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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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Operationsbereich aus den Schatten. Sie erschauerte bei dem Gedanken, jemand könnte hier in der Anlage krank werden. Die medizinischen Kenntnisse aller zusammen reichten lange nicht an die eines guten Arztes heran.
    In der Apotheke enthielten mehrere stahlgraue Regale die Medikamentenvorräte in Spendern mit automatischen Zählvorrichtungen, und als Natalie ihr Aspirin nahm, registrierte der Monitor in der Ecke die Entnahme. Er blitzte auf und bot ihr ein Notfall-Diagnoseprogramm der US-Streitkräfte an. Während sie die Tabletten herunterspülte, blickte sie auf die Bestandsliste daneben. Sie war nicht die Erste, die wegen eines einfachen Schmerzmittels hierher gekommen war. Anscheinend plagte Kropotkin ein Magengeschwür, Khan war Diabetikerin, und ihr Vater … sie stutzte und las die Anzeige noch einmal. Konnte das wahr sein? Das war mehr Kodein, als man brauchte, um eine Katze zu töten.
    Verblüfft stand sie noch immer dort, als sie draußen einen verstohlenen Schritt hörte. Gerade rechtzeitig drehte sie sich um und sah Lucy Desanto in den Raum kommen. Beide waren überrascht, doch Lucy zuckte zuerst mit den Schultern und griff nach den Magentabletten. »War ’n langer Tag«, sagte sie.
    Natalie hielt die leere Einwickelfolie des Aspirins hoch. »Zu lange.«
    »Wollen Sie einen Kaffee?«
    »Auf Aspirin?«
    »Ich nehme sowieso nur Milch«, entgegnete Desanto, doch obwohl sie sich Mühe gab, freundlich zu sein, nachdem sie nun außer Dienst waren, war Natalie sich im Klaren, dass Lucys Interesse weder ihr noch den Magentabletten galt. Sie war wegen etwas anderem hier.
    »Wo ist der Mülleimer?« Natalie hielt demonstrativ Ausschau, wo sie die Folie lassen konnte.
    »Das müssen Sie mitnehmen.« Lucy nickte zur Tür; sie erwartete, dass Natalie zuerst ging und begann, die Magentabletten zu zerkauen.
    Natalie ging nahe an ihr vorbei, weil die Regale sehr eng standen, und sah, dass Lucy einen Blick auf einen grauen Kasten im untersten Fach warf. Wie Natalie aus ihrer Arbeit in anderen BSL-4-Labors wusste, enthielt er die Universal-Vakzine von Micromedica, eine injizierbare Naniten-Suspension, die in der Lage war, binnen Stunden jede Infektion durch Viren, Bakterien oder Parasiten zu beseitigen. Wegen der außerordentlichen Herstellungskosten war der Gebrauch dieser Vakzine nur im äußersten Notfall gestattete – sie kostete mehr als hunderttausend Dollar pro Anwendung. Weil in der Anlage das Risiko einer Infektion mit NervePath bestand, mussten sie verfügbar sein, auch wenn ihre Wirkung gegen andere Naniten noch nicht bewiesen war. Obwohl die Universal-Vakzine eine Infektion verhindern oder vielleicht sogar einen befallenen menschlichen Körper reinigen konnten, hatte Natalie sie nie in ihre Berechnungen über die Verteilung von NervePath auf die Bevölkerung einbezogen, weil es niemals genug von diesem Heilmittel geben würde, um es in diesem Maßstab anzuwenden.
    Trotz des heftigen Pochens in ihrem Kopf begriff sie, dass Guskows private Variante von Deliverance mit MUV kombinierbar sein sollte, falls Jude richtig vermutete. Mit nur einer einzigen Dosis Deliverance konnte man ganze Länder impfen – was bedeutete, dass dieses System Milliarden Leben retten und unzählige Dollars sparen konnte. Während sie die Folgerungen durchdachte, hörte sie weiter zu.
    Hinter ihr sagte Lucy gerade: »Meiner Ansicht nach hatten Sie Recht heute Morgen, als Sie Bobby gehen ließen.«
    »Ian«, murmelte Natalie, drehte sich um und lächelte die Ältere an. »Gusky und Kropotkin sind deswegen stinksauer, von meinem Dad ganz zu schweigen. Ich glaube nicht, dass sie mir das je verzeihen.«
    »Trotzdem war es richtig«, wiederholte Lucy. »Wir haben ihn benutzt, und das war falsch. Alle Daten, die wir brauchen, haben wir durch den ersten Scan erhalten. Er war doch keine Missgeburt aus einem Monstrositätenkabinett.«
    »Sagen Sie das den anderen.«
    Als sie in die Küche kamen, schalteten sich die Lampen dort selbsttätig ein. Natalie setzte Wasser in einem Kessel auf und begann in den Schränken zu stöbern.
    »So etwas habe ich noch nie gesehen«, sagte Lucy und lachte sich selbst aus. »Ich hätte mir so etwas nicht einmal vorstellen können.«
    Lucy verursachten die Erklärungen tiefes Unbehagen, erkannte Natalie; sie versuchte einige Bezugspunkte zu finden, einen Halt. »Wenn es Ihnen ein Trost ist, bis vor einigen Wochen ging es mir genauso.« Sie fand ein paar Cracker. Sie schmeckten nicht wie in England; sie waren zu

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