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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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heute passiert.
    Sie öffnete die Tür zu Bobbys Zimmer.
    »Hallo, ich bin’s, Natalie.«
    Bobby hatte die Füße auf einer gewärmten Stütze. Er legte die Zeitschrift beiseite, in der er geblättert hatte, und ließ die Hand darauf ruhen, um von ihr Trost zu schöpfen, während er sich umdrehte und sorgfältig auf das Pad blickte, das sie ihm vorhielt. Natalie kam sich vor, als beginge sie eine Grausamkeit, weil sie ihn zwang, sich etwas zu stellen, was schrecklich für ihn war, doch mittlerweile umgab ihn die resignierte Geduld, die für Langzeitpatienten typisch ist – er erwartete nichts anderes.
    »Hallo.« Er war höflich. Die Schwestern hatten ihm das Haar gekämmt und ihn in eine ordentliche Kombination aus Hose und Shirt gesteckt. Sein Gesicht war ungleichmäßig rasiert; beim Rasieren hatten sie sich beeilt.
    »Ich komme, um Sie reinzubringen«, sagte sie und hielt einen fröhlichen, optimistischen Tonfall aufrecht. »Sind Sie fertig?«
    »Ganz recht, Doktor.« Er lächelte das Pad an; sie war sich nicht sicher, warum. Anscheinend bemerkte er ihre Nervosität, auch wenn er sie nicht als Mensch erkennen konnte, und ausgerechnet aus seiner schrecklichen Lage heraus versuchte er, sie zu beruhigen.
    Als sie in die Therapie-Suite kamen, erhellten sich die Bildschirme im Kontrollraum mit einer Echtzeit-Karte von Bobbys Gehirn. Der geschädigte Bereich war als leblose, weiße Zone dargestellt. An ihrem äußersten Rand sah Natalie Neuronen feuern und versuchen, die Mauer des Schweigens zu brechen, doch die NervePath-Einheiten, die seine Synapsen sättigten, hielten die neuen Zellen fest im Griff und unterbanden jede Weiterleitung eines Signals.
    Sie wusste aus ihren Erfahrungen mit Patienten, die Regenerationsbehandlungen erfahren hatten, dass das frische Gewebe neue, funktionierende Signalwege finden oder von selbst Ersatzverbindungen schaffen konnte, doch das war immer eine ungewisse, langwierige Angelegenheit. Auf ihrem Weg jedoch, so hoffte man, konnte der ursprüngliche Zustand fast ganz wieder hergestellt werden. Sie setzte den Stuhl in Position und arretierte die Bremse.
    Bobby grinste. »Ich frage mich schon die ganze Zeit, wie Sie eigentlich wirklich aussehen.«
    »Na, machen Sie sich nur keine Illusionen«, entgegnete sie und tätschelte ihm die Schulter. »Ein paar von uns sind nicht gerade einem Ölgemälde entstiegen. Ich komme bald wieder, okay? Schwester Charlton legt Ihnen jetzt die VR-Apparate an. Sie kennen das ja schon, oder?«
    »Ja. Tschüss.« Er lächelte erwartungsvoll, als sie ging.
    Natalie setzte für die Kameras ein publikumswirksames Gesicht auf und begab sich in den Kontrollraum. Dan stieß zu ihr und blickte nervös zu Bill hinüber. Natalie versuchte, seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, doch er schien ihr auszuweichen und beschäftigte sich mit den Testläufen auf der Station ihres Vaters.
    Als sie zu der Beobachtungsgalerie hochblickte, sah sie, wie die Kameraleute des Ministeriums ihre Positionen einnahmen. Innerhalb der Therapie-Suite war es völlig still, sah man von Bills leisem Pfeifen ab. Natalie beobachtete, wie Dan voll Unbehagen mit den straffen Schultern wackelte, während er nach den Anweisungen ihres Vaters, die aus den USA in seinen Ohrhörer drangen, die letzten Kabel abzog und wieder einsteckte, und im nächsten Moment bemerkte sie, dass Bills Liedchen die Marseillaise war. Ein bisschen verfrüht, dachte sie und wandte sich wieder ihren Aufgaben zu.
    Während sie die ersten Ablesungen der externen Geräte auswertete, die mit Bobbys NervePath synchronisiert waren, fragte sie sich, wie Jude zumute sei. Er musste mittlerweile fast wieder zu Hause sein. Was würde er mit dem Dossier und den Programm-Informationen anfangen? In der Klinik eingeschlossen zu sein hatte nur ein Gutes: Bis sie fertig war, konnte man sie nicht verhaften oder von der kurzen Pier auf einen langen Spaziergang schicken.
    Bills Flöten brach ab – die Behandlung hatte begonnen.
    Natalie las die Anzeigen ab, meldete die Fortschritte und jede Veränderung. Die Neuronen feuerten wütend, versuchten sich einen Weg durch unberührtes Land zu bahnen, und die weiße Zone funkelte vor Leben. Natalie war, als zwinkerten ihr Glühwürmchen zu.
    Zehn Minuten vergingen. Natalie kamen sie länger vor als zehn Stunden; die unerbittlichen achtzehn Grad der Zentralheizung taten sich mit ihrer Beklommenheit zusammen und sorgten dafür, dass ihr der Atem stockte, während sie zuhörte, wie Bobby in

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