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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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Kontrolle über uns ausübten. Wir sind nicht hier, um für sie zu arbeiten, wir sind hier, um uns zu befreien.«
    »Ach ja, richtig, Ihr Kreuzzug«, erwiderte Desanto. »Trotzdem sind wir hier in einen Bunker eingesperrt, ohne Kontakt nach draußen und ohne Fluchtweg. Nicht mal einen Brief können wir abschicken. Ihren Worten nach gehört das auch zu Ihrem Plan?«
    »Gibt es hier keine Wanzen?« Khan ließ den Blick über die Wände und die Deckenverkleidung schweifen. »Und wenn nicht, warum nicht?«
    »Hier wimmelt es von Wanzen«, versicherte ihr Guskow, »die wir alle im Laufe der letzten paar Tage unschädlich gemacht haben. Ohne Zweifel wird man sich darüber beschweren, aber in Anbetracht der Situation kann man sie nicht ersetzen.« Er war froh, dass sie wenigstens innerhalb der Anlage offen sprechen konnten. »Das war außerdem eine Bedingung dafür, dass ich die Vereinigten Staaten weiterhin unterstütze.«
    »Warum? Wollen Sie wieder überlaufen?«
    »Nur noch einmal«, gelobte er ihr. »Aber wir haben ja nichts mehr zu trinken. Holen wir uns doch noch etwas.«
    Die Gruppe teilte sich und durchstöberte unter beiläufigen Bemerkungen und mit allen Anzeichen der Erleichterung die Küche. Nur Kropotkin blieb bei Guskow zurück und berührte ihn am Arm.
    »Sie sind sich sehr sicher«, sagte er. »Warum trauen Sie den Amerikanern? Sie könnten von überall mithören.«
    »Weil«, entgegnete Guskow, »sie genau wissen, dass ich über die Produktionsmittel für eine NervePath-Freisetzung in globalem Maßstab verfüge und sie nicht. Sie glauben gern, dass ihre Überwachung lückenlos sei, aber sie wissen, dass wir nicht dumm sind. Ich traue ihnen nicht, sie trauen mir nicht, aber sie werden nichts gegen uns unternehmen, bevor sie sichergestellt haben, dass das Produkt auch ohne unsere Hilfe lebensfähig ist, und bis dahin können sie sich ihre Meinung, ob sie nun zuhören oder nicht, sonst wohin stecken. Vielleicht kennen sie den ganzen Plan, aber das ändert nichts daran, dass Amerika uns im Augenblick noch braucht.«
    »Das kommt Ihren üblichen Sicherheitsmaßnahmen und Ideen nicht einmal nahe«, sagte Kropotkin und klopfte Guskow lächelnd auf die Schulter. »Ich sehe, dass Sie im Grunde genauso sind wie wir alle.«
    Guskow ließ ihn ausreden. Er hatte lange Zeit mit Kropotkin zusammengearbeitet, länger als mit irgendjemandem sonst. Schon in den frühen Neunzigerjahren hatten sie in Deutschland, als sie in der gleichen Abteilung in Berlin forschten, die ersten Anzeichen einer Entwicklung erkannt, die zu Mappa Mundi führen konnte. Nun erwachten ihre Ideen langsam zum Leben, und ihr Leben ging gleichzeitig dem Ende entgegen. Er war sich sicher, dass Kropotkin eine wichtige Feststellung zu machen hatte, spitzzüngig und präzis.
    Er wurde nicht enttäuscht. »Wie Sie?«
    »Ja. Wir alle pissen mal gegen den Wind.« Kropotkin lachte asthmatisch und hustete kurz. »Wenigstens ist das Spielfeld eben. Das gefällt mir. Es wird interessant sein zu beobachten, was geschieht, auch wenn keiner von uns Ihnen je vergeben kann.«
    »Vergebung ist nicht erforderlich«, sagte Guskow. »Ihr Dank wird meine Belohnung sein, der Tag, an dem diese ganze Geheimhaltung, die vielen Lügen und Täuschungen und Ungerechtigkeiten endlich ihr Ende finden.«
    »Ja, sicher«, sagte Kropotkin. »Und ich klebe meinen Dank an das Hinterteil eines fliegenden Schweins.« Er nahm die Brille ab und wischte sie mit einem weichen Tuch aus seiner Tasche sauber, dann setzte er sie sorgfältig wieder auf. »Sie glauben, alle Menschen wären wie Sie. Das sind sie nicht.«
    »Das kommt schon noch.«
    Kropotkin beachtete seine Antwort nicht. »Sie wissen, dass dieser Armstrong-Zwischenfall alles verändert hat. Sie müssen sie vor den anderen finden. Sie müssen Natalie Armstrong auf unsere Seite ziehen.«
    Guskow seufzte schwer. »Ich fürchte, das habe ich nicht mehr in der Hand.«
    »Dann beten Sie«, entgegnete Kropotkin. Er blickte durch die Luke in die Küche, zwischen deren Wänden aus blitzendem rostfreiem Stahl sich die anderen einander vorsichtig aus dem Weg gingen. »Denn wenn Sie Recht haben, was Natalie Armstrong und Patient X angeht, dann verfügen Sie mit Mappa Mundi allein noch längst nicht über so viel Macht, wie Sie glauben.«
    Guskow beobachtete die anderen ebenfalls. Goldfarb stand zwischen den beiden Frauen, ohne sich ihrer bewusst zu sein. Kropotkin hatte Recht. Die Machtstruktur war nun eine andere. Nichts war so verlaufen, wie

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