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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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zu sehen bekommt -schmal und vorspringend, doch fein gemeißelt, wie der schlanke Bug eines Schiffes, und zu beiden Seiten tiefsitzende Augen.
    Besonders preisen könnte ich auch ihren Mund. Er war wunderbar geschwungen und barg das Versprechen, ganz sanft zu sein, sollten jemals andere Lippen sich ihm nähern. Doch nicht nur das alles. Als Ilaria und der Priester nach ihren Gebeten noch einmal niederknieten, machte sie hinterher einen Knicks vor ihm und sagte mit sanfter Stimme ein paar Worte. Ich weiß nicht mehr welche, aber nehmen wir einmal an, es seien folgende gewesen: »Ich werde nach der Komplet hinter der Votivkapelle auf Euch warten, Pater.« Wohl aber erinnerte ich mich daran, dass sie zum Schluß Ciao sagte, weil das die schlaff-verkürzte venezianische Aussprache des Wortes schiavo ›Euer Sklave‹ ist und mir diese Art des Abschieds merkwürdig vertraut erschien, wo es sich doch um einen Priester handelte. Wichtig freilich war damals nur die Art und Weise, wie sie sprach. »Ich werde nach der Komplet hinter der V-Votivkapelle auf Euch warten, Pater. Ci-ciao.« Jedesmal, wenn sie die Lippen schürzte, um Laute wie Köder Czu bilden, stotterte sie kaum merklich, was das wie Schmollen wirkende Lippenschürzen ein wenig verlängerte und bewirkte, als seien diese Lippen bereit zum Küssen, und warteten nur darauf. Köstlich war das.
    Ich hatte augenblicklich vergessen, dass ich ja eigentlich um der Lossprechung von anderen Missetaten willen Buße tun sollte, und folgte ihr, als sie die Kirche verließ. Sie kann von meinem Vorhandensein unmöglich gewußt haben; gleichwohl verließ sie San Marco auf eine Art und Weise, die fast darauf hindeutete, als wolle sie jedem Versuch wehren, ihr zu folgen. Sich flinker und behender bewegend, als es mir möglich gewesen wäre, selbst wenn ein sbiro hinter mir her gewesen wäre, huschte sie im Zickzack durch die Menge in der Vorhalle und entschwand meinen Blicken. Völlig fassungslos machte ich draußen einmal die volle Runde um die Basilika und ging dann in den Arkaden, welche die weite Piazza säumten, auf und ab. Da ich es immer noch nicht fassen konnte, überquerte ich ein paarmal durch Wolken von Tauben die Piazza selbst -danach die kleinere Piazzetta, die sich vom Glockenturm bis zu den beiden Säulen am Wasser unten hinzieht. Schließlich kehrte ich in meiner Verzweiflung noch einmal in die weitläufige Kirche zurück und suchte auch noch in der kleinsten Kapelle, im Altarraum und in der Taufkapelle nach. Verzagt stieg ich schließlich die Stufen zu der Loggia hinauf, wo die goldenen Pferde stehen, doch zuletzt kehrte ich gebrochenen Herzens nach Hause zurück.
    Nach einer qualvollen Nacht ging ich am nächsten Tag noch einmal hin, um die Kirche und die Umgebung abzusuchen, und muß dabei ausgesehen haben wie eine ruhelos wandernde Seele auf der Suche nach Trost, während die Frau ein
    umherziehender Engel hätte sein können, der nur einmal auf
    die Erde herniedergestiegen war -finden tat ich sie jedenfalls
    nicht. So kam es, dass ich traurig wieder die Gesellschaft der
    Hafenrangen aufsuchte. Die Jungen begrüßten mich freudig,
    wohingegen Doris mich nur mit einem geringschätzigen Blick
    bedachte. Als ich mit einem verlorenen Aufseufzen reagierte,
    zeigte Ubaldo sich sofort besorgt und fragte, was mir denn
    fehle. Ich vertraute es ihm an – daß ich mein Herz an eine
    Dame verloren und meinerseits dann diese Dame verloren
    hätte -und alle Kinder lachten, bis auf Doris, die plötzlich wie
    vor den Kopf geschlagen schien.
     
    »Du hast neuerdings nichts weiter als largazze im Kopf«, sagte
    Ubaldo. »Willst du denn der Hahn aller Hennen in der Welt
    sein?«
     
    »Das hier war eine erwachsene Frau, kein Mädchen«, sagte
    ich. »Und sie ist viel zu erhaben, als dass man überhaupt daran
    denken könnte, dass sie...«
     
    »... dass sie eine pota hat«, riefen etliche Jungen wie aus
     
    einem Mund.
    »Unsinn«, sagte ich und zog das Wort gelangweilt in die Länge.
    »Was die pota betrifft, so sind sich alle Frauen gleich.« Mann
    von Welt, der ich war, hatte ich bislang zwei ganze Frauen in
    unbekleidetem Zustand gesehen.
     
    »Darüber weiß ich nicht so Bescheid«, sagte ein Junge
    sinnend. »Ich habe nur einmal einen weitgereisten Matrosen
    erzählen hören, wie man eine Frau erkennt, die das höchste an
    Bettwürdigkeit darstellt.«
     
    »Erzähle! Erzähle!« kam der Chor.
    »Steht sie mit zusammengepreßten Beinen aufrecht da, sollte
     
    zwischen

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