Marcos und der Zauber des Augenblicks (German Edition)
junge Thailänder und der ältere Holländer im Anzug kamen heraus.
Der Thailänder trug einen jener metallgrauen Koffer, wie man sie nur verwendet, wenn man etwas Wertvolles bei sich trägt. Beide musterten mich von oben bis unten. Ich glaube, es überraschte sie, mich barfüßig zu sehen. Oder vielleicht auch nicht … Immer, wenn ich mich irgendwie anders fühle, denke ich, dass es allen anderen auffallen muss, doch in Wirklichkeit merken die meisten so etwas nie.
Dabei fällt mir ein Lied ein, in dem es heißt: »Die Schönen sind die Sonderbaren, jedermann weiß das, aber keiner traut sich, es zu sagen. Auch sie gefallen sich nicht und haben Komplexe, weil sie anders sind.« Diese Strophe hat mir immer gefallen. Auch wenn das über die Schönen nicht wirklich stimmt, aber ich mag den Gedanken, dass Schönsein auch keine Garantie ist. Ich bin es ganz eindeutig nicht, sonst würde mir das Lied wahrscheinlich nicht so gut gefallen.
Meine Mutter sagte immer, ich sähe James Dean ähnlich. Wie Mütter eben sind. Allerdings hat mir im Laufe der Jahre etwa ein Dutzend Leute das Gleiche versichert. Ich habe Dean auf Menorca kennengelernt. Nicht persönlich natürlich, sein Autounfall war schon Jahre her, aber meine Mutter drehte damals einen Film auf der Baleareninsel, und der Regen unterbrach die Dreharbeiten. So saßen wir in unserem Hotel in Fornells und sahen zu, wie der Regen aus einem geplanten Strandsonntag einen langweiligen Wartetag machte. Einer dieser Tage, die nicht dazu geschaffen scheinen, einen nachhaltigen Eindruck im Leben zu hinterlassen.
Meine Mutter fragte mich, ob ich einen jener Stars kennenlernen wolle, die nur flüchtig am Firmament auftauchen, dabei jedoch so verzaubern, dass sie unvergesslich bleiben. Ich wollte mit meinen zwölf Jahren nur zu gern irgendwelche Sternschnuppen oder sonst was sehen, was mir an diesem Regentag die Zeit vertrieben hätte.
Wir haben hintereinander Jenseits von Eden , Denn sie wissen nicht, was sie tun und Giganten angeschaut. Nach Giganten fühlte ich, was meine Mutter prophezeit hatte: Ein unvergesslicher Star hatte mein Leben gekreuzt.
Ich bin mir nie darüber klargeworden, ob ich James Dean nun wirklich ähnlich sehe oder ob der Wunsch, ihm zu gleichen, dazu geführt hat, dass ich ihm mehr und mehr ähnele. Vielleicht ist es ein wenig so wie mit den Hunden, die mit der Zeit aussehen wie ihre Herrchen.
Meine These war immer, dass Dean nicht gutaussehend, sondern magisch ist. Und dass man seine Magie mit gutem Aussehen verwechselt.
Der junge Thailänder mit dem silbernen Koffer war allerdings wirklich gutaussehend. Er hatte tiefschwarzes Haar. Ich mag eindeutige Haarfarben. Ein weiteres Detail, das mir abgeht –mein Haar ist aschblond. Das Mädchen, das mich auf Capri umarmt hat, sagte immer, ich hätte wundervolles Haar, aber ich konnte nie herausfinden, ob sie es wirklich so meinte. Komplimenten, die im Bett gemacht werden, traue ich nicht besonders.
»Können wir hereinkommen?«, fragte der schwarzhaarige Thailänder, ohne sich auch nur vorzustellen.
»Aber klar, klar doch.« Ich wiederholte mich. Von klein auf sage ich immer alles zweimal, wenn ich nervös bin. Und ich war nervös.
Der ältere Holländer sagte gar nichts. Sie traten ein.
Direkt hinter der Türschwelle blieben sie stehen. Eine höfliche Formalität, die mir immer komisch vorkam, vor allem, wenn es nur einen möglichen Weg vom Eingang ins Wohnzimmer gibt. Leute, die so stehen bleiben, erinnern mich an Labormäuse, die darauf warten, dass man ihnen den Käse zeigt. Ich beschloss, sie aus ihrer misslichen Lage zu befreien, und führte sie ins Wohnzimmer.
Auf dem Sofatisch standen noch die benutzten Teller von meinem Abendessen. Nach wie vor beschränke ich mich auf drei Mahlzeiten täglich, nichts zwischendurch. Mir kam die absurde Idee, die Rollläden hochzuziehen, aber es war ja Nacht und somit völlig unsinnig.
Sie wollten sich gerade aufs Sofa setzen, da merkte ich, dass ich eigentlich nicht unbedingt zwei Unbekannte in meinem Wohnzimmer haben wollte. Eine innere Stimme riet mir davon ab.
»Gehen wir vielleicht lieber auf die Terrasse?«, fragte ich in einem Tonfall, der keinen Widerspruch zuließ.
Der Ältere sah zum Jüngeren, der einverstanden schien. Da wurde mir klar, dass der Junge der Leibwächter des Älteren war.
Bestimmt waren sie nicht nur einverstanden, weil die Sicherheitsmaßnahmen es zuließen, sondern auch, weil sie keine besondere Lust hatten, vor den Resten
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