Marc Levy
deswegen komme ich runter!«
Paul rannte die Treppe hinab und überquerte den Vorplatz.
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Er öffnete die Wagentür auf der Fahrerseite.
»Rutsch mal!«
»Wieso, zum Teufel, steigst du nicht einfach drüben ein?«
»Hast du was dagegen, wenn ich fahre?«
»Was denn, reden wir, oder fahren wir?«
»Beides. Los, setz dich rüber!«
Paul schob Arthur weg und setzte sich hinters Steuer, er drehte den Zündschlüssel, und das Cabrio verließ den Parkplatz. An der ersten Kreuzung bremste er abrupt.
»Nur eine Frage vorweg: Sitzt dein Gespenst mit uns im Auto?«
»Ja, mit deiner ungehobelten Art einzusteigen hast du sie auf die Rückbank verscheucht.«
Daraufhin öffnete Paul seine Tür, stieg aus und klappte die Rückenlehne vor.
»Sei so gut und bitte deinen Casper, auszusteigen und uns allein zu lassen. Ich möchte ungestört mit dir reden. Ihr könnt euch nachher bei dir wieder treffen!«
Lauren erschien am Beifahrerfenster.
»Komm zum North Point«, sagte sie, »ich werde dort Spazierengehen. Weißt du, wenn es zu kompliziert ist, brauchst du ihm nicht die Wahrheit zu sagen, ich möchte dich nicht in Schwierigkeiten bringen!«
»Er ist mein Geschäftspartner und mein Freund, ich kann ihn nicht anlügen.«
Paul war inzwischen wieder eingestiegen.
»Sprich ruhig mit dem Handschuhfach über mich!«
bemerkte Paul. »Weißt du, als ich gestern den Kühlschrank aufmachte und sah, dass noch Licht brannte, habe ich mich auch dazugesetzt und mit der Butter und dem Salat ein halbes Stündchen über dich geredet.«
»Ich spreche nicht mit dem Handschuhfach, sondern mit ihr!«
»Na schön, dann sag deiner Lady Casper doch endlich, sie 59
soll ihr Leintuch bügeln gehen, damit wir ein bisschen quatschen können.«
Lauren verschwand.
»Ist er weg?« fragte Paul leicht genervt.
»Sie, nicht er! Ja, sie hat sich entfernt, du bist so was von unhöflich! Also, was willst du?«
»Was ich will?« fragte Paul und verzog das Gesicht.
Er fuhr weiter.
»Ich wollte einfach nur, dass wir allein sind. Ich wollte mit dir über persönliche Dinge sprechen.«
»Worüber?«
»Über die Folgen einer Trennung, die manchmal erst Monate später erkennbar werden.«
Paul holte zu einem langen Vortrag aus. Carol-Ann sei nichts für ihn, er glaube, dass er völlig umsonst »so sehr gelitten«
habe und »dass sie das nicht verdiene«. Letztendlich sei diese Frau doch »gar nicht fähig zu lieben«. Hand aufs Herz, sie sei es einfach nicht wert, dass man sich ihretwegen so gehen lasse, wie er es nach ihrer Trennung getan habe. Seit Karin sei er nie wieder so »am Boden zerstört« gewesen. Und Karin, ja, das könne er schon verstehen, aber Carol-Ann, ehrlich gesagt...
Arthur erinnerte ihn daran, dass sie beide zur Zeit der berühmten Karin neunzehn Jahre alt gewesen waren und er außerdem nie mit ihr geflirtet hatte. Seit zwanzig Jahren nervte Paul ihn jetzt damit, nur weil er sie zuerst gesehen hatte! Paul stritt ab, Karin überhaupt je erwähnt zu haben. »Mindestens zwei, drei Mal im Jahr«, gab Arthur zurück, »holst du sie aus deiner Mottenkiste hervor. Ich weiß ja nicht mal mehr, wie sie aussah!« Nun war Paul mit einemmal aufgebracht und begann wild zu gestikulieren.
»Aber wieso wolltest du mir nie sagen, was damals wirklich passiert ist? Gib doch endlich zu, dass du was mit ihr hattest, verdammt noch mal. Da es zwanzig Jahre her ist, wie du sagst, ist es nun wohl auch langsam verjährt!«
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»Du nervst mich, Paul, du bist doch nicht aus dem Büro auf die Straße gestürmt, und wir fahren nicht quer durch die Stadt, weil du auf einmal das dringende Bedürfnis hast, mit mir über Karin Lowenski zu sprechen! Wo fahren wir eigentlich hin?«
»Du weißt nicht einmal mehr, wie sie aussah, aber du erinnerst dich immerhin noch an ihren Nachnamen!«
»War es das, worüber du so dringend mit mir sprechen musstest?«
»Nein, ich rede mit dir über Carol-Ann.«
»Aber warum, zum Teufel? Es ist jetzt das dritte Mal seit heute morgen. Ich habe sie nicht gesehen, und wir haben nicht miteinander telefoniert. Wenn es das ist, was dir Sorgen macht, dann brauchen wir nicht mit meinem Auto bis nach Los Angeles zu fahren. Falls du es nicht bemerkt hast: wir haben gerade den Hafen hinter uns gelassen und sind schon in South of Market. Also, was ist los, warum fährst du mit mir durch die halbe Stadt?«
»Einfach so, um mit dir zu reden.«
Paul wechselte auf die linke Spur und bog auf den Parkplatz eines vierstöckigen
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