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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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Frauen anzünden ... wir
würden es doch nicht verlassen. Der junge Offizier war ein Gentleman.«
    »Ein
Yankee ein Gentleman?«
    »Ein
Gentleman. Er galoppierte davon und kam bald danach mit einem Militärarzt
zurück, der sich die Mädchen und Mutter ansah.«
    »Du hast
einen der verfluchten Yankees zu ihnen ins Zimmer gelassen?«
    »Er hatte
Opium. Wir hatten keines. Er hat deine Schwestern gerettet. Suellen hatte
Blutungen. Er war so, wie ein Arzt sein muß. Und als er bestätigte, sie seien
schwer krank, haben sie das Haus nicht angezündet. In Scharen kamen sie herein,
ein General und sein Stab. Alle Zimmer haben sie besetzt, außer dem
Krankenzimmer. Die Soldaten ... «
    Wieder
stockte er. Er war zu müde, um weiterzusprechen. Sein stoppeliges Kinn sank
schwer auf die Brust herab. Mit Mühe begann er von neuem. »Sie schlugen überall
rings um das Haus herum ihre Lager auf, in der Baumwolle und im Korn. Die Wiese
war ganz blau von ihren Uniformen. In jener Nacht brannten tausend Lagerfeuer.
Sie rissen die Zäune nieder und verbrannten das Holz, um darauf zu kochen;
danach die Scheunen, die Ställe und das Räucherhaus. Kühe, Schweine und Hühner
haben sie geschlachtet ... sogar meine Truthühner. Alles haben sie genommen,
sogar die Bilder, die Möbel, das Porzellan ... «
    »Und das
Silber?«
    »Pork und
Mammy haben das Silber irgendwo versteckt, vielleicht im Brunnen. Ich kann mich
jetzt nicht mehr darauf besinnen. Dann haben sie von hier, von Tara aus eine
Schlacht geschlagen. Es war ein entsetzlicher Lärm, wie immerfort welche
angaloppiert kamen und durchs Haus trampelten. Und dann die Kanonen von Jonesboro,
wie Donner klang es, die Mädchen mußten es hören und sagten immer wieder:
>Pa, der Donner soll still sein.<«
    »Und Mutter? Wußte sie, daß
Yankees im Hause waren?«
    »Sie wußte von nichts.«
    »Gott sei
Dank«, sagte Scarlett. »Das also ist Mutter erspart geblieben.«
    »Selbst
ich habe wenig von ihnen gesehen. Ich bin oben bei den Mädchen und bei Mutter
geblieben. Oft habe ich mit dem jungen Arzt gesprochen. Wenn er den ganzen Tag
bei den Verwundeten zu tun gehabt hatte, kam er abends herein und saß bei uns.
Er hinterließ uns sogar etwas Arznei. Als sie weiterzogen, sagte er mir, die
Mädchen würden wieder gesund, aber Mutter sei zu zart, um all das zu ertragen.
Er sagte, sie habe ihre Kräfte untergraben.«
    Wieder
schwiegen sie, und vor Scarlett stieg das Bild ihrer unermüdlichen Mutter auf,
wie sie in jenen letzten Tagen wohl gewesen sein mußte, wie sie gepflegt und
gearbeitet hatte, ohne Essen und ohne Schlaf, damit die anderen sich satt essen
und ausschlafen konnten.
    »Und dann
zogen sie weiter.« Er schwieg lange und suchte endlich nach Scarletts Hand.
»Nun bin ich froh, daß du wieder da bist«, sagte er leise.
    Von der
Hintertür war ein Scharren zu vernehmen. Pork war seit vierzig Jahren dazu
erzogen worden, sich die Schuhe abzutreten, ehe er ins Haus trat, und er vergaß
es auch jetzt nicht. Er kam behutsam mit zwei Kürbisflaschen herein. Der starke
Geruch des Alkohols zog vor ihm her.
    »Ich habe
eine ganze Menge übergegossen, Miß Scarlett, es geht furchtbar schwer, aus
einem Spundloch in eine Kürbisflasche zu gießen.«
    »Schon
gut, Pork, danke schön.« Sie nahm ihm das nasse Gefäß ab und zog die Nase über
dem Schnapsdunst kraus. »Trink, Vater«, sagte sie und drückte Gerald die
Flasche in die Hand, während sie Pork die zweite Flasche mit Wasser abnahm.
Gerald schlürfte gehorsam. Danach reichte sie ihm das Wasser, aber er
schüttelte den Kopf. Als sie selber den Whisky an den Mund setzte, sah sie, wie
seine Augen ihr mit einem Ausdruck der Mißbilligung folgten.
    »Ich weiß,
eine Dame trinkt keinen Schnaps«, sagte sie kurz. »Aber heute bin ich keine
Dame, Pa. Es gibt noch sehr viel zu tun.«
    Sie holte
tief Atem und trank rasch. Das scharfe Zeug floß ihr brennend durch den Hals
hinunter in den Magen, benahm ihr die Luft und trieb ihr die Tränen in die
Augen. Sie schöpfte tief Atem und setzte noch einmal an.
    »Katie
Scarlett«, sagte Gerald, und zum erstenmal seit ihrer Rückkehr klang es wie ein
Befehl in seinem Ton, »nun ist es genug. Du verträgst keinen Schnaps, du
bekommst einen Rausch.«
    »Einen
Rausch?« Sie lachte verzweifelt. »Einen Rausch? Hoffentlich bekomme ich ihn!
Betrunken möchte ich sein und all dies vergessen.«
    Sie trank
abermals, und langsam erwachte eine leichte Wärme in ihren Adern und
verbreitete sich durch den ganzen Körper

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