Mansfield Park
in einigen Wochen ordiniert wird. Sie haben schon im Eßzimmer von nichts anderem gesprochen. Es freut mich, daß Bertram es so gut trifft. Wie ich höre, wird er ohne große Müh und Plage ein Einkommen von nicht weniger als siebenhundert Pfund beziehen. Das ist für einen jüngeren Sohn gar nicht schlecht. Und da er natürlich weiterhin zu Hause leben wird, bleibt ihm das Ganze für seine menus plaisirs. Eine Predigt zu Weihnachten und eine zu Ostern – mehr wird er dafür nicht zu leisten haben.»
Seine Schwester lachte, um ihre Betroffenheit zu verbergen, und sagte: «Es amüsiert mich immer, wie großzügig jeder Mensch die Finanzen der Leute regelt, die viel weniger haben als er selber. Du würdest ziemlich verdutzt dreinschauen, Henry, wenn deine menus plaisirs auf siebenhundert im Jahr beschränkt wären.»
«Möglich. Aber auf diesem Gebiet ist bekanntlich alles relativ. Geburtsrecht und Gewohnheit bilden da den einzigen Maßstab. Für einen jüngeren Sohn aus einer Baronet-Familie kommt Bertram jedenfalls sehr gut weg. Mit vier-oder fünfundzwanzig Jahren wird er über siebenhundert Pfund im Jahr verfügen, ohne dafür ein Opfer zu bringen.»
Darauf hätte Miss Crawford erwidern können, daß Edmund zumindest ein Opfer bringen müßte, das sie nicht gering einschätzen konnte. Doch sie schwieg, und als gleich darauf die beiden Herren herantraten, gab sie sich Mühe, ganz gleichgültig und unbekümmert dreinzuschauen.
«Bertram», sagte Henry Crawford, «ich werde eigens nach Mansfield kommen, um Ihre erste Predigt anzuhören. Einen Anfänger muß man fördern. Wann soll es sein? Miss Price, wollen Sie sich diesem löblichen Vorhaben nicht anschließen? Wollen Sie nicht versprechen, artig dazusitzen – wie ich es tun werde – und an seinen Lippen zu hängen, um keines seiner goldenen Worte zu verlieren – oder zumindest den Blick nur abzuwenden, um einen besonders ergreifenden Satz zu notieren? Wir werden uns mit Schreibtafel und Stift ausrüsten. Wann wird es so weit sein, Bertram? Sie werden natürlich in Mansfield predigen, damit Sir Thomas und Lady Bertram Sie hören können.»
«Sie werde ich jedenfalls fernzuhalten suchen, solange es geht, Crawford», sagte Edmund.
«Sie wollen mich ja nur aus dem Konzept bringen – und es gibt kaum einen anderen Menschen, den ich so ungern bei diesem Versuch beobachten würde wie Sie.»
Macht das nicht wenigstens Eindruck auf ihn? dachte Fanny. Nein, er versteht es nicht einmal.
Da die Gesellschaft jetzt vereint war und die Hauptredner einander in Beschlag nahmen, ließ man sie in Ruhe. Nach dem Tee gab es eine Whistpartie, die Mrs. Grant als aufmerksame Gattin ihrem Mann zuliebe arrangierte, was aber niemand merken sollte. Miss Crawford setzte sich an ihre Harfe, und Fanny brauchte nichts zu tun, als zuzuhören. Sie blieb den ganzen weiteren Abend lang ungestört, außer wenn Mr. Crawford ab und zu eine Frage oder Bemerkung an sie richtete, die sie wohl oder übel beantworten mußte. Miss Crawford war durch das vorangegangene Gespräch so tief verstimmt, daß sie in der Musik Zuflucht suchte, um ihre Freundin zu unterhalten und sich selbst zu beruhigen.
Die Gewißheit, daß Edmund so bald den unwiderruflichen Schritt tun würde, hatte sie wie ein Schlag getroffen. Sie hatte wohl gewußt, daß dieser Schlag zu erwarten war, sich aber immer eingeredet, daß er nicht oder wenigstens noch sehr lange nicht fallen würde. Jetzt war sie sehr böse auf Edmund. Sie hatte ihren Einfluß für mächtiger gehalten. Ja, sie mußte es sich eingestehen, sie hatte begonnen, mit großem Interesse, beinahe mit ganz ernsten Absichten an Edmund zu denken – aber von nun an wollte sie ihm ebenso kühl begegnen wie er ihr. Es war ja klar, daß es ihm nicht ernst war, daß ihm nicht wirklich an ihr lag, sonst hätte er sich nicht einem Stand verpflichtet, zu dem sie, das mußte er wissen, sich niemals herablassen würde. Aber sie würde es lernen, seine Gleichgültigkeit mit Gleichgültigkeit zu erwidern, und sich seine Aufmerksamkeiten gefallen lassen, ohne mehr darin zu suchen als einen flüchtigen Zeitvertreib. Wenn er imstande war, seiner Neigung mit solcher Leichtigkeit zu gebieten, so sollte es an ihr nicht fehlen.
24. Kapitel
Am nächsten Morgen stand Henry Crawfords Entschluß fest, Mansfield noch zwei Wochen seiner Zeit zu schenken. Er schickte um seine Jagdpferde und schrieb seinem Onkel ein paar erklärende Zeilen. Während er dann den Brief siegelte und beiseite warf,
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