Mantel, Hilary
Seine Augen sind rot, und ein Hauch
von schalem Erbrochenen legt nahe, dass er den Bemühungen seiner Leute, ihn
abzuschrubben, widerstanden hat. Der König kommt herein. Es ist ein warmer
Tag, und er trägt Seide in blassen Farben. Rubine wölben sich an seinen
Fingerknöcheln wie Blutblasen. Er setzt sich auf seinen Platz. Er heftet seinen
ausdruckslosen blauen Blick auf Harry Percy.
Thomas Audley —
vertretungsweise Lordkanzler - führt den Earl durch seine Dementis. Ein
formelles Eheversprechen? Nein. Sonstige Versprechen irgendwelcher Art?
Leibliches - ich bedaure so sehr, das erwähnen zu müssen - Beiwohnen? Auf
meine Ehre, nein, nein und nein.
»So traurig es ist, wir
brauchen mehr als Ihr Ehrenwort«, sagt der König. »Die Dinge sind zu weit
gegangen, Mylord.«
Harry Percy sieht aus, als
wäre er von Panik überwältigt. »Was muss ich denn sonst noch tun?«
Er sagt leise: »Gehen Sie zu
seiner Gnaden von Canterbury, Mylord. Er wird Ihnen das Buch hinhalten.«
Das ist es jedenfalls, was der
alte Mann zu tun versucht. Monseigneur will ihm helfen, aber Warham schlägt
seine Hände weg. Er greift nach der Tischkante, das Tuch verrutscht, und hievt
sich auf die Füße. »Harry Percy, Sie haben sich in dieser Angelegenheit gedreht
und gewendet, Sie haben es behauptet, es abgestritten, es behauptet, und jetzt
hat man Sie hergebracht, um es noch einmal abzustreiten, aber dieses Mal nicht
nur im Angesicht von Menschen. Nun ... werden Sie Ihre Hand auf diese Bibel
legen und vor mir und in der Gegenwart des Königs und seines Rates schwören,
dass Sie Lady Anne nicht unrechtmäßig erkannt haben und dass Sie keinen
Ehevertrag mit ihr geschlossen haben?«
Harry Percy reibt sich die
Augen. Er streckt die Hand aus. Seine Stimme zittert. »Ich schwöre es.«
»Das wäre erledigt«, sagt der
Herzog von Norfolk. »Man fragt sich, wie die ganze Sache überhaupt in die Welt
gekommen ist.« Er geht zu Harry Percy und ergreift seinen Ellenbogen. »Wir
werden nichts mehr davon hören, Junge?«
Der König sagt: »Howard, Sie
haben gehört, wie er seinen Eid abgelegt hat, belästigen Sie ihn jetzt nicht
mehr. Einige der Anwesenden sollen dem Erzbischof helfen. Sie sehen ja, dass
es ihm nicht gut geht.« In besänftigter Stimmung lächelt er in die Runde seiner
Ratgeber. »Meine Herren, wir gehen in meine private Kapelle und sind Zeugen,
wenn Harry Percy das heilige Abendmahl empfängt, um seinen Eid zu besiegeln.
Dann werden Lady Anne und ich den Nachmittag mit Besinnung und Gebet
verbringen. Ich möchte nicht gestört werden.«
Warham schlurft zum König.
»Winchester kleidet sich an, um die Messe für Sie zu lesen. Ich kehre in meine
Diözese zurück.« Henry murmelt etwas und beugt sich hinunter, um seinen Ring zu
küssen. »Henry«, sagt der Erzbischof, »ich habe gesehen, wie Sie an Ihrem Hof
und im Rat Personen befördert haben, deren Prinzipien und Moral einer
Überprüfung kaum standhalten würden. Ich habe gesehen, wie Sie zum Kummer und
Entsetzen christlicher Menschen Ihren eigenen Willen und Appetit vergöttlicht
haben. Ich habe mich loyal verhalten, bis an die Grenze der Verletzung meines
eigenen Gewissens. Ich habe viel für Sie getan, jetzt aber habe ich das Letzte
getan, was ich je tun werde.«
In Austin Friars wartet Rafe auf ihn. »Ja?«
»Ja.«
»Und jetzt?«
»Jetzt kann Harry Percy sich
noch mehr Geld leihen und sich langsam ruinieren. Ein Vorgang, den ich ihm mit
Freude erleichtern werde.« Er setzt sich. »Ich denke, eines Tages werde ich
ihm seine Grafschaft abnehmen.«
»Wie wollen Sie das tun, Sir?«
Er zuckt mit den Achseln: weiß nicht. »Sie würden nicht wollen, dass die
Howards in den Grenzgebieten noch mehr Einfluss gewinnen, als sie jetzt schon
haben.«
»Nein. Nein, wahrscheinlich
nicht.« Er grübelt. »Kannst du die Papiere über Warhams Prophetin heraussuchen?«
Während er wartet, öffnet er
das Fenster und sieht in den Garten hinaus. Das Rosa der Rosen in seinen
Lauben ist von der Sonne ausgeblichen. Mary Talbot tut mir leid, denkt er; ihr
Leben wird nach alldem nicht leichter werden. Ein paar Tage lang, nur ein paar
Tage, haben alle am Hofe des Königs nur über sie gesprochen und nicht über
Anne. Er denkt daran, wie Harry Percy hereinspaziert ist, um den Kardinal zu
verhaften, die Schlüssel in der Hand: die Wachen, die er rund um das Bett des
sterbenden Mannes aufgestellt hat.
Er lehnt sich aus dem Fenster.
Ich frage mich, ob es möglich wäre, Pfirsichbäume
Weitere Kostenlose Bücher