Mansfield Park
und Sir Thomas kam zurück. Lady Bertram begann mit ihrem Bericht, und Fanny schlüpfte rasch aus dem Zimmer, denn zuzuhören, wie man mit ihrem Onkel über sie verhandelte, das ging über ihre Kraft. Sie war aufgeregt, vielleicht aufgeregter, als es dem Anlaß entsprach – denn was lag schließlich daran, ob sie ins Pfarrhaus ging oder nicht? Aber wenn ihr Onkel mit strenger Miene lange überlegen und abwägen und zu guter Letzt, den Blick ernst auf sie gerichtet, gegen sie entscheiden würde, dann – ja dann, fürchtete sie, wäre sie am Ende nicht imstande, so fügsam und gleichmütig zu erscheinen, wie es sich für sie ziemte … Inzwischen stand es drinnen nicht schlecht um ihre Sache. Lady Bertram hatte begonnen: «Ich muß dir etwas sagen, was dich sehr überraschen wird. Mrs. Grant hat Fanny zum Essen eingeladen.»
«Nun und?» sagte Sir Thomas, als warte er noch auf die eigentliche Überraschung.
«Edmund möchte, daß sie hingeht. Aber wie soll ich ohne sie auskommen?»
«Sie wird sich verspäten», bemerkte Sir Thomas, indem er seine Uhr zog. «Aber worin besteht deine Schwierigkeit?»
Edmund sah sich veranlaßt, das Wort zu ergreifen und die Lücken im Bericht seiner Mutter auszufüllen. Er erklärte alles, und sie brauchte nur hinzuzusetzen: «So merkwürdig! Mrs. Grant hat sie doch noch nie eingeladen.»
«Aber ist es nicht ganz natürlich», sagte Edmund, «daß Mrs. Grant ihrer Schwester eine so passende Gesellschaft zu verschaffen wünscht?»
«Durchaus natürlich», entschied Sir Thomas nach kurzer Überlegung, «und auch wenn keine Schwester im Spiele wäre, könnte nichts natürlicher sein. Daß Mrs. Grant sich Miss Price, der Nichte Lady Bertrams, gegenüber höflich zu zeigen wünscht, bedarf keiner weiteren Begründung. Ich bin höchstens überrascht, daß es erst jetzt geschieht. Fanny hatte ganz recht, nur eine bedingte Zusage zu geben, das beweist ihr richtiges Gefühl. Aber da ich annehme, daß sie gerne hingeht, weil ja alle jungen Menschen gern mit ihresgleichen zusammenkommen, sehe ich keinen Grund, warum man es ihr nicht gestatten sollte.»
«Aber kann ich sie entbehren, Sir Thomas?»
«Doch, das glaube ich sicher.»
«Sie macht immer den Tee, weißt du, wenn meine Schwester nicht hier ist.»
«Deine Schwester wird sich wohl bewegen lassen, den Tag bei uns zu verbringen, und ich bin bestimmt zu Hause.»
«Gut. Dann kann Fanny also gehen, Edmund.»
Die gute Nachricht erreichte Fanny bald. Edmund klopfte auf dem Weg in sein Zimmer an ihre Tür.
«Fanny, es ist alles in Ordnung, und ohne das mindeste Bedenken von Seiten meines Vaters. Er hat sofort bestimmt, daß du gehen sollst.»
«Danke, Edmund! Ich bin so froh!» antwortete Fanny instinktiv. Doch als sie die Tür hinter ihm geschlossen hatte, fragte sie sich unwillkürlich: «Worauf freue ich mich eigentlich? Weiß ich denn nicht ganz sicher, daß ich dort irgend etwas sehen oder hören werde, das mir wehtut?»
Und dennoch freute sie sich. Wie einfach eine solche Vergnügung auch anderen Leuten erscheinen mochte, für Fanny war es ein neuartiges, bedeutsames Ereignis. Bis auf den Tag in Sotherton hatte sie kaum jemals außer Haus gespeist. Und wenn sie auch nur eine halbe Meile weit gehen und bloß drei Leute treffen sollte, so war es doch eine richtige DinnerEinladung, und die kleinen Vorbereitungen, die es brauchte, waren an sich schon ein Vergnügen. Sie fand weder Anteilnahme noch Beistand bei denen, deren Pflicht es gewesen wäre, mit ihr zu empfinden und sie zu beraten. Lady Bertram kam es nie in den Sinn, daß sie jemandem helfen könnte, und Mrs. Norris, die sich über Sir Thomas’ persönliche Aufforderung am nächsten Tag einstellte, war sehr übler Laune und schien es nur darauf anzulegen, ihrer Nichte nachhaltig und gründlich die Freude zu verderben.
«Na, ich kann sagen, Fanny, du hast unverdientes Glück! Eine solche Vergünstigung! Du mußt Mrs. Grant sehr dankbar sein, daß sie an dich gedacht hat, und ebenso deiner Tante, die dich gehen läßt. Natürlich ist das als eine ganz große Ausnahme anzusehen, denn du bist dir hoffentlich bewußt, daß du keinen Anspruch darauf hast, in Gesellschaft zu gehen und gar noch auswärts zu speisen. Du darfst nicht damit rechnen, daß sich so etwas jemals wiederholen. könnte, und dir nicht etwa einbilden, die Einladung bedeute eine Artigkeit gegen dich persönlich; nein, die Artigkeit gilt deinem Onkel und deiner Tante und mir. Mrs. Grant fühlt sich uns gegenüber
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