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Manöver im Herbst

Manöver im Herbst

Titel: Manöver im Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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seine Helden geweint, sondern war stolz auf sie.«
    »Ich verzichte auf Heldentum!« schrie Amelia. »Ich will dich behalten. Ich verfluche diesen ganzen Krieg. Was geht uns dieser Franz Ferdinand an? Wenn man dich erschossen hätte, würde es keinen Krieg gegeben haben.«
    »Mein Schäfchen.« Heinrich Emanuel sah über den zuckenden Kopf Amelias hinweg auf die Straße. Ein Zug der Nachbarkompanie marschierte durch die Stadt. Er ertrank fast in einem Blumenmeer. Es war ein herrliches, das Herz bis zum Halse schlagen lassendes Bild. So zogen einst die Germanen unter Arminius gegen die Römer, dachte Heinrich Emanuel stolz.
    »Das verstehst du nicht. Der Tod Franz Ferdinands ist nur ein willkommener Anlaß, die Großsprecherei von Deutschlands Neidern zu zerschlagen …«
    Amelia starrte ihren Mann an. »Ein – willkommener Anlaß … nennst du das? Euch ist willkommen, daß Tausende fallen, daß es Witwen und Waisen gibt, daß Tausende Mütter weinen. Das ist euch – willkommen?«
    »Es geht um höhere Ziele, als um die paar Gefallenen. Große Ziele erfordern große Einsätze. Die Weltgeschichte lehrt es uns. Was wäre Cäsar ohne seine Kriege gewesen? Hätte es einen Alexander den Großen gegeben, wenn –«
    »Ich will dich behalten!« schrie Amelia und umklammerte Schützes Schultern. »Dich! Nur dich! Was geht mich Cäsar an? Was eure Politik? Was eure Ziele! Frieden will ich … dich will ich … Kinder will ich einmal haben, von dir! Kein zurückgeschicktes Eisernes Kreuz und einen Brief, wie tapfer du gefallen seist! Was habe ich davon?!«
    »Du bis eine Offiziersfrau«, sagte Heinrich Emanuel steif. »Du wußtest, was es heißt. Du hast vor allen anderen Frauen Beispiel zu sein, wie ich es vor meinen Soldaten bin.« Er nahm einen Blumenstrauß aus der Vase, die hinter ihm stand, drückte ihn Amelia in die Hand und setzte seinen Helm auf. »So, und jetzt begleitest du mich zum Bahnhof. Es wird Zeit.«
    »Ich kann es nicht. Ich kann es nicht.« Sie warf die Blumen weg und schlug die Hände vors Gesicht. »Was geht uns Serbien an?«
    Heinrich Emanuel schnallte seinen Degen um. Im Flur des Hauses wartete sein Bursche mit dem Gepäck. In einer Stunde wurde die Kompanie verladen. Es wurde Zeit, zu gehen.
    Er bückte sich, hob den Blumenstrauß auf, steckte ihn Amelia unter die Achsel und ließ den Degen auf den Boden aufklirren.
    »Gehen wir. Reiß dich zusammen, Amelia. Denk' daran, daß es von deiner Haltung abhängt, wie meine Karriere wird. Der Krieg wird vielleicht mein Sprungbrett in den Generalstab sein. Ich habe für den Ernstfall eine taktische Schrift verfaßt. Sie ist bereits auf dem Weg zum Generalkommando …«
    Eine Stunde später stand Amelia Schütze mit Hunderten anderen Frauen auf dem Bahnsteig und winkte dem geschmückten Zug nach. Der Gesang der Soldaten hallte noch lange nach, als der Zug schon um eine Biegung verschwunden war. So, als solle man ihre Stimmen nicht vergessen … Stimmen, die irgendwo im Osten oder Westen verröcheln würden.
    Aus der Tiefe des russischen Raums marschierten die Millionen der zaristischen Truppen heran. Im Raume Mlawa-Ostrolenka-Lomscha gab es keinen Flecken ohne die erdbraunen Uniformen. Eine Welle des Schreckens wälzte sich auf die ostpreußische Grenze bei Masuren zu. Unermeßliches Leid lag in der Luft.
    Am 1. August 1914 hatte fast die halbe Welt Deutschland den Krieg erklärt. Der vom deutschen Generalstab gefürchtete ›Zwei-Fronten-Krieg‹ war bittere Wahrheit geworden. Das große Gespenst, das bisher nur in den Gehirnen gespukt hatte, nahm Gestalt an und wollte bezwungen werden: Wie kann man so große Truppenverbände reibungslos bewegen? Wie kann man eine so riesige Heermasse einheitlich leiten, wenn jeder Armeebefehlshaber praktisch eigene Befehlsgewalt hat? Wie kann man einen Nachschub nach allen Fronten stockungsfrei organisieren? Überall fehlte die technische Erfahrung. Bisher waren Kriege regional. Jetzt war der Krieg weltweit.
    Das Gespenst der Unfähigkeit hockte in allen Amtsstuben. Man verdeckte es durch Begeisterung und laute Reden. Der Kaiser sprach, der Kronprinz, der Kriegsminister, der Kanzler, die Armeeführer, die Obersten, die Hauptleute. Alle hielten vaterländische Reden. Auch Heinrich Emanuel.
    Er lag an der Marne, in einem kleinen Dorf bei Reims. Nicht an der Front, sondern hinten in Ruhe.
    Als die Schlacht begann, als die deutschen Truppen in einem Siegeslauf nach Frankreich hineinstießen, als sie die Vogesen eroberten und in

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