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Manöver im Herbst

Manöver im Herbst

Titel: Manöver im Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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»Abstellen!« schrie er. »Abstellen!«
    Das Radio im Nebenzimmer schwieg. Die beiden Feldwebel, die dort saßen, sahen sich verwundert an.
    »Der Alte hat'n Stich«, flüsterte der eine.
    Hauptmann Schütze setzte sich erschöpft auf sein Bett. Sie jubeln, dachte er … und einer von ihnen hat Menschen wie Vieh zusammengetrieben, hat ein Mädchen zutiefst gedemütigt.
    Ob sie noch jubeln würden, wenn sie es alle wüßten?
    Er gab sich keine Antwort auf die Frage. Er wollte sie nicht geben. Es war zu grauenvoll, ja sagen zu müssen –

12
    Am gleichen Tage erschienen in der Grunewalder Wohnung des Hauptmanns Schütze drei SS-Führer.
    Sie schoben Amelia in die Diele zurück, als sie ihnen öffnete und hielten ihr ein Papier unter die Augen.
    »Befehl vom Reichssicherheitshauptamt. Haussuchung. Machen Sie keine Schwierigkeiten, sonst nehmen wir Sie gleich mit!«
    »Aber was soll das denn?« Amelia schob das Papier zur Seite. »Mein Mann ist nicht da … Und überhaupt, was hat die SS bei einem Hauptmann der Wehrmacht –«
    »Nun seien Sie mal ganz schön still, sonst kracht's!« schrie einer der SS-Führer. »Ihre Scheißwehrmacht geht uns einen Dreck an! Hier befiehlt der Reichsführer-SS! Und wenn Sie nicht sofort still sind, hauen wir Sie in die Fresse, verstanden?«
    Sie schoben Amelia gewaltsam zur Seite und gingen in die Wohnung, indem sie die Wohnzimmertür auftraten.
    Christian-Siegbert, der über einem Buche saß, sprang auf. Er hatte von der Diele her den Wortwechsel gehört, aber nicht darauf geachtet. Nun, da die Tür aufgetreten wurde, fuhr er den beiden SS-Leuten entgegen und stellte sich ihnen in den Weg.
    »Was unterstehen Sie sich?« rief er. »Mit welchem Recht dringen Sie hier ein und –«
    »Geh aus dem Weg, Knabe!« sagte der eine SS-Führer. »Kümmere dich nicht um Männersache.«
    »Ich stehe hier in Vertretung meines Vaters, des Hauptmanns –«
    Die SS-Schergen lachten. Sie sahen sich an, als wollten sie sich sagen: Sieh, das gibt es auch. Da sind welche, die noch nicht begriffen haben, daß die Welt anders aussieht.
    »Wenn du stehst –«, sagte der eine der SS-Männer wieder – »dem kann man abhelfen, Bursche –«
    Er trat ganz nahe an Christian-Siegbert heran, sah belustigt in das zorngerötete Gesicht des jungen Mannes … dann stieß er seine Faust schnell und zielsicher von unten her gegen das Kinn und schlug gleichzeitig mit der linken Faust in die Magengrube.
    Lautlos sackte Christian-Siegbert zusammen. Er fiel nach hinten gegen den Tisch, schlug mit dem Kopf auf die Tischkante und rollte dann auf den Teppich.
    Amelia schrie auf und stürzte zu ihm hin. Sie nahm seinen Kopf in ihre Hände und schüttelte ihn. »Christian!« schrie sie. »Christian! O Gott! O Gott!«
    »Mit dem unterhalten Sie sich mal weiter«, sagte der andere SS-Mann gemütlich. Dann gingen sie daran, die Wohnung zu untersuchen.
    Sie räumten den Schreibtisch Heinrich Emanuels aus und sichteten in aller Ruhe die Papiere. Blatt für Blatt.
    Amelia hatte unterdessen einen Arzt gerufen. Christian-Siegbert war noch immer ohne Besinnung, aus einer Platzwunde im Hinterkopf blutete er stark. Sein Hemdkragen, die Schultern, der Rücken, alles war von Blut durchtränkt. Amelia hatte ihn auf das Sofa geschleift und ein Frottiertuch über seinen blutenden Kopf gelegt.
    Als der Arzt eintraf, waren die beiden SS-Männer gerade dabei, eine Schublade des Schreibtisches aufzubrechen.
    Der Arzt fragte nicht viel. Er sah zu den schwarzen Uniformen hinüber, erfuhr aus den verzweifelten Blicken Amelias alles und behandelte den noch immer besinnungslosen Christian-Siegbert.
    »Er muß in ein Krankenhaus«, sagte er laut genug, daß es die beiden SS-Männer hörten. »Er muß genäht und geröntgt werden.«
    »Schreiben Sie einfach: Unfall.« Eine der schwarzen Gestalten unterbrach das Lesen. »Wir sind hier im Auftrag des Reichsführers SS. Ich glaube, das genügt Ihnen.«
    »Vollkommen. Aber ich werde als Arzt keine falsche Diagnose abgeben, auch nicht für den Reichsführer.«
    »Immer diese Schwierigkeiten.« Der SS-Führer betrachtete den Arzt wie einen unheilbaren Kranken. »Wollen Sie Ihre Praxis geschlossen bekommen?«
    »Ich glaube darüber entscheiden andere Stellen.«
    »Sie wissen nicht, was ein Boykott ist, was? Nach vierzehn Tagen können Sie Ihre Pillen selbst fressen und mit den Spritzen die Fenster putzen. Also machen Sie keinen Unsinn, – schreiben Sie auf die Einweisung ›Unfall durch plötzlichen

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