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Mann Ohne Makel

Titel: Mann Ohne Makel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Kopf. Er schaute Ossi misstrauisch an. Sein Gesicht stellte die Frage: Was soll denn dieser Blödsinn?
    »Ich hoffe, ich verstehe Sie falsch.«
    »Sie verstehen mich richtig.«
    »Ich habe Ihnen von Anfang an gesagt, Sie sollen Ihre Ermittlungen nicht gegen mich richten, sondern den Mörder stellen. Je länger ich über das nachdenke, was Sie andeuten, umso mehr glaube ich, dass es eine Frechheit ist. Falls Sie es vergessen haben sollten, meine Frau und zwei meiner Kinder sind tot, ich bin der Leidtragende. Ich bin kein Mörder, es sei denn, Sie behaupten, ich hätte sie alle umgebracht. Es würde mich nicht wundern, Sie kämen auch noch auf diese Idee.«
    »Das behaupten wir nicht«, sagte Carmen. »Wir gehen nur davon aus, dass Sie mehr über die Morde wissen, als Sie uns sagen. Das ist alles.«
    »Wie kommen Sie darauf?« Holler war wieder ruhig.
    »Wir nehmen an, dass es sich um einen Streit unter Maklern handelt. Sie haben sich Feinde gemacht durch ihre Geschäftspraktiken. Einer Ihrer Geschäftspartner fühlt sich über den Tisch gezogen. Er rastet aus, will sich rächen, und zwar so, dass er möglichst viel davon hat. Also bringt er nicht Sie um, sondern die Menschen, an denen Sie hängen. Jede andere Erklärung wäre geradezu esoterisch.«
    Holler blickte sie fragend an.
    »Sie allein wissen, wem Sie am meisten geschadet haben. Bevor einer aus Rache drei Menschen tötet, sendet er Signale. Er will, dass Sie spüren, wie stark Sie ihn verletzt haben. Und er will Ihren Schmerz erleben. Vielleicht haben Sie zu dem Zeitpunkt, als der Mann die Zeichen sandte, nicht darauf geachtet oder sie nicht als bedrohlich empfunden. Aber ich nehme Ihnen nicht ab, dass Sie nicht in den vergangenen Jahren jede Nacht darüber nachgedacht haben. Und dass Sie beim Nachdenken nicht wenigstens eine Idee bekommen haben, wer es sein könnte oder sein müsste. Wenn es so ist, dann sind Sie mitverantwortlich für jedes Verbrechen, das geschehen ist, seit Sie das erste Mal diese Signale verstanden.«
    Ossi fürchtete, Holler würde zornig werden. Aber er blieb ruhig. Er saß in seinem Sessel und blickte an die Decke. »So, Sie halten mich also für einen Mittäter.«
    »Nicht im strafrechtlichen Sinn«, sagte Ossi. »Aber Sie sind tiefer in die Sache verstrickt, als Sie es zugeben. Je länger Sie schweigen und unsere Ermittlungen erschweren, desto größer wird Ihr Schuldanteil. Das ist doch ganz einfach. Hatten Sie Enheim im Verdacht?«
    Holler lachte. »Ich sehe, worauf es hinausläuft. Sie wollen mir den Mord an Enheim anhängen. Wenn Sie so weitermachen, gebe ich bald eine Pressekonferenz. Die Leute sollen erfahren, wie man mit dem Leidtragenden des schlimmsten Verbrechens in Hamburg umgeht. Und was die Polizei tut, um den Mörder zu finden. Es reicht. Haben Sie noch eine Frage? Nicht dass Sie nachher wieder behaupten, ich hätte was zu verbergen.«
    »Sie haben meine Frage nicht beantwortet«, sagte Ossi.
    »Ja, was glauben Sie denn? Natürlich liege ich nachts wach und überlege, wer mir so etwas antut. Aber ich habe in all den Nächten den Mörder nicht gefunden. Und bisher dachte ich auch, dies wäre die Aufgabe der Polizei. Sie haben ja meine Bücher mitgenommen, da können Sie gleich nachsehen, wie viel Steuern ich bezahle, damit mir das nicht passiert, was mir passiert ist. Vielleicht gelingt es mir ja, den Mörder zu finden, nämlich dann, wenn er vor mir steht und mich auch umbringt. Darauf läuft es doch hinaus.«
    »Immerhin haben Sie sich für eine Variante entschieden«, sagte Carmen trocken.
    »Was meinen Sie damit?«
    »Das ist einfach. Sie glauben, der Mörder will Ihre gesamte Familie töten, Sie eingeschlossen. Es gibt noch andere Möglichkeiten.«
    »Ach ja.«
    »Ich halte zum Beispiel diese Variante für genauso wahrscheinlich: Der Mörder tötet Ihre Familie, ausgenommen Sie.«
    Holler holte schwer Luft. Ein Hauch von Rot wanderte über sein Gesicht. Am Hals sah man die Schlagader pochen. »Und ich bin der Hauptverdächtige.« Sarkasmus lag in seiner Stimme.
    »Keineswegs. Das ist eine Möglichkeit, die andere ist: Sie sollen getroffen werden, härter, als würde man Sie töten. Und Sie sollen für den Rest Ihres Lebens Angst haben, dass es Sie auch erwischt.« Sie sprach ruhig, fast gelassen. »Wir können Sie nicht für den Rest Ihres Lebens hundertprozentig schützen. Sie sollten sich im eigenen Interesse durchringen. Sagen Sie uns, was Sie überlegt haben. Sie wissen doch mehr als wir. Und Sie sagen es uns

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