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Manta 01 - Omnivor

Manta 01 - Omnivor

Titel: Manta 01 - Omnivor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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verschwindet?« fragte sie. »Aber der Pinsel ist noch langsamer«, beharrte der namenlose Kritiker. »Nicht für mich!« Sie meinte damit, daß sie einen Bildeindruck in ihrem Kopf festhalten und akkurat nachmalen konnte, bevor er verblich, aber das verstanden sie nicht.
    Nein, der Pinsel kannte keine Grenzen, genauso wie der Geist keine Grenzen kannte. Deshalb konnte er niemals durch maschinelle Prozesse ersetzt werden. Nicht an den Grenzen der Zivilisation. Genauso wie der Mensch niemals dort, wo es darauf ankam, durch Automation abgelöst werden konnte. Maschinen und Maschinengehirne hatten versucht, Nacre zu enträtseln, aber die heimtückischen Pilze und Schimmelgewächse hatten sie zum Schweigen gebracht, während die Forscherkolonisten litten und starben.
    »Du paßt zu deinen Gemälden«, sagte Cal ernsthaft.
    Aquilon wandte sich von ihm ab, übermannt von einem Gefühl, das sie nicht verstehen konnte.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Ich wollte dich nicht verletzen. Du und dein Werk, ihr seid sehr anmutig. Kein Mensch könnte eins von beiden betrachten, ohne darauf zu reagieren.«
    Sie legte ihr Bild zur Seite, blickte aber weiterhin über den Rand des Plateaus hinweg. Es gab dort nichts zu sehen. Man konnte leicht glauben, daß es keinen Abgrund gab, sondern nur einen himmlischen Vorhang, der das Plateau einhüllte. Und natürlich gab es keine Sterne. „
    »Liebst du mich?« fragte sie zu ihrer eigenen Überraschung.
    »Ich fürchte, ja.«
    »Das ist der wahre Grund, aus dem du mitgekommen bist - im Traktor.«
    Er leugnete es nicht.
    Sie sah ihn wieder an und wußte dabei, daß ihr Gesicht jetzt nicht mehr war als ein blasser Fleck, der von ihrem Haar überschattet wurde. Die Pilze am Rand ihres kleinen Lagers strahlten Licht aus, und sanfte Pastellfarben glänzten in dem Schweigen ringsum - rot, gelb, blau und grün. Sie wünschte, daß sie sich dessen schon bewußt gewesen wäre, bevor sie ihr Gemälde weggelegt hatte. Aber vermutlich trat der Effekt erst auf, wenn die Dunkelheit vollständig geworden war. Die Farben schienen Helligkeit zu verbreiten, taten es aber nicht. Cal war nur als etwas Dunkles sichtbar, das den dekorativen Hintergrund verdeckte.
    »Cal«, flüsterte sie, wobei sie wie ein verängstigtes kleines Mädchen klang. »Cal, würdest du mich auch lieben, wenn ich nicht schön wäre?«
    »Ich würde dich lieben.«
    Sie ging zu ihm, fand seine Hände und hielt sie zwischen den ihren.
    »Als ich sechs war«, sagte sie, »war ich hübsch. Dann kam der Virus. Ich war nur einen Tag lang krank, aber danach. Ich wußte nicht einmal.«
    »Die Krankheit unserer Zeit«, murmelte Cal. »Eine schreckliche Schönheit ist geboren.«
    »Ich. ich dachte, ich würde lächeln«, sagte sie. »Und sie schrien. Immer wenn ich glücklich war, schlugen sie mich, und ich wußte nicht, warum. Ich mußte lernen, niemals zu lächeln.« Sie holte Luft. »Und sie.
    sie nannten mich nach dem Nordwestwind, dem kalten Nordwind.«
    Er streichelte ihr Haar. »Das war Grausamkeit.«
    »Sie wußten Bescheid, während ich ganz verwirrt war.«
    »>Den Besten mangelt es an jedweder Überzeugung, während die Schlechtesten voll sind von leidenschaftlicher Heftigkeit. < Vergib mir, daß ich auf die Literatur zurückgreife, Quilon, aber ich kann es nicht besser sagen als William Butler Yeats. Es gibt zuviel Kummer in unserem Dasein.«
    »Ich will nicht William Butler Yeats«, funkelte sie ihn an. »Ich will dich.«
    »Und doch würdest du mich verändern«, machte er ihr sanft klar.
    Sie beugte den Kopf, so daß ihr blondes Haar auch den Rest ihres Gesichts verdeckte, das vielleicht noch sichtbar sein mochte, und hielt noch immer eine seiner Hände fest. »Wir sind verschieden, du und ich und Veg. Wir sehen ganz. normal aus, aber wir sind es nicht. Wir sind hin und her gerissen, verängstigt und sehr allein.«
    »Das ist eine Halb Wahrheit, Quilon. Wir.«
    Sie lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter und vergaß seine Schwäche. »Ich habe mir das nie vor Augen geführt. Daß es andere gibt. Wir brauchen einander, Cal, weil wir selbst nur halbe Menschen sind. Du hast nicht das Recht zu sterben, nicht von dir aus, was auch immer dir zugestoßen ist.«
    Plötzlich und überraschend schluchzte sie.
    Cal legte die Arme um sie, lehnte sich zurück gegen den Felsen und die nachgiebigen Schimmelpilze, die daran hafteten, und fuhr fort, ihr weiches Haar zu streicheln. Sein Verhalten zeigte, daß er sich getroffen fühlte, aber resigniert

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