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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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ich kann tun, was mir beliebt.«
    »Wirklich? Bis jetzt, vielleicht. Aber damit ist es aus.«
    »Ach, das glaube ich nicht. Als nächstes werde ich mir den Spaß erlauben, ein paar Bilder der Öffentlichkeit zu übergeben, die Meister Chao für mich gemalt hat, und der Name Polo wird zum Gespött im ganzen Khanat werden. Die Lächerlichkeit schmerzt mehr als alles andere.« Ehe ich fragen konnte, wovon er überhaupt rede, war er bereits bei einem anderen Thema. »Seid Ihr Euch eigentlich wirklich bewußt, Marco Polo, wer dieser Wali ist, den Ihr glaubt, in die Schranken fordern zu können? Es sind jetzt viele Jahre her, daß ich anfing als Berater der Prinzessin Jamui vom Mongolenstamm der Kungurat. Als Khan Kubilai sie zu seiner Ersten Gemahlin machte und sie dadurch zur Khatun Jamui wurde, folgte ich ihr hierher an diesen Hof. Seither habe ich dem Khanat in allen möglichen Eigenschaften gedient und zuletzt -aber das nun schon viele Jahre hindurch -in diesem höchsten Amt. Bildet Ihr Euch wirklich ein, Ihr könntet ein so fest gegründetes Bauwerk zum Einsturz bringen?«
    Wieder ließ ich mir das Gesagte durch den Kopf gehen, ehe ich erklärte: »Es mag Euch überraschen, Wali, aber ich glaube Euch. Ich glaube, daß Ihr dem Khakhan und dem Khanat hingebungsvoll gedient habt. Wahrscheinlich werde ich niemals erfahren, warum Ihr zu einem so späten Zeitpunkt zugelassen habt, Euch durch eine unwürdige Eifersucht Euch zum Amtsmißbrauch verleiten zu lassen.«
    »Ihr sagt es. Ich habe in meiner ganzen Laufbahn nichts Unrechtes getan.«
    »Nichts Unrechtes? Soll ich es aufzählen? Ich nehme nicht an, daß Ihr Ränke gesponnen habt, um den Yi namens Pao in ein Ministeramt zu bringen. Aber ganz zweifellos seid Ihr ihm bei seiner Flucht behilflich gewesen, als er entlarvt wurde. Das nenne ich Verrat. Außerdem habt Ihr den yin eines anderen Höflings zu Privatzwecken mißbraucht, was ich Amtsmißbrauch nenne, falls nicht noch Schlimmeres. Ihr habt auf heimtückische Weise die Damen Chao und Mar-Janah ermordet - die eine eine Adlige, die andere eine redliche Untertanin des Khan -und beide aus keinem anderen Grund als mir weh zu tun. Und da behauptet Ihr, Ihr hättet nichts Unrechtes getan?«
    »Unrecht muß bewiesen werden«, sagte er mit einer Stimme, die genauso steinern war wie die Augen. »Unrecht ist ein abstrakter Begriff, der für sich allein gar nichts besagt. Unrecht ist wie das Böse etwas, das nur im Urteil von anderen besteht. Wenn jemand etwas tut, und niemand nennt es unrecht, dann hat er nicht unrecht gehandelt.«
    »Doch habt Ihr das getan, Araber. Viele Male sogar. Und es wird als unrecht beurteilt werden.«
    »Nehmt nur einmal Mord«, fuhr er fort, als hätte ich ihn nicht unterbrochen. »Ihr habt mir Mord zur Last gelegt. Doch wenn irgendeine Frau namens Mar-Janah wirklich tot ist, und zwar zu Unrecht zu Tode gebracht wurde, dann gibt es einen hochangesehenen Zeugen für ihre letzten Stunden. Er kann bezeugen, daß der Wali Achmad diese Frau nie gesehen, geschweige denn mörderisch Hand an sie gelegt hat. Dieser Zeuge kann aussagen, daß die Frau Mar-Janah an einer Dolchwunde starb, die ihr von einem gewissen Marco Polo beigebracht wurde.« Mit diesen Worten bedachte er mich mit einem ebenso spöttischen wie gutmütigen Blick. »Aber Marco Polo, wie seht Ihr denn aus? Meint Ihr denn, ich hätte den ganzen Abend hier im Bett gelegen? Nein, ich bin tätig gewesen und habe hinter Euch aufgeräumt und saubergemacht. Gerade eben erst konnte ich meine müden Knochen zur Ruhe legen, und da kommt Ihr hereingestürmt und belästigt mich aufs neue.«
    Doch sein Sarkasmus glitt an mir ab. Ich schüttelte einfach den Kopf und sagte: »Ich werde freimütig zugeben, ihr die Dolchwunde beigebracht zu haben, wenn wir in der Halle der Gerechtigkeit stehen.«
    »Dieser Fall wird niemals vor dem cheng verhandelt werden. Ich habe Euch doch gerade eben erklärt, daß ein Unrecht bewiesen werden muß. Doch ehe es dazu kommt, muß ein Missetäter erst angeklagt werden. Könntet Ihr so etwas Aberwitziges und Sinnloses tun? Würdet Ihr es wirklich wagen, gegen den Oberminister des Khanats Klage zu erheben? Das Wort eines Emporkömmlings, eines Ferenghi, gegen den Ruf des längstgedienten und höchstrangigen Höflings hier?«
    »Es wird nicht nur mein Wort sein.«
    »Es gibt niemand sonst, der gegen mich aussagen wird.«
    »Da ist die Frau Buyantu, meine ehemalige Dienerin.«
    »Seid Ihr sicher, daß Ihr das vorbringen wollt?

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