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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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»daß ein kleiner Teich leicht gefüllt wird und die Vorderpfoten einer Maus, genauso ist ein Mann, der nichts taugt, leicht befriedigt.«
    »Zuerst war ich mit dem Bruder von diesem hier verheiratet«, sagte die Frau. »Als ich zur Witwe wurde und die anderen Fischer meinen Mann tot nach Hause brachten -an Deck zermalmt, sagten sie, von einem frischgefangenen Duyong, der mit dem Schwanz peitschte -, hätte ich mich verhalten sollen, wie es sich für eine sati gehört, und mich auf den Scheiterhaufen stürzen, auf dem er verbrannt wurde. Aber ich war noch jung und hatte noch keine Kinder, und so drängte der Dorf-sadhu mich, diesen Bruder meines Mannes zu ehelichen und Kinder zu bekommen, damit die Familie nicht ausstirbt. Ach ja, ich war eben noch jung.«
    »Das ist wohl gesagt«, erklärte Tofaa und kicherte lüstern, »daß eine Frau unter ihrem Gürtel niemals alt wird.«
    »Wie wahr«, entgegnete die Frau mit einem schmierigen Lachen, »es ist aber auch wohl gesagt: Ein Feuer läßt sich nicht mit zuviel Holz entfachen, und eine Frau lodert nicht, wenn zu viele sthanu da sind.«
    Beide lachten sie geil. Dann sagte Tofaa mit einer brettchenbewehrten Handbewegung, welche die Kinder umfaßte, die sich auf der Türschwelle drängten: »Zumindest ist er fruchtbar.«
    »Das ist ein Karnickel auch!« knurrte die Frau. »Es ist wohl gesagt: Ein Mann, der in Leben und Taten nichts Außergewöhnliches leistet, das ihn über seine Mitmenschen erhebt, vergrößert nur die Masse.«
    Schließlich wurde ich es leid, den Unterwürfigen zu spielen und wie mein Gastgeber eingeschüchtert Schweigen zu bewahren. In dem Versuch, zu einer Art Gespräch mit ihm zu kommen, zeigte ich auf mein noch hochgefülltes Brettchen und stieß einen verlogenen Schmatzlaut aus, als hätte mir das Zeug gemundet. Dann versuchte ich durch Gesten von ihm herauszubekommen, was das denn für Fleisch unter der kàri-Sauce sei. Er begriff und sagte mir, was es sei -und mir ging auf, daß ich noch ein Wort aus der Sprache dieser Menschen
    kannte:
    »Duyong.«
    Daraufhin erhob ich mich, trat zur Hütte hinaus und holte erst ein paarmal tief Luft. Diese jedoch roch nach Rauch und Fisch, Abfällen und Fisch, ungewaschenen Menschen und Fisch und rotznasigen Kindern - gleichwohl, es half. Ich ging beide Kuddalorer Straßen bis nach Einbruch der Dunkelheit auf und ab und kehrte erst danach zur Hütte zurück. Die Kinder schliefen auf dem Fußboden des Vorderraums mitten unter unseren schmierigen, abgegessenen Holzbrettchen; auch die Erwachsenen schliefen vollständig angekleidet in ihren palangs. Unter einigen Schwierigkeiten gelang es mir, in die meine zu klettern, fand sie behaglicher, als ich zuerst angenommen hatte, und schlief ein. Dann jedoch wurde ich zu nachtschlafener dunkler Stunde von Geschnauf und Gestöhn geweckt; offenbar war der Mann zu seiner Frau in die palang geklettert und machte jetzt geräuschvoll surata, wiewohl sie weiterhin schnarchte und ihm irgend etwas zuzischelte. Auch Tofaa war wach geworden und erzählte mir später, was die Frau gesagt hatte:
    »Vergiß nicht, du bist nur der Bruder meines verstorbenen Gatten, auch wenn seither noch so viele Jahre vergangen sind. Wie der sadhu gesagt hat, ist es dir streng verboten, das Ausüben deiner Samenspenderfunktion zu genießen. Keine Leidenschaft, hörst du? Du sollst es nicht genießen!«
    Ich war nachgerade zu der Überzeugung gelangt, endlich in die Urheimat der Amazonen und damit an den Quell all der Legenden über sie gekommen zu sein. Eine dieser Legenden lautete dahingehend, daß sie nur ein paar kümmerliche Männer hielten, sie zu schwängern, wenn es sich als notwendig erwies, neue Amazonen hervorzubringen.
    Am nächsten Tag fragte unser Gastgeber freundlicherweise unter seinen Nachbarn herum und fand einen, der mit dem Ochsenkarren ins nächste Dorf weiter landeinwärts fuhr und sich bereit erklärte, Tofaa und mich mitzunehmen. Wir dankten unserem Gastgeber und seiner Frau für ihre Gastfreundschaft, und ich drückte dem Mann ein Silberstück in die Hand, das seine Frau ihm augenblicklich entriß. Tofaa und ich hockten uns hinten auf den Ochsenkarren und wurden auf dem Weg durch das flache und morastige Land tüchtig durchgeschüttelt. Um die Zeit ein wenig totzuschlagen, fragte ich sie, was die Frau gemeint hatte, als sie von sati gesprochen hatte.
    »Das ist von alters her Sitte bei uns«, erklärte Tofaa. »Sati bedeutet ›treues Eheweib‹. Stirbt ein Mann und ist seine

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