Mara und der Feuerbringer, Band 3: Götterdämmerung (German Edition)
Feldherrnkeller zu, entschied sich aber im letzten Moment dagegen, auch hineinzugehen. Stattdessen lief sie weiter und versuchte, dabei auch möglichst weiterläufig auszusehen, damit die Polizei hoffentlich dachte, sie würde in Richtung Marienplatz weiterflüchten. Doch kaum war sie vor den Blicken von Kornbichel und allen anderen auf dem Platz verborgen, bog sie hinter dem Gebäude scharf rechts ab und drückte sich in einen dunklen Hauseingang, an dem vorne eine Menge Ärzte und Anwälte ihre Schilder aufgehängt hatten.
Das passt ja, dachte Mara, während sie nach Luft schnappte, einen Arzt brauch ich bald, wenn ich noch mehr rennen muss, und der Anwalt soll so lange die Polizei hinhalten …
Der Sprint war höchstens hundert Meter lang gewesen, aber Mara schnaufte wie ein Dampfbügeleisen. Zitternd hielt sie ihren Stab umklammert und lehnte sich an die kalte Marmorwand.
Mannomann, Sport war echt noch nie mein Lieblingsfach, dachte sie, wendete sich dann aber dem drängenden Problem der momentanen Situation zu: So. Die Frau Gassner hat also nicht aufgegeben und Mama von ihrem Kollegen verfolgen lassen, dachte Mara. Und das nur, weil ihr ein paar Dinge komisch vorgekommen sind? Nein, Moment, die dachte ja, es geht um Mord, weil vor dem Zimmer, wo meine angebliche Cousine eingezogen ist, ein toter Junge liegt. Thumelicus. Oh Mann …
Sofort schossen Mara wieder Tränen in die Augen. Sie rutschte an der Wand hinab und sank in dem Hauseingang zu einem kleinen Häufchen Trauer zusammen.
Ihre Gedanken drehten sich im Kreis, und sie wusste einfach nicht, was sie nun verdammt noch mal tun sollte. Mara war gleichzeitig traurig, panisch und wütend und konnte im Augenblick gar nichts anderes tun, als in diesem Hauseingang hocken, zittern und heulen.
Mama ist da drin!, schrie es in ihr die ganze Zeit, und: Was mach ich jetzt? Was mach ich? Was mach ich nur?
»Krah«, sagten die Raben, und Mara hätte sie am liebsten gleichzeitig umarmt und erwürgt.
Kapitel 6
W arum seid ihr immer weg? Wir brauchen euch doch, verdammt noch mal!«, schimpfte sie, unterbrochen von ein paar heftigen Schluchzern.
»Wir sind nicht da und nah zugleich«, entgegnete Hugin oder Munin.
»Ach, hört doch auf mit dem Blabla«, stöhnte Mara zurück. »Ihr seid auf jeden Fall irgendwas, das sich wie weg anfühlt, und das ist ein ganz großer Kack. Da unten in dem Keller sitzen jetzt meine Mutter und Steffi in dem Seminar von diesem Mörder, und ich kann gar nichts tun!«
»Dies zu ändern, kamen wir her«, sagte der andere Rabe.
»Ach, ich dachte, ihr wart nie weg?«, schnappte Mara zurück, schwieg dann aber, als sie spürte, wie neue Kraft in ihren Geist strömte.
»W… wow … von wem ist DAS denn? Wuhuuh … das ist ja mal abgefahren!«, brabbelte Mara, als sich die magische Kraft in ihr ausbreitete, und dabei genau die Stellen ausfüllte, die sie gerade leergeweint und ausgekeucht hatte.
»Magni und Móð senden dir, was sie im Überfluss besitzen, Litilvölva«, sprach der linke Rabe.
»Okay … huu, d… danke an Maggi und Mosi«, schnaufte Mara, denn sie war immer noch mit der Bewältigung dieser Vitaminspritze beschäftigt. »Die können mir gern öfter ihre Kraft leihen, ich glaub, das hätte ich schon ein paarmal vorher gebrauchen können.«
»Das mag so sein, doch wird es nicht«, antwortete vermutlich Hugin, weil es so sehr nach »Gedanke« klang.
»Magni und Móð, Söhne des Thor, vermochten nur einmal zu geben. Zu wenig sind sie heute erinnert, als dass sie nun noch bestehen«, sprach Hugin.
»Moment«, unterbrach Mara. »Damit wollt ihr sagen, dass die beiden Söhne vom Thor mir sozusagen … alles gegeben haben, was sie noch an Kraft übrig hatten? Und ich brauch die jetzt auf, und die beiden sind dann … äh, weg?«
»Abermals versunken im Nebel vergessener Geschichten«, war die Antwort, und Mara schluckte.
»Oh, das tut mir leid«, sagte sie leise. »Aber das war schon freiwillig, oder?«
»Alle Götter geben gerne, wenn es an der Zeit ist, auf dass dank dir die Ragnarök in die Ferne rücken«, gab Hugin zurück.
Mara musste nicht fragen, was der Rabe gemeint hatte mit Wenn es an der Zeit ist …
Okay, langsam passt das alles ins Bild, dachte sie. Schade nur, dass das Bild sogar zu hässlich wäre für das Wartezimmer beim Zahnarzt. Das heißt nämlich, ich krieg wirklich nur dann was von ihnen ab, wenn ich alleine gar nicht mehr weiterkomme. Und auch dann nur so viel, wie ich dringend brauche. Also
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