Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Marcos und der Zauber des Augenblicks (German Edition)

Marcos und der Zauber des Augenblicks (German Edition)

Titel: Marcos und der Zauber des Augenblicks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Espinosa
Vom Netzwerk:
mich zu erinnern, einmal gehört zu haben, seine Großeltern seien französischer Abstammung gewesen.
    Als ich auf ihn zuging, sah ich auf die Uhr. Ich hatte nicht mehr viel Zeit, wenn ich zur Plaza Santa Ana kommen wollte, ehe der Handlungsreisende bei seinem Autounfall ums Leben kam.
    Der Sicherheitschef blickte mir entgegen. Ich war noch etwa dreißig Schritte von ihm entfernt. Er sagte nichts, weder begann er aus der Entfernung ein Gespräch, noch begrüßte er mich. Er wartete einfach nur, als sähe er durch mich hindurch. Das deutete auf den Typ Mensch hin, der er war. Dreimal senkte er den Blick, schaute zum Fenster hinaus, während er unbeirrt weiterrauchte.
    Schließlich stand ich vor ihm.
    »Hallo, du erinnerst dich vielleicht nicht an mich, ich bin …«
    »Ich weiß, wer du bist. Der mit der Gabe«, sagte er mit einem zynischen Lächeln. Dieses Lächeln gefiel mir überhaupt nicht. Knapp erwiderte ich:
    »Genau der.«
    »Aber heute bei dem Fremdling hat sie dir nicht viel genützt«, sagte er. »Du hast Muffensausen bekommen.«
    Sein Blick war jetzt herausfordernd. Er gefiel mir ganz und gar nicht. Ganz eindeutig traute er mir nicht.
    »Deine Mutter ist doch diese berühmte Tänzerin, oder?«, fügte er hinzu, wieder mit dem aufgezogenen Lächeln im Gesicht.
    Da wusste ich, dass er Nachforschungen über mich angestellt hatte und seine Frage allein dazu gedacht war, mir seine Macht zu demonstrieren. Seine hinterhältige Art machte es mir leichter, meinen Auftrag durchzuführen, auch wenn er dadurch nicht redlicher wurde.
    »Ja, das war meine Mutter«, antwortete ich. »Sie ist gestern gestorben.«
    Er schluckte. Seine Informationen waren nicht auf dem neuesten Stand. Es kann sein, dass er so etwas wie »Tut mir leid« murmelte, allerdings kaum verständlich. Laut wären ihm diese drei Worte bestimmt nicht über die Lippen gekommen.
    Meine Mutter hat mir beigebracht, niemandem zu vertrauen, der nicht »Tut mir leid« oder »Entschuldigung« sagen kann. Sie war der Ansicht, das sei etwas, worauf man im Leben ohne Scheu oder Angst immer wieder zurückgreifen können müsste.
    Das Telefon des Sicherheitschefs klingelte. Er sah auf das Display.
    »Diese verdammten Journalisten werden noch alles vermasseln«, sagte er.
    »Was vermasseln?«, fragte ich.
    Wütend sah er mich an.
    »Glaub nicht, der Fremdling sei harmlos, weil er noch so jung ist und einen netten Eindruck macht«, sagte er. »Ich habe ihn befragt, und ich habe zwar keine Gabe, aber ich sage dir, dieser Typ ist nicht der, der er zu sein vorgibt.«
    »Und woher willst du das wissen?«
    »Seine Schmerzgrenze. Kein normaler Mensch ist so unempfindlich gegen Schmerzen.«
    Er zog eine neue Zigarette aus der Packung und zündete sie an der noch brennenden an. Da erinnerte ich mich, auf den umgedrehten Verhörfotos Brandmale von Zigaretten an dem Fremdling gesehen zu haben. All die Quälereien waren das Werk dieses Typen hier, seine Kunst der Informationsgewinnung.
    Ich hatte meine Gabe noch nicht aktiviert, doch was ich sah, widerte mich an.
    »Und selbst wenn er von einem anderen Planeten kommt«, platzte ich heraus. »Hat er nicht das Recht, seine Herkunft zu verschweigen?«
    Er sah mich verwundert an. Wahrscheinlich konnte er mit meinen Worten nicht viel anfangen. Ich merkte, dass er mich gern verhört hätte, um herauszufinden, was ich wirklich wusste und worüber ich mit dem Fremdling gesprochen hatte, während die Kameras und Mikrophone ausgeschaltet waren. Stattdessen zog er jedoch nur an seiner Zigarette und sagte:
    »Nein, das hat er nicht.«
    Nie hätte ich gedacht, dass das Leben so viel Ähnlichkeit mit einem Film haben kann. Da kommt jemand von einem anderen Planeten, und alle wollen nur, dass er sich als solcher zu erkennen gibt und seine Absichten erläutert.
    Andererseits war es wiederum nicht so erstaunlich –wenn wir schon einen illegalen Einwanderer, der in unser Land kommt, schlecht behandeln, was steht dann erst einem illegalen Außerirdischen bevor?
    »Wolltest du etwas Bestimmtes?«, fragte der Sicherheitschef, ganz offensichtlich in dem Bestreben, unserer Unterhaltung ein Ende zu machen.
    »Nein. Ich war auf der Suche nach meinem Chef, aber wie ich sehe, ist er nicht hier«, log ich.
    »Nein, ist er nicht. Ganz schön jämmerliche Gabe, die du da hast.«
    Ehe ich ging, aktivierte ich meine Gabe. Zum ersten Mal sah ich ihm direkt in die Augen, und er übermittelte mir unfreiwillig all seine entscheidenden Emotionen.
    Das Böse war

Weitere Kostenlose Bücher