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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Affenfleisch in pikanter Sauce, geräucherte Seeschnecken und Taubeneier, die mit etwas gekocht waren, das aussah wie eine Art silbriger Nudeln, in Wirklichkeit jedoch die Flechsen von Haifischflossen waren. An Süßigkeiten gab es große, wohlduftende Quitten, goldene Birnen von der Größe der Eier des Vogels Rock, die unvergleichlichen hami-Melonen und ein leichtgefrorenes Konfekt aus, wie der Aufseher sagte, »Schneeblasen und Aprikosenblüten«. Zu trinken gab es bernsteinfarbenen kao-liang-Wein und einen Rosé-Wein, der genau dieselbe Farbe hatte wie Hui-shengs Lippen, sowie Manzis hochgeschätzten cha, genannt »Kostbarer Donner-cha«.
    Nachdem wir das Mahl mit der Suppe abgeschlossen hatten, einer klaren Brühe aus Dattelpflaumen, und nachdem der Suppenkoch aus der Küche herausgerufen worden war, damit wir ihm Beifall zollten, zogen wir uns in eine andere Halle zurück, um dort meine Aufgabe durchzusprechen. Wir waren eine Gruppe von etwa einem Dutzend: der Wang und die ihm unterstellten Minister, durch die Bank Han, allerdings nur ein paar von ihnen aus dieser Gegend, die man von der Sung-Verwaltung übernommen hatte; die meisten von ihnen kamen aus Kithai und waren daher imstande, sich auf mongolisch zu unterhalten. Sie alle - Agayachi eingeschlossen - trugen die über den Boden schleifenden, streng geschnittenen, aber wunderbar elegant bestickten Han-Gewänder mit den weiten Ärmeln, in denen man Hände verschwinden lassen und Dinge mit sich herumtragen konnte. Die erste Aufforderung, zu Geschäftlichem überzugehen, bestand darin, daß der Wang zu mir gewandt meinte, es stehe mir frei anzuziehen, was ich wolle -ich trug damals, und war es seit langem gewohnt, die persische Kleidung mit dem schön gewundenen tulband und der Bluse mit den weiten, nur an den Handgelenken engen Ärmeln und einen Umhang für draußen -, doch schlage er vor, bei offiziellen Besprechungen solle ich den tulband mit dem Hut der Han vertauschen, wie auch er und seine Minister ihn trügen.
    Dabei handelte es sich um ein flaches, zylindrisches, kappenartiges Ding, das aussah wie eine Pillenschachtel, doch in der Mitte obendrauf einen Knopf aufwies; dieser Knopf war das einzige Rangabzeichen unter allen im Raum Versammelten. Es gab, so erfuhr ich, insgesamt neun Ministerränge, doch waren alle so fein gekleidet und sahen so vornehm aus, daß man sie nur durch die diskreten Abzeichen wie die Knöpfe voneinander unterscheiden konnte. Agayachis Hutknopf war ein einzelner Rubin, so groß, daß er ein Vermögen wert sein mußte; er verriet, daß sein Träger den hier höchsten Rang bekleidete, den eines Wang, war aber wesentlich weniger auffällig als, sagen wir, Kubilais schimmernder goldener Moriòn-Helm oder die scufieta eines venezianischen Dogen. Ich selbst hatte Anspruch auf eine Kopfbedeckung mit Korallenknopf, durch den der nächstniedere Rang bezeichnet wurde, der eines Kuan, und Agayachi hatte bereits einen solchen Hut bereitliegen, ihn mir zu schenken. Die anderen Minister trugen die Knöpfe aus Saphir, Türkis, Bergkristall, weiße Muschel und so fort, welche die absteigende Rangfolge angaben. Ich jedoch brauchte eine Weile, bis ich so etwas auf einen Blick erkannte. Ich wickelte daher meinen tulband ab, setzte mir die Pillenschachtel auf den Kopf, und alle sagten, ich sähe aus wie der Inbegriff eines Kuan -bis auf einen bereits betagten Han, der brummte: »Ihr solltet fetter sein.«
    Ich fragte, warum. Woraufhin Agayachi lachte und sagte:
    »Hier in Manzi ist man der Meinung, alle Kleinkinder, Hunde und Regierungsbeamte müßten fett sein, sonst verrieten sie ein unbeherrschtes, aufbrausendes Wesen. Doch laßt nur, Marco. Von einem fetten Beamten nimmt man auch an, daß er sich aus der Schatzkammer bereichert und Bestechungen annimmt. Jeder Regierungsbeamte -gleich ob dünn oder fett, häßlich oder hübsch - ist stets Gegenstand der Verunglimpfung.«
    Doch derselbe alte Herr brummte immer noch: »Außerdem solltet Ihr Euch das Haar schwarz färben, Kuan Polo.«
    Wieder fragte ich, warum, denn sein eigenes Haar war staubgrau. Er sagte: »Alle Manzi verabscheuen und hassen die kwei -die bösen Dämonen -und alle Manzi glauben, Dämonen hätten rotblondes Haar wie Ihr.«
    Wieder lachte der Wang. »Das liegt an uns Mongolen. Mein Urgroßvater Chinghiz hatte einen Orlok namens Subatai. Der hat so manchen Raubzug in diesen Teil der Erde durchgeführt und war damit der Mongolengeneral, den die Han am meisten haßten. Subatai nun

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