Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
Vom Netzwerk:
Achselhöhlen geklemmt. Ihre normalerweise helle Haut war totenblass.
    »Wie geht’s dir?« Als sie fragte, erkannte er an ihrem Tonfall, dass sie durcheinander war.
    »Schlecht«, sagte er wahrheitsgemäß. »Und dir auch, so wie du aussiehst. ¿Qué pasa?«
    Sie senkte den Blick auf die Füße und bohrte mit der Spitze des einen Schuhs im Teppich, ohne zu antworten. Ihre Arme wurden noch starrer. Dieses Verhalten sah ihr so wenig ähnlich, dass sich in seinem Innern eine ungute Vorahnung auszubreiten begann. Marys Blick wanderte zur Platte seines Schreibtisches. Sie drehte sich um und begann teilnahmslos an den Tüten mit den Platinen zu stochern; dann ließ sie die Ecke des Aktendeckels schnalzen und schob ihn beiseite. Sie räusperte sich und hustete krampfhaft, dass die Nähte des Jacketts sich über ihren Schultern spannten, bevor sie sich zum Sprechen zwang.
    »Heute Morgen sind mir ein paar merkwürdige Dinge passiert.« Mary blickte wieder auf den Schreibtisch und fügte hinzu, während sie vergeblich ein Lächeln versuchte: »Ich dachte schon, hier schüttet uns einer was in die Getränke, nich’ wahr.« Sogar ihr Charlottesviller Dialekt zeigte sich. Sie hustete wieder, versuchte, ihm in die Augen zu blicken und starrte plötzlich auf die Wand hinter ihm. »Ich kam vom Computerblock hierher und lief in diesen kalten Flecken.«
    Sie wagte ihn anzublicken, um zu sehen, wie er die Neuigkeit aufnahm. »Und dann war ich an meinem Schreibtisch, saß nur da und fragte mich, ob wir diese Russen-Sache nicht lieber fallen lassen sollen, da hatte ich eine Art … Filmriss.« Sie riss die Arme zu einer defensiven Gebärde hoch, und es sah aus, als bewegten sie sich von selbst. Sie schob die Schultern hin und her und zog sie enger zusammen. »Es klingt albern, aber ich habe mich wirklich gefragt, ob es eine neue Waffe gibt, die einen bewusstlos macht. Vielleicht war es auch der Elektrosmog von den vielen Kabeln unter dem Rasen, der … Mein Gott, hör dir bloß an, was ich da rede.« Sie verdrehte die Augen und lächelte, doch das Lächeln erstarb und wich der Unsicherheit.
    »Es ist so kalt hier.« Sie ging rasch zum Gitter der Klimaanlage an der anderen Wand und berührte das Schaltfeld daneben. »Du hast doch nichts dagegen, wenn ich das ausmache?«
    Jude entschied, dass sie es ernst meinte, obwohl ihm warm war. Sie zitterte. »Dieser Filmriss … Wie war das denn?«
    »Na, ich bin nicht eingeschlafen, ich war auch nicht richtig weg. Es war mehr wie …« Sie suchte nach den richtigen Worten. »Wie eine Welle von absolutem schwarzem Nichts, eine gewaltige Leere, ein Gefühl von einem riesigen Raum, und in dem Raum waren zwei Wesen, aber die Lücke zwischen ihnen war so groß, dass …«, sie hielt die Handflächen mit einem Stück Abstand gegeneinander und deutete an, sie zusammenzudrücken, »sie sich nie treffen.«
    Er nickte. Er wusste nicht, was er denken sollte.
    »Ach, Jude, es tut mir so Leid.« Sie schüttelte sich. »Schlechtes Timing. Du musst dich elend fühlen.«
    »Ich wollte gerade sagen, dass es nach Depression klingt«, erklärte er und beschloss, die Sache frech wie Oskar durchzustehen. »Du arbeitest zu hart. Du brauchst ein paar Wochen Urlaub auf Costa Rica. Sonne. Einen hübschen Strand. Ein paar Cocktails. Einen neuen Freund.«
    »Soll das ein Antrag sein?«
    Jude überraschte sowohl die Entgegnung als auch seine Reaktion darauf – Ärger. Gegen seinen Willen lächelte er und gab vor, es wäre ihr nicht ernst gewesen.
    »Diese Woche nicht«, sagte er. »Ich muss zur Beerdigung nach Montana.« Nun ärgerte er sich über sich selbst. Was war denn los? Ein paar Indizien, und schon drehte er durch und verdächtigte alle und jeden.
    »Der Tote in Atlanta«, lenkte er das Gespräch wieder auf die Arbeit, wo er sich im Augenblick sicherer fühlte. »Er wusste etwas über ein virentechnisches Vorhaben. Es könnte mit der Sache in Dugway zusammenhängen. Ich schicke dir die Dateien, mach dir deine eigenen Gedanken darüber.«
    »Sicher.« Sie trat einen Schritt zurück und griff mit einer schlaffen, zitternden Hand nach den Papieren auf seinem Schreibtisch. »Sind das …?«
    »White Horses Unterlagen«, sagte er und legte die Hand auf den braunen Aktendeckel, ehe sie ihn aufklappen konnte und die oberste Seite sah. »Muss ich heute noch ausfüllen. Versicherungskram.«
    Mary blickte ihn entschuldigend an. »Okay. Möchtest du einen Kaffee? Ich brauche jetzt einen. Brauche meine

Weitere Kostenlose Bücher