Marco Polo der Besessene 2
gut weiterkommt. Das also, Marco, wäre der Auftrag. Wollt Ihr Euch erst mit Euren Onkeln besprechen, ob die auch einverstanden sind?«
»Aber nein, Sire, ich bin überzeugt, in dieser Sache für uns alle sprechen zu können. Es wäre uns nicht nur eine Ehre, den Auftrag zu übernehmen, und wir würden es gern tun; wir wären Euch ja auch noch zutiefst verpflichtet dafür, daß Ihr uns die Reise so sehr erleichtert.«
Während die Brautflotte zusammengestellt und ausgerüstet wurde, wickelte mein Vater die letzten Geschäfte der Compagnia Polo in Kithai ab, und ich brachte noch das eine oder andere zu Ende, was ich selbst angefangen hatte. Ich diktierte Kubilais Hofschreibern einen Brief, der zusammen mit der nächsten offiziellen Sendung des Khakhan an den Wang Bayan in Ava abgehen sollte. Ich übermittelte herzliche Grüße und sagte meinem alten Freunde Lebewohl; dann sagte ich, da das Volk der Muong Thai frei und unbesetzt bliebe, würde ich es als Freundschaftsdienst betrachten, wenn er dafür sorgen würde, daß der kleinen Dienerin Arùn die Freiheit gegeben und sie sicher in das Land ihres Volkes geleitet würde.
Dann entnahm ich den letzten Kithaier Gewinnen der Compagnia Polo, die mein Vater bereits in leicht transportierbare Edelsteine umgetauscht hatte, meinen Anteil - ein Päckchen mit schönen Rubinen -und trug diese nicht weiter als bis in die Gemächer des Finanzministers Lin-ngan. Er war der erste Hofbeamte, den ich in Khanbalik kennengelernt hatte, und war nun der erste, von dem ich mich persönlich verabschieden wollte. Ich übergab ihm das Päckchen mit den Edelsteinen und bat ihn, den Gegenwert zu nutzen, um den jungen Pagen des Khakhan bei Erreichung der Volljährigkeit ein größeres Geldgeschenk zu machen, damit sie etwas hatten, worauf sie zurückgreifen konnten, wenn sie darangingen, ihr eigenes Glück zu machen.
Dann ging ich durch den Palast und verabschiedete mich von anderen Leuten. Bei manchen dieser Besuche, die ich abstattete, handelte es sich um reine Pflichtübungen: etwa beim Hakim Gansui und der Khatun Jamui, Kubilais betagter Ersten Gemahlin. Etliche andere Besuche waren weniger förmlich, aber immer noch kurz: der beim Hofastronomen und dem Hofarchitekten. Und einen Besuch -den beim Palastbaumeister Wei -stattete ich nur ab, um ihm zu danken, jemals jenen Lustpavillon im Garten gebaut zu haben, in dem Hui-sheng und ich die Musik der Wasserrohre genossen hatten. Und den Minister für Geschichte suchte ich nur auf, um ihm zu sagen:
»Jetzt könnt Ihr noch eine Kleinigkeit in Euren Archiven festhalten. Im Jahre des Drachen, nach Han-Zählung das Jahr dreitausendneunhundertneunzig, verließ der Fremde Po-lo Mahko endlich die Stadt des Khan, um in sein heimatliches Wei-ni-si zurückzukehren.«
In Erinnerung an eine Unterhaltung zwischen uns beiden vor langer, langer Zeit lächelte er, und er fragte: »Soll ich festhalten, daß Khanbalik durch sein Hiersein gewonnen hat?«
»Das zu entscheiden, ist Sache von Khanbalik, Minister.«
»Nein, das festzustellen, ist Sache der Geschichte. Aber hier seht -« er nahm einen Pinsel zur Hand, feuchtete seinen Tintenstein an und schrieb auf ein bereits beschriebenes Blatt Papier eine Reihe von oben nach unten führender Schriftzeichen. Darunter erkannte ich auch das Schriftzeichen, welches mein persönliches yin-Siegel schmückte. »Da. Die Kleinigkeit ist festgehalten. Kommt in hundert Jahren wieder, Polo, oder in tausend, und Ihr werdet sehen, daß man sich dieser Kleinigkeit immer noch erinnert.«
Andere Abschiedsbesuche waren von großer Herzlichkeit und zogen sich sehr in die Länge. Ja, bei dreien -denen des Hoffeuerwerkers Shi Ix-me und beim Hofgoldschmied Pierre Boucher, besonders aber mein Besuch bei Chao Meng-fu, dem Kriegsminister, Hofmaler und einstigen Mitverschwörer dauerten sie bis tief in die Nacht und endeten erst, als wir so betrunken waren, daß wir einfach nicht mehr konnten.
Es erreichte uns die Nachricht, daß die Schiffe bereit wären und im Hafen von Quan-zho auf uns warteten. Mein Vater und ich geleiteten Onkel Mafìo in die Gemächer des Khakhan, damit wir der Dame vorgestellt wurden, die unserer Obhut anvertraut werden sollte. Zunächst stellte Kubilai uns die drei Abgesandten vor, die gekommen waren, um sie für den Ilkhan Arghun zu erbitten -ihre Namen lauteten Uladai, Koja und Apushka -und dann der Dame Kukachin, einem Mädchen von erst siebzehn Jahren, hübsch wie nur je eine Mongolin, die ich gesehen
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