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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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hatte rotblondes Haar. Ich habe keine Ahnung, wie die kwei in früherer Zeit aus-gesehen haben sollen, doch seit Subatais Zeit haben sie alle ausgesehen wie er.«
    Noch jemand gluckste vor Vergnügen und sagte: »Behaltet nur Euer kwei-Haar und -Bart, Kuan Polo. Wenn man bedenkt weswegen Ihr hier seid, könnte es hilfreich sein, wenn man Euch fürchtet und haßt.« Er sprach mongolisch durchaus gut; gleichwohl war es offensichtlich eine Sprache für ihn, die er erst neu gelernt hatte. »Wie der Wang gesagt hat, alle Regierungsbeamten werden verunglimpft, und da könnt Ihr Euch gewiß vorstellen, daß die Steuereinnehmer die allerverhaßtesten von ihnen sind. Ich hoffe nun, Ihr könnt Euch vorstellen, wie ein ausländischer Steuereinnehmer angesehen wird, der Gelder für die Regierung der Eroberer eintreibt. Ich würde vorschlagen, wir streuen das Gerücht aus, Ihr wäret wirklich ein kwei-Dämon.«
    Amüsiert sah ich ihn an. Er war ein fülliger Han mittlerer Jahre mit angenehmem Gesicht und einem aus Gold geschmiedeten Knopf auf dem Hut, woran man sah, daß er dem siebten Rang angehörte.
    »Der Magistrat Fung Wei-ni«, stellte Agayachi ihn vor. »Geboren in Hang-zho, bedeutender Jurist und ein Mann, der unterm Volk seines Gerechtigkeits-und Scharfsinns wegen großes Ansehen genießt. Wir können uns dazu beglückwünschen, daß er einverstanden war, denselben Magistratsposten weiterzubekleiden, den er auch schon unter den Sung innehatte. Jetzt freue ich mich auch noch persönlich, Marco, daß er sich bereiterklärt hat, solange Ihr hier an diesem Hofe weilt, als Euer Adjutant und Ratgeber zu fungieren.«
    »Auch mir ist es ein großes Vergnügen, Magistrat Fung«, sagte ich, als wir uns beide mit zusammengelegten Händen voreinander verneigten, was unter Männern von annähernd gleichem Rang als ko-tou gilt. »Ich werde dankbar jede Hilfe annehmen. Was meinen Auftrag, hier in Manzi Steuern einzutreiben, betrifft, kenne ich mich nur auf zwei Gebieten nicht aus. Ich habe keine Ahnung von Manzi und verstehe nicht das geringste vom Steuereintreiben.«
    »Nun«, knurrte der brummige grauhaarige Mann diesmal widerwillig beifällig, »nun, Freimut sowie das Fehlen von Überheblichkeit sind zumindest erfreulich neue Eigenschaften bei einem Steuereintreiber. Freilich bezweifle ich, daß sie Euch bei Eurer Aufgabe behilflich sein werden.«
    »Nein«, erklärte Magistrat Fung. »Auch nicht mehr, als wenn Ihr Euch zu ehrwürdiger Fülle mästetet und Euch das Haar schwarz färbtet, Kuan Polo. Auch ich will kein Blatt vor den Mund nehmen. Ich sehe keine andere Möglichkeit für Euch, hier in Manzi Steuern für das Khanat einzutreiben, außer Ihr ginget selbst von Tür zu Tür und fordertet sie ein, oder aber Ihr schicktet zu diesem Zweck ein ganzes Heer aus, das freilich mehr kosten würde, als Ihr einnähmet.«
    »Wie dem auch sei«, ließ Agayachi sich vernehmen, »ich hätte auch gar kein Heer, das ich Euch abtreten könnte. In einer Hinsicht jedoch habe ich vorgesorgt -für Euch und Eure Dame -, mit einem schönen Haus in einem guten Stadtviertel nämlich, das wohl mit Dienerschaft ausgestattet ist. Wenn Ihr bereit seid, werden meine Leute Euch das Anwesen zeigen.«
    Ich dankte ihm und sagte dann zu meinem neuen Adjutanten: »Wenn ich schon nicht gleich anfangen kann, meine Aufgabe zu meistern, könnte ich vielleicht einen Anfang damit machen, daß ich meine Umgebung kennenlerne. Würdet Ihr uns in unser Haus begleiten, Magistrat Fung, und uns unterwegs ein wenig von Hang-zho zeigen?«
    »Mit Vergnügen«, sagte er. »Und zwar werde ich Euch zuerst an jene Stelle führen, von der aus man den überwältigendsten Blick auf unsere Stadt hat. Wir haben genau die richtige Mondphase und - jawohl -es ist auch genau die richtige Stunde für das Erscheinen des hai-xiao. Laßt uns sofort aufbrechen.«
    Es waren weder Wasser-noch Sanduhren zu sehen; ja, nicht einmal eine Katze trieb sich herum, weshalb ich mir nicht darüber klar war, warum er so sicher in der Zeitangabe war oder was die Zeit mit dem hai-xiao zu tun hatte, noch worum es sich dabei überhaupt handelte. Gleichwohl wünschten Huisheng und ich dem Wang und seinen Ministern einen guten Abend und verließen dann samt unserem kleinen, aus Schreiber und Sklaven bestehenden Gefolge und in Begleitung des Magistrats Fung den Palast.
    »Wir fahren mit dem Boot von hier bis zu Eurer Residenz«, sagte er. »Auf der Kanalseite des Palastes wartet schon eine königliche Barke. Doch

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