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Manöver im Herbst

Manöver im Herbst

Titel: Manöver im Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mitgebracht. Noch bevor Heinrich Emanuel in Breslau einlief, hatte der Oberstarzt entschieden, daß die Erfrierungen sehr gut ambulant behandelt werden konnten. Ein vierzehnpfündiger Knochenschinken wurde danach in einem Karton, auf dem ›Krankengeschichten. Archiv‹ stand, ins Haus des Oberstarztes getragen.
    Der Empfang war überwältigend. Amelia ging neben der Bahre her und hielt die dick verbundenen Hände Heinrich Emanuels. Das war der einzige Schönheitsfehler, über den der Transportarzt, der Oberleutnant Schütze freigab, sich den Kopf zerbrach: Wie kann ein Nichtgehfähiger, dessen Füße dick verbunden sind, ambulant behandelt werden? Er vergaß es aber bald, denn was der oberste Garnisonsarzt anordnet, entzog sich der Kritik eines kleinen Assistenzarztes.
    Es war rührend, wie die Familie geschlossen für den erfrorenen Krieger sorgte. Franz und Sophie Schütze, die Eltern, zogen mit nach Gut Perritzau, wohin man Heinrich Emanuel der besseren Pflege wegen gebracht hatte. Diese Übersiedlung war ein Meisterstück von Großvater Sulzmann. Er verbrauchte zwei Schweine und ein Viertel Rind, um Verlegungsgenehmigungen, Marschbefehle, Umänderungen der Diagnose und was alles damit verknüpft war, zu erreichen, und alles reibungslos zu organisieren.
    Heinrich Emanuel ging es nach weiteren acht Tagen blendend. Es war, als ob die süße, zärtliche Wärme seiner Frau Amelia seine Erfrierungen wegblies. Eng aneinandergeschmiegt, lagen sie bis in den späten Morgen, und wenn es dunkelte, wurde Heinrich Emanuel bereits unruhig und konnte den Beginn des nächtlichen Zusammenseins kaum noch erwarten. Aber auch die bisherige Blässe Amelias verschwand – ihr Gesicht wurde rosig, zufrieden, glänzend. Sie schwammen in einem Glück, dessen Vorhandensein sie wie ein Wunder betrachteten und das sie nicht störten durch den Gedanken, daß es einmal so plötzlich, wie es über sie gekommen war, auch aufhören würde.
    Um auf dem laufenden zu bleiben, hatte sich Heinrich Emanuel einen großen Sandkasten bauen lassen. Er stand, gefüllt mit immer knetfeucht gehaltenem Sand im großen Schlafzimmer vor dem Bett. Der Gutstischler hatte aus Lindenholz Figuren schnitzen müssen … Rechtecke, die Infanterie darstellend, Kreise, die Artillerie symbolisierend. Die einen Klötze wurden feldgrau, die anderen graublau gestrichen.
    Dann modellierte Heinrich Emanuel mit viel Geschick die Landschaft an Maas und Marne in den Sand, stellte seine Bataillone und Divisionen darstellenden Lindenklötze in das Gelände, so wie eine Grafik der Vossischen Zeitung die neuesten Stellungen veröffentlicht hatte.
    Von diesem Tage an begann auf Gut Perritzau der Krieg zum Mittelpunkt zu werden. Oberleutnant Schütze hielt anhand des täglichen Kommuniques seine taktischen Vorträge.
    Zuerst waren es Vater Schütze, Baron v. Perritz und ab und zu auch Großvater Sulzmann, die um den Sandkasten saßen, den neuesten Bericht des Oberkommandos in der Hand, und die begeistert oder kritisch im Sandkasten die Weiterentwicklung des Kampfes orakelten oder die verpaßten Möglichkeiten, die ihnen der gewonnene Weitblick vermittelte, aufzeigten und auf die Truppenführung schimpften.
    Bis spät in die Nacht hinein saßen sie oft um den Sandkasten und schoben die Divisionen hin und her. Das selige Kribbeln, das Heinrich Emanuel vordem empfand, wenn er an den Abend und Amelias warmen, weißen, anschmiegsamen Körper dachte, war einer vaterländischen Begeisterung gewichen. Er ließ Amelia jetzt oft lange warten und humpelte dann müde zum Bett, legte sich auf die Seite und schlief ein, im Traum noch erkennend, daß die 7. Division eine Chance verpaßt hatte und bis zum Wäldchen hätte vorpreschen müssen, um die Höhe 216 zu besetzen.
    Das taktische Zentrum auf Perritzau sprach sich bald herum. Aus Schweidnitz kamen zum Baron befreundete Offiziere. Pensionierte Obersten diskutierten bald lauthals um den Sandkasten und verteidigten ihre Pläne mit Clausewitz und Schlieffen und den Erinnerungen des alten York von Wartenburg. Es war bald so, daß jeden Abend, sicherlich aber bei der Herausgabe eines Extrablattes, das große Zimmer mit aktiven und pensionierten Offizieren gefüllt war, die um den Sandkasten standen, den Vortrag Heinrich Emanuels anhörten und dann ihrerseits ihre generalstäblerischen Fähigkeiten unter Beweis stellten.
    »Der Junge kommt in den Generalstab«, sagte nach solchen großen taktischen Abenden stolz Opa Kommerzienrat Sulzmann. »Der Krieg

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