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Manöver im Herbst

Manöver im Herbst

Titel: Manöver im Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schütze scharf an.
    »Sie sind der Leutnantsvater?«
    »Ich darf mich so nennen«, antwortete Schütze stolz.
    »Dann zunächst meine Gratulation. Aus Ihrem Sohn wird etwas werden. Erst besiegt er den Kaiser, dann entführt er meine Tochter –«
    Franz Schütze fühlte es heiß unter seiner Hirnhaut werden. Er ging ins Wohnzimmer voraus, bot dem Baron einen Sessel an, holte einen reinen Doppelkorn aus einem Schrank und goß zwei Gläschen voll.
    »Den Kaiser besiegen? Wie soll ich das verstehen?«
    »Ach, Sie wissen es nicht? Von Kattowitz bis Breslau ist es bekannt. Ihr Heinrich Emanuel hat in einem Alleingang den Kaiser in Verlegenheit gebracht und bald die Manöverschlacht gewonnen. Ein Skandal, mein Bester. Ich habe mich köstlich amüsiert, auch wenn ich öffentlich mich entrüsten mußte.«
    »Da … davon weiß ich nichts«, stotterte Franz Schütze. Er trank schnell seinen Korn, ehe der Baron mithalten konnte, und wischte sich den Schnauzbart mit nervösem Zittern. »Kann daraus etwas entstehen?«
    »Aber nein. Er ist Leutnant geworden, Majestät war sehr wohlwollend, außerdem scheint mir, daß Ihr Sohn das Zeug in sich hat, sich durch die Befolgung von Befehlen in die Höhe zu dienen und mit der Achtung der Obrigkeit selbst an Achtung zu gewinnen. Was verlangt man auch mehr von einem guten, aufrechten Deutschen? Außerdem hat er meine Tochter gewonnen –«
    »Sie sind gekommen, Amelia zurückzuholen, Herr Baron?«
    »Man müßte sich über die Zukunftsaussichten unterhalten, Herr Schütze. Zurückholen? Kennen Sie die Perritz' schlecht. Alles, was wir tun, ist endgültig. Der einzige, der in langer Ahnenreihe zu Kompromissen neigt, bin ich. Aber auch nur, weil ich meine Tochter Amelia besonders liebe.«
    »Das kann ich verstehen«, sagte Franz Schütze. »Wenn Sie wüßten, wie sehr sich die Kinder lieben …«
    »Man wird nur nicht satt davon.«
    »Dafür ist gesorgt.« Oberinspektor Schütze goß die Gläser noch einmal voll. Er war stolz, das Folgende wohl akzentuiert sagen zu können: »Unsere Familie wird Heinrich Emanuel eine Einnahme von 500 Mark garantieren.«
    »Das kostet mich allein mein Turnierpferd … aber immerhin …« Freiherr v. Perritz kämmte mit gespreizten Fingern seinen Bart und sah freundlich auf Franz Schütze. »Ich sehe, daß meine Tochter Instinkt besitzt. Irgendwie freue ich mich, einen Blick in das gute Bürgertum tun zu können. Wir wollen einmal alles durchsprechen, lieber Herr Schütze …«
    Schlachtermeister Sulzmann wurde im Eiltempo geholt. Noch während Heinrich Emanuel und Amelia an der Oder promenierten, Arm in Arm, glücklich, jung, vorausdenkend und mutig, das harte Leben gemeinsam zu packen, wurde in der Schützschen Wohnung hart und verbittert gerungen. Vor allem Schlachtermeister Sulzmann, der Patriarch der Familie, war für Baron v. Perritz ein Gegner, der nicht einen Fingerbreit wich.
    »Sie haben ein Gut, Rennpferde, Schweine, Kühe, Felder, Wälder, Jagden, Diener und Landarbeiter und gute Kredite … Ich habe drei Metzgereifilialen, fünf Stadthäuser, Mieten, sechs Gesellen, vier Lehrlinge und ein gutes Bankkonto. Das alles steht hinter Heinrich Emanuel, meinem Lieblingsenkel. Wenn Sie Wert auf Titel legen, Herr Baron … ich bin bereit, mir den Kommerzienrattitel zu erkaufen. Ich kann's«, sagte Schlachtermeister Sulzmann überzeugend.
    »Ich zweifle nicht daran. Ich denke nur an das Glück meines Kindes.«
    »Daran zweifle ich wiederum nicht«, bekräftigte Franz Schütze die Familienargumente.
    Am Abend fuhr Freiherr v. Perritz mit dem Zug zurück nach Schweidnitz. Amelia und Heinrich Emanuel begleiteten ihn zum Bahnhof. Amelia hing glücklich im Arm ihres Vaters. Ihre Augen leuchteten, als seien sie geschliffen.
    Die Verlobung wurde eine Woche später bekanntgegeben.
    Hauptmann Stroy gratulierte schriftlich, nur mit einer Karte, ohne Blumen. Persönlich drückte er seinem Leutnant nicht die Hand. Mit der Karte war seine Höflichkeitspflicht erfüllt. Petermann frozzelte von einem doppelten Manöversieg, Leutnant Schütze ließ ihn reden, spendierte für das Offizierskorps einen Kasinoabend (den Großvater Sulzmann finanzierte und dafür auch die Wurst- und Fleischwaren lieferte) und begann sich eine kleine Wohnung für die Gründung des eigenen Hausstandes zu suchen.
    Mit hochrotem Kopf saß Heinrich Emanuel auf seiner Stube und studierte immer wieder den Befehl, den ihm Hauptmann Stroy mit der Bemerkung: »Majestät vergißt eben nicht so leicht«,

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