Margaret Mitchell
Equipage nach Hause, und kaum hatten die vier
Damen Platz genommen, da brach sie los. »Das hast du nun davon, Pittypat
Hamilton, nun bist du wohl zufrieden!«
»Womit?«
Es schwante Pitty nichts Gutes.
»Mit dem
Benehmen des elenden Burschen Butler, den du unter deinen Schutz genommen
hast.«
Pittypat
verlor unter der Wucht dieser Anklage so völlig die Fassung, daß sie nicht auf
den Gedanken kam, Mrs. Merriwether zu erwidern, sie habe ja auch bei
verschiedenen Gelegenheiten den Menschen Butler bewirtet. Scarlett und Melanie
dachten wohl daran, aber sie schwiegen aus Höflichkeit gegen die älteren Damen
und betrachteten angelegentlich ihre behandschuhten Hände.
»Er hat
uns alle beleidigt und die Konföderierten Staaten dazu!«
Mrs.
Merriwethers mächtiger Busen wogte gewaltig unter dem glitzernden Schmuck der
Borten. »Um Geld kämpfen! Unsere führenden Männer uns belügen! Ins Gefängnis
gehört er, ja, ins Gefängnis! Ich spreche noch mit Dr. Meade darüber. Wenn nur
Mr. Merriwether noch lebte, er würde ihn sich ins Gebet nehmen. Pittypat
Hamilton, höre nun, was ich dir sage. Du darfst den Schurken nie wieder dein
Haus betreten lassen!«
Pittypat
wimmerte hilflos und mit einem Gesicht, als wünsche sie auf der Stelle den Tod
herbei. Flehend schaute sie zu den beiden Mädchen hinüber, die ihre Augen
durchaus nicht aufschlagen wollten, und dann voller Hoffnung auf Onkel Peters
aufrechten Rücken. Sie wußte, er verfolgte aufmerksam Wort für Wort, was
gesprochen wurde, und sie hoffte, er möchte sich umdrehen und die Unterhaltung
in die Hand nehmen, wie er es manchmal tat. Sie hoffte, er würde sagen: »Miß
Dolly, lassen Sie nun Miß Pitty in Ruhe!«
Aber Onkel
Peter rührte sich nicht. Rhett Butler war ihm von ganzem Herzen zuwider, und
das wußte die arme Pitty. Sie seufzte: »Nun, Dolly, wenn du meinst ... «
»Allerdings
meine ich«, erwiderte Mrs. Merriwether scharf. »Was hast du dir eigentlich
dabei gedacht, als du ihn zuerst empfingst? Von heute an wird er in keinem
anständigen Hause der Stadt mehr Zutritt haben. Faß dir nur einmal das Herz und
verbiete ihm deine Schwelle.«
Scarlett
kochte innerlich und hätte sich aufbäumen mögen wie ein Pferd, das eine fremde,
grobe Hand am Zügel fühlt, aber sie hatte Angst, etwas zu sagen. Die Gefahr,
Mrs. Merriwether könnte ihrer Mutter doch noch einen Brief schreiben, war gar
zu groß. »Könnte ich dir nur einmal geradeheraus sagen«, dachte sie, »was ich
von dir und deiner Herrschsucht halte!«
»Das noch
erleben zu müssen, daß so verräterisch von unserer Sache gesprochen wird!« fuhr
Mrs. Merriwether brodelnd in gerechtem Zorn fort. »Wer unsere Sache nicht für
heilig hält, sollte gehenkt werden. Ihr beiden Mädchen dürft überhaupt nicht
wieder mit ihm sprechen. Um Gottes willen, Melly, was fehlt dir?«
Melly war
bleich geworden, und ihre Augen waren riesengroß. »Und ich spreche doch wieder
mit ihm«, sagte sie leise, »ich will nicht ungezogen gegen ihn sein, ich
verbiete ihm das Haus nicht.«
Mrs.
Merriwethers Atem fuhr mit solcher Gewalt aus ihrer Lunge, als hätte sie einen
Stoß in den Magen bekommen. Tante Pittys volle Lippen klappten auf. Onkel Peter
wandte sich um und starrte.
»Warum
habe ich nicht den Mut gehabt, dasselbe zu sagen?« dachte Scarlett halb
eifersüchtig und halb bewundernd. »Wo hat der kleine Angsthase den Mut her, dem
alten Drachen Merriwether so die Stirn zu bieten?«
Melanies
Hände bebten, aber hastig, als fürchtete sie, der Mut könnte ihr wieder
schwinden, fuhr sie fort: »Ich darf um der Dinge willen, die er sagte, nicht
hart gegen ihn sein, weil ... es war ungezogen von ihm, es so laut zu sagen,
höchst verkehrt ... aber ... aber ... so denkt Ashley auch, und ich kann nicht
einem Manne das Haus verbieten, weil er ebenso denkt wie mein Mann.«
Mrs.
Merriwether hatte ihre Fassung wiedergefunden und brach los:
»Melly
Hamilton, ich habe im Leben noch nicht eine solche Lüge gehört. Einen Wilkes,
der ein Feigling war, hat es noch nie gegeben.«
»Ich habe
nicht gesagt, daß Ashley feige ist«, entgegnete Melanie, und ihre Augen
begannen aufzufunkeln. »Ich sage nur, daß er genauso denkt wie Kapitän Butler,
nur drückt er sich anders aus, und er geht nicht auf Tees und Gesellschaften
damit hausieren, hoffe ich, aber er hat es mir geschrieben.«
Scarletts
schlechtes Gewissen regte sich, indem sie nachsann, was Ashley wohl geschrieben
haben könnte, das Melly zu einer solchen Behauptung
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