motorboot herankommen und erkannte den Sheriff, der ihn vier Wochen zuvor nach Condor Key gefahren hatte. Ein Einheimischer setzte ihn an Torreys Steg ab und lüftete zum Gruß seine verschwitzte Kappe.
Der Sheriff kletterte die Leiter zur Veranda hoch, sein Gesicht glich staubtrockenem Pergament. Blaine gefiel der Gesichtsausdruck des Mannes nicht. »Was ist passiert?« fragte Blaine.
»Es ist wegen Buck«, sagte der Sheriff, den Hut in der Hand. »Er wird vermißt.«
Blaine saß gemütlich auf der Veranda, Vögel und Grillen leisteten ihm willkommene Gesellschaft, Bucks Telefon immer in erreichbarer Nähe. Er spielte mit dem Ring an seiner Hand und überlegte, ob dies nur eine neue Übung war, ein weiteres Spiel, das Buck mit ihm spielte, um sicher zu sein, daß er für die Welt draußen wieder bereit war.
Doch irgendwie wußte er, daß es nicht so war. Buck war nach Virginia raufgefahren, um seiner Tochter zu helfen, und dort war ihm irgend etwas zugestoßen. Der Sheriff hatte ihm die Nummer eines Mannes gegeben, der auf seinen Anruf wartete.
Auf seinen Anruf wartete …
Weil Buck dem Mann Blaines Namen gegeben hatte, für den Fall, daß etwas schief ging. Und Buck hätte Blaine nie hineingezogen, wenn er nicht sicher war, daß Blaine meistern konnte, was
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