Marcus Gladiator - Aufstand in Rom (German Edition)
den Zugang zum Hauptlager. Als die ersten Schatten der Abenddämmerung über die Berge herabsanken, brachte Mandracus seine Männer zum Stehen und rief Lupus nach vorn. Der Junge stand aufgeregt vor ihm und Mandracus lächelte mit blitzenden Zähnen.
»Jetzt siehst du, warum uns die Römer niemals besiegen können.« Er deutete mit einem muskulösen Arm über die sie umgebende Landschaft. Sie standen in einem schmalen Tal knapp über der Schneegrenze.
Baumbedeckte Hänge ragten zu beiden Seiten und am Endedes Tales auf. Es waren keinerlei Anzeichen einer Ansiedlung oder sonstige Lebenszeichen zu sehen; nur ein kleiner Bach tauchte links am Fuß einiger Felsklippen auf. Das Wasser floss rasch über die Steine und hinunter zum Talboden. An einigen Stellen war es gefroren und bildete glänzende Eisskulpturen. Der Ort wirkte gottverlassen und Lupus schauderte.
Zunächst hatte er sich nur nach der Bequemlichkeit von Caesars Haus in Rom gesehnt und stumm den Tag verflucht, an dem ihn sein Herr als Begleiter nach Ariminum mitgenommen hatte. Aber dann stellte Lupus fest, dass die Männer, die ihn gefangen genommen hatten, sehr viel mehr zu bieten hatten, als er gedacht hatte. Zuerst hatten sie ihm Angst und Schrecken eingejagt und er fürchtete um sein Leben. Nach einer Weile jedoch glaubte er nicht mehr, dass sie ihm wehtun wollten. Jeden Abend hatten Mandracus und seine Männer um ein Feuer gesessen, gegessen, was immer sie in den vergangenen Tagen an Verpflegung aufgetrieben hatten, und sich gut gelaunt unterhalten, ehe sie sich zum Schlafen niederlegten. Sie teilten ihr Essen mit Lupus und behandelten ihn mit einer raubeinigen Freundlichkeit, die ihn überraschte.
»Du bist jetzt frei, Junge!« Mandracus grinste, als sie am ersten Abend ihr Lager aufschlugen. »Keine Herren mehr, die dir Befehle geben. Wir sind hier alle Kameraden. Keine Herren, keine Sklaven. Wir leben vom Land und von denen, die sich an Sklaven bereichert haben. Du gewöhnst dich schon noch dran. Ich denke, du bist immer noch ein bisschen ängstlich, was?«
Lupus nickte.
»Nun, das brauchst du nicht. Niemand wird dich hier auffressen. Wo wir gerade vom Fressen reden«, sagte der Rebellenanführer, wühlte in seiner Satteltasche und zog einen kleinen Laib Brot und einen Brocken Käse heraus. »Hier. Iss das. Du musst bei Kräften bleiben.«
»Danke.« Lupus rutschte näher zum Feuer und ließ die Wärme der Flammen in seine müden Muskeln sickern. Er schluckte den ersten Bissen und wandte sich dann an Mandracus. »Was wird mit mir geschehen, wenn ihr mich zu Brixus gebracht habt?«
»Das liegt an Brixus«, erwiderte Mandracus und biss ein kleines Stück von einem Streifen getrocknetem Rindfleisch ab. »Er will dich wahrscheinlich über Caesar und deinen Freund Marcus ausfragen, ehe er entscheidet, was als Nächstes zu tun ist. Ich denke mal, er wird dir die Gelegenheit geben, dich der Rebellenarmee anzuschließen.«
»Und wenn ich mich weigere?«
»Glaub mir, du wirst dich nicht weigern, sobald du einmal verstanden hast, worum es hier geht. Wenn Brixus dir seine Pläne erläutert hat, willst du bleiben und mit uns kämpfen und der Sklaverei ein Ende machen.«
»Du scheinst dir deiner Sache sehr sicher zu sein.«
»Sagen wir einfach, dass Brixus sehr überzeugend sein kann. Wahrscheinlich ist es auch klüger, das Angebot nicht abzulehnen.«
Lupus nickte und aß weiter, ehe er wieder sprach. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich immer auf der Flucht leben möchte. Ich war zwar Sklave, aber ich bin doch recht gut behandelt worden.«
»Da hast du Glück gehabt«, murmelte Mandracus. »Dochdie meisten Sklaven werden nicht so verwöhnt, wie es bei dir der Fall war, Lupus. Die meisten werden zu Tode geschunden. Viele in Bergwerken und auf Landgütern. Das sind die schlimmsten Orte für Sklaven. Dort war ich, ehe Spartakus und seine Männer mich vor all den Jahren gefunden haben. Es scheint eine Ewigkeit her zu sein. Seither bin ich frei. Ja, man hat mich gejagt, und ich habe mich oft gefragt, wie lange das alles dauern wird. Doch ich bin immer noch frei, und ich habe eine Frau und zwei kleine Töchter, und die kennen nur die Freiheit.«
»Es muss ein hartes Leben sein, hier in den Bergen.«
»Das Leben ist hart«, gestand Mandracus ein. »Es ist ein Kampf. Aber wir behandeln einander mit Respekt, wir teilen, was wir haben, und wir können unser eigenes Schicksal bestimmen. Das kann kein Sklave je tun. Dank der Menschen wie deinem früheren Herrn.
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