Marcus Gladiator 02 - Strassenkämpfer
Clodius fasste sich nur an den Mund und berührte seine Lippe. Sein Finger war ein wenig rot befleckt. Er lächelte.
»Es sieht ganz so aus, als hättet ihr den ersten Hieb platziert, Cato. Was immer jetzt geschieht, ihr tragt die Verantwortung dafür.«
»Mach dich nicht lächerlich«, war alles, was Cato noch erwidern konnte, ehe Clodius dem anderen Senator seine Faust ins Gesicht hieb. Cato fiel mit einem Stöhnen nach hinten in die Reihen seiner Gefolgsleute.
»Jetzt!«, brüllte Clodius. »Zeit für eine Lektion!«
Mit gewaltigem Brüllen schleuderten die umstehenden Männer Hände voller Müll, faulen Gemüses und andere Wurfgeschosse, die sie gesammelt hatten, auf die Senatoren.
Schon bald waren die weißen Togen der Senatoren braun und grün befleckt, und die Männer hoben die Arme in die Höhe, um ihr Gesicht vor den Steinen und Holzstückchen zu schützen, die nun auf sie niederprasselten. Die Senatoren begannen sich die Treppen hinauf zurückzuziehen, auf den Eingang zum Senatsgebäude zu.
Marcus hatte sich jedoch nicht gerührt – er stand wie angewurzelt da. Clodius schaute ihn überrascht an und beugte sich zu ihm hinunter. »Worauf wartest du noch, Marcus? Eine Einladung? Mach mit!«
»Ich … ich kann nicht«, stammelte Marcus.
»Warum nicht?«
»Weil ich ein Sklave bin, Meister. Wenn man mich erwischt, wie ich einen freien Bürger verletze …«
»Das wird man nicht. Und warum nicht die Situation ausnutzen, he? Ein Sklave kann doch die Gelegenheit nicht versäumen, sich ein bisschen zu rächen? Mach schon, wirf auch etwas. Tu es für alle Sklaven, die im Besitz von Senatoren sind. Tu es für sie. Tu es für dich.« Er kicherte. »Und tu es für Spartakus. Keiner wird es je erfahren.«
Marcus war von der Raserei der Meute aufgewühlt und zutiefst unglücklich über seine Lage, und da rührte die Erwähnung seines Vaters ihn im Herzen. Ein brodelnder Wirbel von Empörung, Wut und Hass auf alles, was er durchlitten hatte, seit man ihn von seinem Zuhause fortgerissen hatte, flutete durch seinen ganzen Körper. Ehe er es sich versah, hatte Marcus von den Steinplatten zu seinen Füßen einen Kieselstein von der Größe eines Wachteleis aufgehoben. Er holte weit aus und warf den Kiesel mit aller Wucht in die brodelnde Masse aus Männern und Togen, die sich in den Schutz des Senatsgebäudes drängten. Er sah nicht, wo der Stein landete, konnte aber auf diese Entfernung nicht danebengetroffen haben. Er verspürte ein ungeheures Hochgefühl.
Clodius lachte, als er seinerseits auch einen Stein warf. »Weiter so, Marcus! Noch einen!«
Marcus wollte gerade schon ein neues Wurfgeschoss finden oder seinen Knüppel dem nächsten Senator an den Kopf schlagen. Aber als er aufblickte, sah er ein irres Glitzern in Clodius’ Augen und die Lippen des Bandenführers verzogen sich in grausigem Vergnügen. Clodius kicherte wie ein Kind, während er sich herunterbeugte, einen Stein aufnahm und warf, immer und immer wieder. Marcus spürte, wie das Feuer in seinem Inneren erlosch und stattdessen eine große Kälte über ihn kam. Irgendetwas an Clodius jagte ihm Angst ein. Der Mann schien völlig außer Rand und Band zu sein.
Marcus wurde durch einen Schrei ganz in seiner Nähe aus den Gedanken gerissen.
»Achtung! Milo ist hier!«
Auf diese Warnung hin fuhren Clodius’ Leute herum. Die Senatoren nutzten diese kleine Unterbrechung des Beschusses und taumelten ins Senatsgebäude. Wenig später schlossen sich die Türen mit dumpfem Dröhnen. Marcus, der viel kleiner war als die Männer, die ihn umgaben, fühlte sich eingeklemmt. Er wollte unbedingt sehen, was vor sich ging. Er rannte die ersten Stufen hinauf, drehte sich um und blickte über das Forum. Clodius’ Leute waren herumgewirbelt, um den Gestalten entgegenzutreten, die vom Aventin her auf das Forum geströmt kamen. Das Gelände zwischen den beiden kämpfenden Parteien war noch leer, nur eine Handvoll Statuen warfen lange Schatten auf das Pflaster. Milos Männer waren mit Knüppeln, Beilen, Äxten, Messern und einer Reihe tödlich wirkender Instrumente bewaffnet.
Aber Marcus hatte nur wenig Zeit, das Schlachtfeld zu betrachten, ehe ihn Clodius an seine Seite rief und sich dann mit ihm einen Weg durch den Mob und auf die andere Seite bahnte, sodass er den herbeistürmenden Horden entgegentreten konnte. Marcus zog sich seine Mütze fester auf den Kopf. Das Blut gefror ihm in den Adern, als er die Kämpfer erblickte, denen er gegenüberstand. Plötzlich
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