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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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tausend Stücke zerrissen wurde.«
    »Da wir gerade bei angemessenen Strafen sind, Wei-ni« -wir redeten uns inzwischen formlos mit Vornamen an -»welche, meint Ihr, wird der Khakhan Euch und mir wegen Nachlässigkeit im Amt zumessen? Weit gekommen sind wir mit unseren Besteuerungsstrategien noch nicht. Ich glaube nicht, daß Kubilai Regenwetter als Entschuldigung gelten läßt.«
    »Marco, warum sich abmühen mit Plänen, die doch nie in die Praxis umgesetzt werden können?« sagte er träge. »Außerdem regnet es heute gar nicht. Laßt uns einfach hier sitzen, die Sonne, das linde Lüftchen und den geruhsamen Anblick genießen, den Eure Dame beim Blumenpflücken im Garten bietet.«
    »Wei-ni, Hang-zho ist eine reiche Stadt.« Ich ließ mich nicht beirren.
    »Die einzige überdachte Markthalle, die ich jemals gesehen habe, und außerdem zehn Marktplätze unter freiem Himmel. Und auf allen wimmelt es von Menschen und Geschäftigkeit außer es regnet, jedenfalls. Lustpavillons auf den Inseln im See. Wohlhabende Fächermacherfamilien. Florierende Freudenhäuser. Von denen nicht einer und nicht eines bisher auch nur einen einzigen tsien an das Schatzamt der neuen Regierung abführt. Und wenn Hang-zho so wohlhabend ist, wie steht es mit dem Rest von Manzi? Erwartet Ihr von mir, daß ich einfach still dasitze und zulasse, daß kein Mensch jemals eine Kopfsteuer oder eine Grundsteuer oder eine Gewerbesteuer bezahlt oder…?«
    »Marco, ich kann Euch immer nur wiederholen -wie es sowohl ich als auch der Wang Euch wiederholt erklärt haben -, daß auch noch die allerletzten Steuerunterlagen der Sung-Verwaltung zusammen mit dem Sung-System verschwunden sind. Vielleicht hat die alte Kaiserin aus weiblicher Arglist heraus befohlen, sie zu vernichten. Wahrscheinlich ist jedoch, daß ihre Untertanen im selben Augenblick, da sie dem Khakhan entgegenzog, um ihm ihre Krone auszuliefern, die Hallen der Aufzeichnungen sowie die cheng-Archive gestürmt und alle Unterlagen vernichtet haben. Das ist verständlich. Und stand zu erwarten. Das geschieht doch überall, wo Eroberer einziehen, das heißt: bevor die Eroberer einziehen, so daß…«
    »Gewiß, gewiß. Das ist eine Tatsache, mit der ich mich abgefunden habe. Aber mich interessiert nicht, wer den Steuerbeamten der Sung wieviel gezahlt hat! Ein Haufen verstaubter alter Hauptbücher sind mir völlig schnuppe.«
    »Aber ohne sie, versteht Ihr…« Er lehnte sich vor und hielt mir drei Finger vors Gesicht. »Ihr habt die Wahl zwischen drei
    Möglichkeiten. Entweder, Ihr wendet Euch persönlich an jeden Marktstand, an jede Trinkstube und an jede Herberge auf jeder Insel oder klopft an jedes Arbeitskabäuschen einer Hure…«
    »Was unmöglich ist.«
    »… oder Ihr bedient Euch eines ganzen Heeres von Leuten, das für Euch zu tun.«
    »Was Ihr als unpraktikabel verworfen habt.«
    »Ja. Aber nur um es in Gedanken einmal durchzuspielen: Ihr geht also an einen Marktstand, wo ein Mann Hammelfleisch verkauft. Ihr verlangt von ihm den dem Khakhan zustehenden Anteil vom Wert dieses Hammelfleisches. Er sagt: ›Aber Kuan, ich bin doch gar nicht der Eigentümer dieses Standes. Sprecht mit meinem Herrn dort drüben.‹ Ihr wendet Euch an diesen anderen Mann, und er sagt: ›Ich bin hier zwar der Meister, aber ich verwalte diesen Stand nur für den Besitzer, der in Su-zho sein Alter verbringt.‹«
    »Ich würde beiden nicht glauben.«
    »Aber was wollt Ihr tun? Aus dem einen Geld herauspressen? Oder aus beiden? Wo Ihr von beiden doch bloß Kleingeld bekommt? Und überseht dabei den Eigentümer -der vielleicht ganz Manzi mit Hammelfleisch beliefert -, der wirklich Eurem Zugriff entzogen in Su-zho ein Leben in Saus und Braus führt. Und wollt Ihr diese ganze Aufregung an jedem Zahltag bei jedem Marktstand erleben?«
    »Vakh! Da käme ich nie weiter als bis zu diesem einen Marktplatz.«
    »Hättet Ihr jedoch die alten Hauptbücher, wüßtet Ihr, wer steuerpflichtig wäre und wo Ihr ihn finden würdet und wieviel er beim letztenmal ungefähr bezahlt hat. Und da liegt nun die dritte Möglichkeit -die einzige, die wirklich praktikabel wäre: legt neue Hauptbücher an. Noch ehe Ihr überhaupt jemand auf den Pelz rückt, damit er zahlt, braucht Ihr eine Liste von jedem Geschäftsunternehmen oder Laden oder Hurenhaus oder
    Eigentum oder Grundstück. Und dazu noch die Namen aller Eigentümer und Besitzer und Haushaltsvorstände. Und eine Schätzung, wieviel der Besitz etwa wert ist und wie hoch sich der

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