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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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entfernt! Der General hatte sich von den
Yankees in drei Wochen um fünfundsechzig Meilen zurückdrängen lassen. Warum
hielt er die Yankees nicht auf, anstatt sich immer weiter zurückzuziehen? Ein
Dummkopf war er, und Graubärte aus der Landwehr und Leute aus dem Landsturm,
die wohlgeborgen in Atlanta saßen, versicherten ungeschminkt, sie hätten den
Feldzug geschickter zu führen verstanden. Sie zeichneten Landkarten auf die
Tische, um ihre Meinungen darzulegen. Als die grauen Reihen sich immer mehr
lichteten und der General zu neuen Rückwärtsbewegungen gezwungen war, forderte
er verzweifelt eben diese Männer beim Gouverneur an, aber der Landsturm fühlte
sich zu Hause am sichersten. Hatte doch der Gouverneur Brown sogar des
Präsidenten Davis Anforderungen abschlägig beschieden - wie sollte er gegen
General Johnston nachgiebiger sein?
    Kampf und
Rückzug, Rückzug und Kampf.
    Siebzig
Meilen weit und fünfundzwanzig Tage lang hatten die Konföderierten tagtäglich
im Gefecht gestanden. Die »Neue-HoffnungKirche« lag schon wieder hinter den
grauen Truppen, eine Erinnerung mehr in dem trüben, tollen Dunst bleicher
Erinnerungen. Hitze, Staub, Hunger, Müdigkeit. Der Trott auf den roten,
ausgefahrenen Straßen und durch den zähen Schlamm. Rückzug, Eingraben, Gefecht.
Rückzug, Eingraben, Gefecht. Schon war die »Neue-Hoffnung-Kirche« wie ein
Alpdruck aus einem anderen Leben, und ebenso Big Shanty, wo sie kehrtmachten
und wie die Teufel über die Yankees herfielen. Aber mochten sie die Feinde auch
niederkämpfen, bis die Felder blau von den Uniformen all der Toten waren, es
kamen immer mehr frische Yankees nach. Immer weiter bog die blaue Front mit
unheimlicher Stetigkeit nach Südosten ab, gegen die Rückzugslinie der
Konföderierten, gegen die Eisenbahn - gegen Atlanta!
    Von Big
Shanty zogen die müden, schlaflosen Kolonnen die Straße nach Kennesaw Mountain
hinunter und stellten sich bei dem Städtchen Marietta in einer zehn Meilen
langen Kurve aufs neue zum Kampf. An den steilen Hängen der Berge gruben sie
ihre Unterstände, und auf den ragenden Höhen stellten sie ihre Geschütze auf.
Unter unsäglichen Mühen schoben sie die schweren Kanonen über die abschüssigen
Hänge, wo kein Maultier sich mehr bewegen konnte. Kuriere und Verwundete
brachten der erschrockenen Bevölkerung beruhigende Nachrichten, die Höhen von
Kennesaw waren uneinnehmbar, ebenso Pine Mountain und Lost Mountain, wo
ebenfalls starke Befestigungen errichtet wurden. Die Yankees konnten den alten
Joe aus dieser Stellung schwerlich werfen, ja ihn kaum flankieren, denn die
Batterien auf den Berggipfeln beherrschten meilenweit die Zugangsstraßen.
Atlanta atmete wieder ruhiger, aber ...
    Kennesaw
Mountain war nur noch zweiundzwanzig Meilen entfernt.
    Eines
Tages, als die ersten Verwundeten von diesem neuen Schlachtfeld hereinkamen,
hielt Mrs. Merriwethers Wagen zu einer unerhörten Stunde, um sieben Uhr früh,
vor Tante Pittys Haus, und der schwarze Levi ließ Scarlett bestellen, sie müsse
sich sofort anziehen und ins Lazarett kommen. Auch Fanny Elsing und die
Bonnellschen Mädchen waren früh aus dem Schlaf geweckt worden und saßen gähnend
auf dem Rücksitz, und auf dem Bock knurrte die Elsingsche Mammy, einen Korb
frisch gewaschener Bandagen auf dem Schoß.
    Ungern kam
Scarlett mit, denn sie hatte die Nacht bis zum Morgengrauen auf dem Ball der
Landwehr getanzt, und die Füße waren ihr müde. Im stillen verwünschte sie die
unermüdliche Mrs. Merriwether, die Verwundeten und die ganze Konföderation des
Südens, während Prissy ihr das älteste, lumpigste Kattunkleid zuknöpfte, das
sie bei der Lazarettarbeit zu tragen pflegte. Sie schluckte das bittere Gebräu
aus gedörrtem Mais und getrockneten süßen Kartoffeln, das den Kaffee ersetzte,
hinunter und ging zu den anderen Mädchen hinaus.
    Sie hatte
die gesamte Krankenpflege satt. Noch heute wollte sie Mrs. Merriwether sagen,
die Mutter habe sie gebeten, zu Besuch nach Hause zu kommen. Das half ihr aber
nicht viel, die würdige Matrone in ihren aufgekrempelten Ärmeln und der großen
Schürze um die ansehnliche Gestalt sah sie nur scharf an und sagte: »Laß mich
solche Torheiten nicht wieder hören, Scarlett Hamilton. Ich schreibe deiner
Mutter heute noch, wie nötig wir dich brauchen. Binde die Schürze um und lauf
zu Dr. Meade hinüber, aber schnell! Er braucht jemanden, der ihm beim Verbinden
zur Hand geht.«
    »Ach
Gott«, dachte Scarlett verzweifelt. »Ich sterbe, wenn ich

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