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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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und den Fall von Patient X diskutiert –, »kommt darauf an, was sie vorhat.«
    Kropotkin trank seine Tasse aus und starrte in ihre Tiefen, während er sprach. »Noch immer besteht keine Einigkeit über das Schicksal von Patient X«, sagte er und stellte die Tasse ab.
    »Die Kamerabilder wirken unmöglich, und doch gibt es keinen Beweis der Manipulation. Nach meiner Simulation von Doktor Armstrongs Selfware würde ich sagen, dass die Beschränkung von NervePath auf Nervenzellen von diesem Programm umgangen werden kann. Es sieht alle Zellen als fähig an, Informationen zu übertragen.
    Ich glaube, dass dabei Code in die NP-Kerne zurückgeschrieben wird. Unter der Voraussetzung, dass alle Zellen zur Informationsübertragung imstande sind, ließen sich die Verteilungsbeschränkungen umgehen, und die Naniten wären in der Lage, den gesamten Körper zu befallen. Sie würden ihn wie ein Anhängsel des Gehirns behandeln. Nach Abschluss dieses Prozesses bezieht die Reorganisation und Gewichtung nicht nur die Verbindungen des Zentralen Nervensystems ein, sondern alle Körpersysteme. Dadurch wird ein Informationspotenzial geschaffen, das vermutlich auch den fortgeschrittensten elektronischen Datenverarbeitungssystemen bei weitem den Rang abläuft. Nimmt man die verbalen Indizien aus dem Verhalten des Patienten X während seiner letzten Stunden hinzu, stehen wir der Möglichkeit gegenüber, dass er die fundamentale Teilchenphysik auf direkter Ebene in gewisser Weise begriffen hat, was es ihm ermöglicht, auf seine eigene Atomstruktur einzuwirken.«
    Kropotkin hielt inne. »Das klingt zwar aberwitzig, aber wir müssen diese mögliche Erklärung dennoch in unsere Überlegungen einbeziehen.«
    Er erwiderte Guskows starren Blick, in den eigenen Augen tiefes Unbehagen. »Ich vermag gar nicht auszudrücken, wie unwohl mir mit dieser Annahme ist. Die Physik liefert keinerlei Hinweise darauf, dass man die Struktur von Hadronen ohne Anwendung elektromagnetischer oder gravitronischer Kräfte direkt beeinflussen kann. Anzunehmen, dass ein menschliches Wesen allein durch Willens- oder Gedankenkraft dazu imstande sein soll, ist schlichtweg absurd.«
    »Es sei denn, wir hätten es mit keinem menschlichen Wesen mehr zu tun. Wäre es dann weniger schwierig?«, fragte Guskow.
    »Nein«, erwiderte Kropotkin heftig. »Alles, das keine eigens zu diesem Zweck gebaute und entsprechend ausgestattete Maschine ist, verlangt mir einen zu großen Glaubensvorschuss ab. Menschen sind animalische Wesen, die auf dem klassischen newtonschen Niveau leben, und ihre Sinnes- und Denkstrukturen arbeiten innerhalb eines sehr kleinen Ausschnitts des Informations-Hyperkubus. Menschen haben nicht einmal auf einer bewussten Ebene Kontakt mit der Realität: Ihre gesamte Wahrnehmung, ihre Karte der Welt, die sie umgibt, ist ein Produkt des Gehirns, das ihnen erst erlaubt, erfolgreich in einer komplexen Umgebung zu leben. Ihre Theorie, diese Person könnte sich so sehr verändert haben, dass ihre Zellen zur direkten Detektion und Manipulation von Quanten fähig sind, ist einfach lächerlich. Dass ich keine andere Erklärung anzubieten habe, heißt noch lange nicht, dass ich eher geneigt wäre, der Ihren zuzustimmen.«
    »So stark muss es gar nicht sein«, warf Goldfarb ein, wobei er seine Stimme behutsam modulierte, damit sie nicht zu tonlos klang. »Wahrscheinlicher wäre, dass die Quanten-Wechselwirkungen zwischen dem Patienten und dem Universum auf der unterbewussten Ebene stattfinden. Bewusstsein ist das an die Oberfläche tretende Ergebnis einer komplexen Reihe diskreter Vorgänge im Gehirn. Erst Sekundenbruchteile, nachdem das Unterbewusstsein seine Entscheidungen getroffen und seine Reaktionen eingeleitet hat, entsteht das Bewusstsein als Ereignisbericht. Das ist ein makroskopischer Vorgang. Dem entgegen verläuft die Quantenmanipulation wohl auf einer sehr viel niedrigeren Ebene, vielleicht sogar unterhalb des Unterbewussten, und ihre Auswirkungen erreichen nur vereinzelt oder sogar nie die bewusste Ebene.«
    »Und die Wirkung des Willens?«, fragte Guskow, zufrieden mit seiner Antwort.
    »Ein bewusster Wunsch zu handeln«, antwortete Goldfarb, »der in Wirklichkeit das späte Begreifen einer unterbewussten Entscheidung darstellt, könnte eine merkliche nach unten orientierte Ordnungswirkung besitzen, ähnlich wie wenn wir uns physisch bewegen. Wenn der Patient eine Treppe hinuntersteigt, ist er sich nur dessen bewusst, dass er hinunter will, und seine Füße

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