Mara und der Feuerbringer, Band 3: Götterdämmerung (German Edition)
damit auf die dichte Wolkendecke. Mara musste kein Wort sagen oder denken. Der Gedanke daran, was nun zu tun war, genügte völlig, und schon ließ ihre Mutter bereitwillig eine solche Ladung an Kraft frei, dass Mara kurzzeitig Sorge hatte, der Stab würde zerplatzen.
Das macht Spaß!
Mama, bitte! Das ist ernst!
Lass mir doch die Freude.
Entschuldige, Reflex. Hast ja recht.
Mara wagte einen Blick hinüber zu Loki und registrierte sehr zufrieden, dass auch er erstaunt war, als sie zusammen mit ihrer Mutter die Wolken dem Feuerbringer entgegenschickte.
»Falls ich demnächst vor Verwunderung in eine gnädige Ohnmacht falle, bitte weckt mich sofort wieder. Ich will nichts verpassen«, hörte sie den Professor hinter sich sprechen, und Mara lächelte trotz all der Anspannung. Sie war so froh, dass Professor Weissinger bei ihnen war und ihr zeigte, dass man auch dem schrecklichsten Abenteuer etwas Gutes abgewinnen konnte, wenn man es mit den Augen eines neugierigen Wissenschaftlers sah.
Der Himmel über ihnen sah schnell aus wie eine dieser Zeitrafferaufnahmen aus dem Fernsehen, wo die Wolkenbewegungen eines ganzen Tages in wenige Sekunden zusammengefasst wurden. Nur dass die Wolken sich jetzt tatsächlich so schnell bewegten, sich auftürmten zu einem riesenhaften, grauschwarzen Gebirge.
Mara sah, wie der Feuerbringer erstaunt die Löcher aufriss, die seine Augen bildeten, und sie wusste ebenso wie Mama, dass nun der geeignete Moment gekommen war, um loszuschlagen.
Wie machen wir das jetzt, dass die Wolken regnen, Mama?
Ich weiß nicht genau, Mara. Vielleicht denken wir beide einfach an: REGEN?
Der Platzregen, der sich nun aus dem Wolkengetüm auf Loge erbrach, spottete jeder Beschreibung. Mara war wirklich eine begabte Metaphernfinderin und hatte immer irgendeinen seltsamen Vergleich im Kopf für die mehr oder weniger verrückten Dinge des Alltags. Aber für das, was da gerade auf den Feuerbringer herunterhämmerte, musste sie ein bisschen überlegen. So einen Regen hatte sicher noch kein Mensch jemals erlebt, es sei denn, beim Tauchen. Falls es jetzt im Moment irgendwo auch auf einen See oder einen Fluss herunterregnete, würden die Fische garantiert denken, sie hatten ein paar Stockwerke hinzugewonnen.
Dazu gesellte sich eine ganze Armada an Blitzen, begleitet von einer wahren Donnersinfonie, wie sie Thor selbst nicht besser hätte komponieren können. Unter anderem natürlich auch deswegen, weil ihm der musische Zweig wohl eh nicht so lag.
Das wütende Gebrüll des Feuerbringers klang wie eine Serie von Explosionen in einem Bergwerk. Schützend hob er seine flackernden Arme und schlug dann nach den Wolken. Doch die teilten sich ebenso mühelos, wie sie auch weiterhin ungerührt weiterregneten.
»Na, was sagen Sie zu den Lorbeers? Ist dieser Anblick nicht auch für einen Halbgott erstaunlich?«, hörte Mara den Professor begeistert in Richtung Loki ausrufen.
»Der Mensch ist ein Werk der Götter, somit ist auch dies unser Verdienst«, gab Loki möglichst unbeeindruckt zurück.
»Welch hübsche Antwort, ich bin beeindruckt«, ließ sich der Professor vernehmen, und Mara versenkte sich wieder tief in ihre Aufgabe.
Doch Loge war nun wohl doch nicht so dumm, noch länger stehen zu bleiben, um seinem Untergang tatenlos zuzusehen. Er machte nun vielmehr genau das, was sie erhofft hatten: Er teilte sich. Und das nicht nur ein- oder zweimal, nein, er zerplatzte förmlich in Hunderte kleinere Versionen seiner selbst, die nun versuchten, so schnell wie möglich aus dem Bereich des Platzregens zu flüchten.
»Sehr gut! Diese winzigen Lögchen könnten wir ja mit einem Waschlappen löschen!«, rief Professor Weissinger übermütig.
Mara konnte mit bloßem Auge kaum erkennen, ob es überhaupt einigen der kleineren Loges gelang, zu entkommen. Aber schon allein aufgrund der simplen Tatsache, dass es so unglaublich viele waren, mussten sie wohl mit einer ganzen Schar übrig gebliebener Mini-Loges rechnen.
Mara, das klappt ja perfekt! Wir haben ihn besiegt!
Nein, Mama, leider nicht.
Nein? Aber …
Es ist noch genug von ihm übrig, glaub ich.
Oh, ich fürchte, wir haben auch gleich kein Wasser mehr.
Christa Lorbeer hatte recht. Nachdem Mutter und Tochter gemeinsam den Wolken so plötzlich ihr Wasser entrissen hatten, konnte der Platzregen auch nicht sonderlich lange anhalten.
Innerhalb weniger Sekunden war nun weit und breit kein Wölkchen mehr am Himmel zu sehen. Was an Wasserdampf in greifbarer Nähe gewesen
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