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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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einer halben Stunde von hier los. Wenn Sie mich auf der Straße treffen, können wir uns unterhalten.« Als sie zu Ende gesprochen hatte, blickte sie zu ihrer Pad-Kamera hoch und nickte knapp, ohne einen Blickkontakt vorzutäuschen, der ohnedies nur höfliche Geste gewesen wäre. Sie senkte die Hand und schaltete ab.
    Jude hatte den Eindruck, dass sie sich in einem unaufgeräumten, voll gestopften Zimmer befand und etwas von einem Display ablas. Im seinem Licht wirkte ihr markantes Gesicht scharf umrissen, wie aus einer anderen Welt, und gefährlich. Eine Sekunde später löste er den Blick vom leeren Pad-Display, das er angestarrt hatte, und schaute sich die Akten näher an.
    Sein Verstand oszillierte hin und her zwischen Natalie, den Akten, seinem Traum und dem hässlichen, abstoßenden, chintzbedeckten Zimmer mit seinem Nippes und Firlefanz, den Troddeln und Kissen und Spitzendeckchen auf jeder Fläche, die ihn zu umschlingen drohten wie ein verworrenes Dickicht genetisch modifizierter, menschenfressender Rosen. Er durchlebte eine Desorientierung, die schlimmer war als in der Schwerelosigkeit. In diesem Zimmer konnte er nicht bleiben.
    So schnell er konnte, sammelte Jude die Papiere ein und packte sie wieder in den Aktendeckel. Er legte ihn und sein Pad in seinen Koffer und zog sich die dunkelsten Kleidungsstücke an, die er besaß. Natalie hatte Recht: Er wusste, wo sie wohnte, und er würde diese Angelegenheit ein für alle Mal bereinigen und morgen mit einer Antwort nach Hause zurückkehren, mit der er sich White Horse vom Leibe halten konnte. Und dann zurück ins wirkliche Leben. Jawohl. Endgültig.
    Jude nahm den Koffer mit, als er ging. Während er in seinen guten Schuhen eilig die Treppe hinunterstieg, versicherte er sich, er müsse nie wieder hierher kommen; so war es ihm möglich, die gesamte Erfahrung wie eine alte Haut abzuwerfen und hinter sich zu lassen. Auf der feuchten Straße wurde sein Schritt leichter, kaum dass er um die Ecke gebogen war.
     
    Dan war erleichtert, dass Natalie sich nicht über das Sandwich beschwert hatte und so lebendig wirkte wie immer, als sie, die Schuhe in der Hand, um halb sieben nach Hause kam. Darum konnte er so unschuldig wie möglich sagen: »Dieser Kerl, der wegen der Aufrüstung kam, die es gar nicht gab. Das war er, oder?«
    Natalie blieb auf der anderen Seite des Wohnzimmers stehen und drehte den Kopf. »Wenn du keine zwei Stunden Mittagspause gemacht hättest, wüsstest du das schon, meinst du nicht auch?«
    »Ist er scharf auf dich, oder was? Oder ist er bekloppt? Hast du die Bullen auf ihn gehetzt? Weißt du, ich bin in den Typen reingelaufen, als er ging – wie sollte man einen Kerl wie ihn auch verfehlen? Und in der Stadt habe ich ihn auch gesehen …« Er verstummte, denn wenn er weitersprach, erwähnte er am Ende noch Ray oder erzählte eine Lüge, und Natalie war zu geübt darin, aus seinen Lügen auf die Wahrheit zu schließen. Beinahe war es, als hätte sie das zweite Gesicht. Dan senkte den Kopf und tat so, als studierte er die Radio Times, die umgekehrt vor ihm lag.
    »Wo?« Mehr fragte sie nicht, und er wusste, er hatte es vermasselt.
    »In der Stadt. Du weißt schon. Er war spazieren. Hat wahrscheinlich die Sehenswürdigkeiten bewundert.« Als er vorsichtig den Blick hob, sah er, dass sie das Interesse verlor, darum konnte er ohne Risiko hinzufügen: »Aber in sportlicher Kleidung, nicht im Arbeitsanzug. Weißt du, ich frage mich oft«, nun konnte er den Kopf heben und grinsen, »warum sie solche Scheußlichkeiten wie Overalls als Arbeitsanzüge ausgeben. Ich meine, sie brauchen nicht einmal …«
    »Das war ein BSL-4-Anzug, du Trottel.« Sie setzte sich wieder in Bewegung, blieb aber an der Tür stehen und stellte dort ihre Tasche ab. Sie fixierte ihn mit einem unbehaglichen Blick, und Dan wusste, dass er gewonnen hatte. »Hat er dich erkannt? Hat er was gesagt?«
    »Ja, er hat mich gefragt, ob du vielleicht mit ihm ins Kino gehen würdest.«
    Natalie nickte mit steinernem Gesicht. »Verpiss dich und verrecke, Dan.« Sie wandte sich von ihm ab und floh in ihr Zimmer.
    »Du magst ihn!«, rief Dan ihr im Singsang hinterher. »Jawohl, du magst ihn! A-ha! Endlich zeigt die oberste Eisprinzessin von York, dass sie doch nicht am absoluten Nullpunkt lebt.«
    Sie streckte wieder den Kopf herein. »Du hast dich mit diesem Scheißkerl getroffen, mit Ray Innis, oder?«
    Er hörte auf zu singen.
    »Hab ich’s doch gewusst. Was bist du nur für ein Idiot! Du

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