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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Frau richtig sati, wird sie sich auf den Scheiterhaufen stürzen, auf dem seine Leiche verbrannt wird, und selbst auch sterben.«
    »Ich verstehe«, sagte ich nachdenklich. Vielleicht hatte ich unrecht damit, in allen Hindufrauen nichts als tyrannische Amazonen zu sehen, die keine einzige von den Eigenschaften besaßen, welche gute Gattinnen auszeichnen. »Als Vorstellung nicht allzu ungeheuerlich. In gewisser Weise sogar einnehmend. Daß ein getreues Eheweib ihrem lieben Gatten ins Jenseits nachfolgt, weil sie für immer mit ihm Zusammensein möchte.«
    »Nun, ganz so ist das nicht«, sagte Tofaa. »Es ist wohl gesagt: Das höchste der Hoffnung für eine Frau ist es, vor ihrem Gatten zu sterben. Und zwar einfach deshalb, weil die Misere, der eine Witwe ausgesetzt ist, sich nicht ermessen läßt. Ihr Mann ist wahrscheinlich ein großer Nichtsnutz, nur -was soll sie ohne Mann? Es werden ständig so viele Mädche n im Alter von elf oder zwölf mannbar -welche Chance hat da eine nicht mehr taufrische, abgewirtschaftete und nicht mehr junge Frau, sich wieder zu verheiraten? Schutzlos allein zurückgelassen, ohne, daß jemand für sie sorgt, ist sie nur überflüssig, wird verachtet und beschimpft. Wortwörtlich bedeutet unser Wort für Witwe ›tote Frau, die darauf wartet zu sterben‹. Ihr seht also, warum soll sie nicht gleich ins Feuer springen und es hinter sich bringen?«
    Das nahm dem hehren Gefühl, welches mit der Praxis des Witwenverbrennens verbunden ist, viel von seinem Glanz. Trotzdem meinte ich, es gehöre doch einiger Mut dazu und entbehre nicht einer gewissen stolzen Würde.
    »Nun, eigentlich«, sagte Tofaa, »rührt die Sitte daher, daß ein paar Frauen tatsächlich vorhatten, sich wieder zu verheiraten, sich ihre nächsten Gatten bereits ausgesucht und die, mit denen sie im Moment verheiratet waren, vergiftet hatten. Die Praxis des sati-Opfers wurde von den Herrschern und religiösen Führern ja gerade deshalb verlangt, um allzu häufigen Gattenmord zu verhindern. Es wurde zum Gesetz erhoben, daß, starb ein Mann aus welchen Gründen auch immer und war seine Frau nicht nachweislich unschuldig an seinem Tod, sie auf den flammenden Scheiterhaufen zu springen hätte; tat sie es nicht, sollte die Familie des Toten sie hineinwerfen. Deshalb überlegten die Frauen es sich fürderhin zweimal, ob sie ihren Mann vergifteten oder nicht, ja, es veranlaßte die Frauen, alles daranzusetzen, daß ihre Männer, wenn sie erkrankten oder alt wurden, überlebten und möglichst lange am Leben blieben.«
    Ich kam zu dem Schluß, daß ich in der Tat einem Irrtum unterlegen war. Das hier war nicht die Heimat der Amazonen. Es war die Heimat der Harpyen.
    Die letzte Meinung, die ich mir gebildet hatte, wurde auch nicht erschüttert durch das, was als nächstes durchsickerte. Wir kamen nach Sonnenuntergang in das Dorf Panruti. Auch hier gab es offensichtlich kein dak bangla, und wieder wandte Tofaa sich an einen Mann auf der Straße, und es wiederholte sich, was wir auch gestern erlebt hatten. Er eilte nach Hause, wir folgten ihm, er verwehrte uns laut den Eintritt und wurde beiseite gedrängt von einer auftrumpfenden Ehefrau. Der einzige Unterschied bestand darin, daß der unterdrückte Ehemann blutjung war und die Unterdrückerin nicht.
    Als ich ihr für die Einladung dankte und Tofaa das dolmetschte, geriet sie ein bißchen ins Stottern. »Wir danken Euch und… Eurem… errr… Gatten?… Sohn?«
    »Er war mein Sohn«, sagte die Frau. »Jetzt ist er mein Gatte.« Ich muß das Maul aufgerissen oder sie fassungslos angestarrt haben, denn sie fuhr fort zu erklären: »Als sein Vater starb, war er unser einziges Kind und wäre bald in einem Alter gewesen, wo er dies Haus samt allem, was darinnen ist, geerbt hätte; dann wäre ich eine Tote-Frau-die-darauf-wartet-zu-sterben gewesen. Deshalb bestach ich den sadhu unserer Gemeinde, mich mit dem Jungen zu verheiraten -denn der war noch zu jung und zu unwissend, um Einwände zu erheben -, und behielt auf diese Weise meinen Anteil an dem Besitz. Leider war als Ehegatte nicht viel Staat mit ihm zu machen. Bis jetzt hat er nur diese drei Kinder gezeugt: meine Töchter, seine Schwestern.« Sie zeigte auf schlaffmäulig und blödaussehende Kinder, die in sich zusammengesackt dahockten. »Bleiben das meine einzigen Kinder, werden als nächste die Männer erben, die sie heiraten. Es sei denn, ich gebe die Mädchen fort, damit sie devadasi-Tempelhuren werden. Oder, da sie so beklagenswert

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