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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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denen es ging wie Miß
Melly. Sie ist gewaltig müde und hat auch Angst für das Baby, aber ich sie
beruhigen und ihr etwas aus der Flasche geben, und nun schläft sie.«
    Die ganze
Familie hatte sich also bereits an dem Kornbranntwein gütlich getan. Scarlett
zog es wirr durch den Kopf, ob sie nicht lieber auch dem kleinen Wade etwas
davon geben sollte, damit sein Schluckauf nachließe. Und Melanie starb also
nicht, und wenn Ashley nach Hause kam, wenn er überhaupt nach Hause kam - doch
daran wollte sie später denken. An so vieles mußte sie noch denken, später - so
viel gab es zu entwirren und zu entscheiden. Könnte sie es doch alles für immer
hinausschieben! Plötzlich fuhr sie empor, als ein gleichmäßiges Knirschen
draußen die Stille durchbrach.
    »Das ist
Mammy«, erklärte Dilcey beruhigend. »Sie holt Wasser, um die jungen Misses
abzuspülen.«
    Scarlett
lachte nervös auf. Wie konnte das wohlvertraute Geräusch des Ziehbrunnens, das
sie seit ihrer frühesten Kindheit kannte, ihr noch einen Schrecken einjagen!
Dilcey blickte sie, während sie so lachte, unverwandt an, das reglose Gesicht
ließ sich nicht aus seiner Würde bringen. Aber Scarlett spürte, daß Dilcey sie
verstand. Sie sank in ihren Stuhl zurück. Wenn sie nur das feste Korsett los wäre,
den Kragen, der sie erstickte, und die Schuhe voll Sand und Kies, die ihr die
Füße wund rieben! Bald würde Mammy mit dem Wasser hier sein, Ellens Mammy, ihre
Mammy. Sie saß ganz still und in sich gekehrt da. Das Kleine, das sich schon
ganz vollgetrunken hatte, begann zu plärren, weil es die Brustwarze verloren
hatte. Dilcey führte den kleinen Mund schweigend an die Quelle zurück und
wiegte das Kind in den Armen, während Scarlett Mammys schurrenden Schritt
langsam durch den Hintergarten verfolgte. Als ihre gewichtige Person sich dann
der Tür näherte, erbebten die Dielen des Flurs. Nun endlich stand Mammy im
Zimmer, die beiden schweren Holzeimer zogen ihr die Schultern herunter, in dem
guten schwarzen Antlitz lag die abgrundtiefe Schwermut eines Affengesichts. Als
sie Scarlett erblickte, leuchteten ihre Augen auf. Die weißen Zähne
schimmerten. Sie setzte die Eimer nieder, und Scarlett lief ihr entgegen und
legte den Kopf an die breite, schwere Brust, an der schon so mancher schwarze
und weiße Kopf gelegen hatte. »Hier ist etwas, das nicht weint«, dachte
Scarlett, »etwas aus dem alten Leben, das unwandelbar bleibt.« Aber Mammys
erste Worte zerstörten diese schöne Empfindung.
    »Mammys
Kind ist wieder da! Ach, Miß Scarlett, was sollen wir nun tun, wo Miß Ellen im
Grabe liegt! Ach, Miß Scarlett, läge ich doch auch tot neben Miß Ellen! Ich
finde ohne Miß Ellen nicht durch. Nun ist nichts dageblieben weiter als Elend
und Sorge. Nur schwere Last, Liebling, nur schwere Last.«
    Scarlett
streichelte das runzlige schwarze Gesicht mit den Händen.
    »Aber
Liebling, deine Hände!« Mammy nahm die kleinen Hände mit all den Blasen und
Schwielen in die ihren und sah sie entsetzt und entrüstet an. »Miß Scarlett,
ich sage dir doch immer wieder, daß man eine Dame immer an ihren Händen
erkennt, und ... und auch dein Gesicht ist ganz sonnenverbrannt.«
    Arme
Mammy! Sicher würde sie sogleich sagen, daß junge Damen mit Blasen und
Sommersprossen keinen Mann bekämen.
    »Mammy, du
sollst mir von Mutter erzählen. Ich kann es nicht aushalten, wenn Pa von ihr
spricht.«
    Aus Mammys
Augen rollten die Tränen herab, als sie sich niederbeugte, um die Eimer
aufzuheben. Schweigend setzte sie sie neben dem Bett nieder, schlug das Laken
zurück und zog Suellen und Carreen die Nachthemden hinauf. Scarlett sah in dem
trüben, flackernden Licht, daß Carreen ein sauberes, aber zerfetztes Hemd
anhatte und Suellen in einen alten Morgenrock gehüllt war, in ein Gewand aus
braunem Leinen, besetzt mit irischen Spitzen. Mammy weinte stumm in sich
hinein, als sie die hageren Körper abspülte und mit dem Rest einer alten
Schürze abtrocknete.
    »Miß
Scarlett, die Slatterys waren es, das nichtsnutzige, heruntergekommene,
hungerleidende weiße Pack, die haben Miß Ellen umgebracht. Ich immer wieder
gesagt, es hat keinen Zweck, für solches Gesindel etwas tun, aber Miß Ellen war
in allem so weichherzig, daß sie nie nein sagte, wenn jemand sie brauchte.«
    »Slatterys?«
fragte Scarlett und wußte nicht, was sie davon halten sollte.
    »Die waren
auch krank hieran«, fuhr Mammy fort und wies auf die beiden nackten Mädchen.
»Alte Miß Slatterys ihr Mädchen, die

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