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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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jeder im Nationalen Sicherheitsrat Mappa Mundi durch die gleiche rosarote Brille sah wie ihre geheime Chefin. Wenn man auf den höheren Etagen Gegenmaßnahmen beschloss, stieß Jude vielleicht auf einen dummen Hinweis, ohne dass es ein Zufall war: Man würde etwas verlauten lassen und sich dann zurücklehnen und selbstgefällig zuschauen, wie Jude beseitigt werden musste.
    Je länger sie darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher erschien es ihr, und immer wieder versicherte sie sich, dass nicht nur die Selbstgefälligkeit aus ihr sprach. Eine Recherche würde es zeigen. Eine kleine Recherche.
    Die nächste Ampel überfuhr sie bei Rot und wendete mit quietschenden Reifen, hinter sich eine Wolke aus schwarzem Auspuffqualm und eine Fanfare aus Autohupen, dann raste sie zum Flughafen zurück. Diesmal erkannte die Verkehrs-KI sie schon von weitem und übersah sie.
    Sie schaltete das Pad auf handlose Bedienung und rief ihre Unterstützungsdienste an – jawohl, die Anrufe und Befehle nach England waren wie gewünscht herausgegangen. Es war keine Antwort eingetroffen, in der etwas Erwähnenswertes verzeichnet war, erfuhr sie. Marys Stimmung hob sich ein wenig, und sie beschleunigte sanft auf der Innenspur, bevor sie die Nummer eines Generals wählte, eines Freundes, der in Fort Detrick stationiert war und in dessen Büro sie sofort durchgestellt wurde.
    »Hier ist Mary Dee«, sagte sie.
    »Nanu, Mary. Was für eine nette Überraschung. Ich hatte gehofft, schon früher von Ihnen zu hören«, sagte General Bragg mit einer heiseren, vollen freundlichen Großvaterstimme.
    Mary wünschte, sie könnte sein Gesicht sehen und an seiner Miene ablesen, was genau das heißen sollte. »Ach ja?« Sie grinste. »Ich bin ziemlich fleißig gewesen mit dem, was ich habe. Wenn man für die Bundespolizei arbeitet, wird man mit Spesen und Privatflugzeugen nicht gerade verwöhnt, wissen Sie.«
    »Ach, kommen Sie, Mary, Sie haben sicher eine hübsche Nebeneinnahme nur für sich selbst – ein großes Mädchen wie Sie.« Doch er spürte, dass sie trotz der Frotzeleien nicht ganz bei der Sache war, und fragte: »Also, was haben Sie auf dem Herzen?«
    »Das will ich Ihnen sagen, Jim«, erwiderte sie, und diesmal war es ihr ernst. »Ich muss wissen, wie der Test von CONTOUR verlaufen ist.«
    Kaum hatte sie ihm das Kodewort für ihr Unternehmen genannt, als er hörbar durchatmete. »Ich hätte nicht gedacht, dass Sie so direkt werden«, sagte er.
    Marys Brust fühlte sich an, als hätte das Lenkrad sie gerammt. Sie scherte scharf aus und wäre beinahe in einen langsamen Lieferwagen auf der rechten Spur gerast. So weit sie bis zu diesem Augenblick gewusst hatte, war CONTOUR noch nie getestet worden – und sollte auch nicht getestet worden, bevor die Stabilisierung abgeschlossen war. Während sie den Wagen mit einem wilden Dreh am Lenkrad wieder unter Kontrolle brachte, sagte General Bragg: »Es gab einen einzelnen genehmigten Test mit einem niederprozentigen Prototyp unter Benutzung eines Systems, das in Simulationen erprobt worden war – genehmigt von Ihren Vorgesetzten, also durch das NSC.«
    »Wo?« Sie wusste genau, dass es kein Fleckchen Erde gab, an der ein solches Experiment gebilligt worden wäre, schon gar nicht aber innerhalb der Vereinigten Staaten. Irgendein Mistkerl ganz weit oben trickste herum.
    »Zone fünf. Aber das kommt aus Ihrem …« General Bragg ärgerte sich allmählich über sie, und darauf konnte sie verzichten.
    »Überprüfen Sie das bitte«, antwortete sie glatt und selbstbewusst, als hätte sie nur eine ihr bereits bekannte Tatsache bestätigen wollen. »Ich rufe Sie später noch mal an, Jim. Ich muss mein Flugzeug kriegen.« Den Mund fest geschlossen vor Wut, zu ihrer verhassten Nummer als fröhlicher Sportskanone gezwungen gewesen zu sein, brachte sie den Automotor zum Aufkreischen und hinterließ an jeder Kurve bis zum Terminal schwarze Gummispuren auf der Fahrbahn.
    Mit Bragg würde sie später ins Reine kommen. Im Augenblick war nur wichtig, dass irgendein Vollidiot Mappaware am lebenden Objekt hatte erproben lassen. Da sie es nicht wusste, konnte auch ihre Chefin nichts davon wissen. Sie fuhr am nächsten Service-Punkt ab und sendete eine Nachricht; dann traf sie Vorkehrungen, um Orlando binnen einer Stunde zu verlassen. Den Porsche überließ sie in einer Kurzzeitparkerzone seinem Schicksal, die Schlüssel im Auspuff, am Armaturenbrett einen Zettel mit einer Nachricht an die Leihwagenfirma. Am späten

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