Mansfield Park
Nachsicht. William war ihr Stolz, Betsey ihr Liebling; John, Richard, Sam, Tom und Charles nahmen mit den Sorgen und Freuden, die sie ihr abwechselnd machten, den ganzen Rest ihrer Mutterliebe in Anspruch. Sie teilten sich in ihr Herz. Ihre Zeit widmete sie hauptsächlich dem Haushalt und den Dienstmädchen. Sie verbrachte ihre Tage in einer Art träger Hasterei; stets hetzte sie sich mit einer Arbeit ab, ohne weiterzukommen, sie war ewig im Rückstand und klagte laut darüber, ohne doch die Dinge systematischer anzupacken. Sie suchte zu sparen, aber ohne Plan und Regel; sie schalt auf ihre Dienstmädchen, verstand es jedoch nicht, sie besser zu erziehen, und ob sie ihnen half oder sie ausschimpfte oder sich alles von ihnen gefallen ließ, vermochte sie nicht, sich Respekt zu verschaffen.
Mrs. Price hatte viel mehr Ähnlichkeit mit Lady Bertram als mit ihrer anderen Schwester. Sie war haushälterisch aus Not, ohne etwas von Mrs. Norris’ häuslichen Neigungen oder ihrer Aktivität zu besitzen. Von Natur aus war sie träge und nachlässig wie Lady Bertram, und ein ähnliches Dasein in Reichtum und Nichtstun hätte ihrer Veranlagung weit besser entsprochen als die Mühen und Opfer, die ihre unvernünftige Heirat ihr auferlegt hatte. Sie hätte sich als vornehme Dame vielleicht ebensogut gemacht wie Lady Bertram, aber Mrs. Norris hätte eine respektablere Mutter von neun Kindern (ohne genügendes Einkommen) abgegeben.
Fanny konnte nicht umhin, dies alles zu empfinden. Sie scheute sich vielleicht, es in Worte zu fassen, aber sie sah, daß ihre Mutter als Erzieherin parteiisch und unvernünftig, als Hausfrau untüchtig und schlampig war. Sie brachte ihren Kindern weder Kenntnisse noch Manieren bei, ihr Haushalt war von oben bis unten nichts als Mißwirtschaft und Ungemütlichkeit. Sie besaß keine Talente, keine Konversation, nichts zog sie zu ihrer Tochter hin. Es interessierte sie nicht, sie näher kennenzulernen oder ihre Freundschaft zu gewinnen, sie empfand kein Bedürfnis nach ihrer Gesellschaft. Es gab einfach nichts, was Fannys Enttäuschung hätte mildern können.
Fanny war ängstlich, bemüht, sich nützlich zu machen und ja nicht den Anschein zu erwecken, als blicke sie auf ihr Elternhaus herab und sei dank ihrer feineren Erziehung irgendwie unfähig oder unwillig, nach Kräften mitzuhelfen. Sie machte sich unverzüglich daran, an Sams Aussteuer zu arbeiten, und indem sie mit großem Fleiß von früh bis spät schaffte, brachte sie es dahin, daß der Junge sich schließlich mit mehr als der Hälfte seiner Hemden einschiffen konnte. Es machte ihr große Freude, zu helfen, aber wie es ohne sie gegangen wäre, vermochte sie sich nicht vorzustellen.
So flegelhaft und großmäulig Sam sich benahm, tat es ihr doch leid, daß er fortging, denn er war gescheit und anstellig und ließ sich gern zu Besorgungen in der Stadt gebrauchen. Susans Erziehungsversuche schüttelte er verächtlich ab, da sie, obzwar an sich ganz richtig und vernünftig, meist im unpassendsten Moment und mit unnötiger Heftigkeit unternommen wurden; hingegen begannen Fannys Hilfsbereitschaft und sanftes Zureden ihn merklich zu beeinflussen. Sie stellte seufzend fest, daß mit ihm der beste der drei jüngeren Brüder verschwand, denn Tom und Charles waren mindestens um so viele Jahre, als sie jünger waren, von dem Alter entfernt, in dem Vernunft und Gefühl einem Burschen allmählich nahelegen, sich weniger unangenehm zu gebärden. Fanny gab es bald auf, auch nur den kleinsten Eindruck auf sie zu machen. Sie waren jedem Bändigungsversuch, der in ihrer Macht stand, vollkommen unzugänglich. An jedem Nachmittag tobten sie wie die Wilden im ganzen Haus herum, und sie lernte sehr rasch, nur mit Seufzen an das Herannahen des schulfreien Samstags zu denken.
Auch an der Möglichkeit, Betsey liebzugewinnen oder ihr etwas beizubringen, wollte sie schier verzagen. Das kleine Mädchen war maßlos verwöhnt. Ihre Mutter hatte sie dazu erzogen, das ABC-Buch als ihren größten Feind zu betrachten; sie überließ sie der Gesellschaft der Dienstmädchen und ermunterte sie dann dazu, diese zu verklatschen. Und was Susans Charakter betraf, hegte Fanny viele Zweifel. Ihre ständigen Meinungsverschiedenheiten mit der Mutter, ihre hitzigen Zänkereien mit Tom und Charles, ihre Ungeduld Betsey gegenüber bedrückten Fanny sehr; und obwohl sie zugeben mußte, daß mildernde Umstände vorlagen, fürchtete sie doch, daß ein so reizbares Temperament sich im Leben
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